Raubkopieren schwer gemacht

Ein neues Problem: die Klangqualität kodierter CDs

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Es gibt zwei Dinge, die Menschen von Plattenfirmen hassen wie die Pest: MP3-Dateien und selbstgebrannte CDs. Die Schlacht gegen erstere tobt schon seit Jahren vor den Gerichten der Industrienationen. Der Kampf gegen letztere geht wohl jetzt erst richtig los. Es gibt aber auch zwei Dinge, die Musik-Fans hassen wie die Pest: Eine Musikindustrie, die ihnen vorschreibt, was man mit ihren gekauften CDs machen darf, und CDs mit mangelnder Soundqualität. Der Kampf gegen beide Ärgernisse dürfte jetzt erst richtig los gehen.

Seit diesem Monat bringt das Label Zomba (Britney Spears, Backstreet Boys, Tool) nur noch kopiergeschützte CDs auf den Markt (vgl. Kopierschutz für Musik-CDs: Jetzt wird's ernst.). Das versicherte Zomba-Boss Kurt Thielen gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Den Nutzern soll es unmöglich gemacht werden, CDs zu digitalisieren, am Computer zu brennen und so unerlaubt zu vervielfältigen. Der Hauptgrund für den Vorstoß: Im ersten Halbjahr diesen Jahres sank der Umsatz der deutschen Plattenindustrie um zehn Prozent, im Mai gar um zwanzig. Die Schuld sehen die Musikhändler zu großen Teilen bei den Raubkopierern.

Kaum wurden die Zomba-Pläne bekannt, schlugen auch schon die ersten Protest-Postings in den einschlägigen Foren auf. Bei Heise mokiert sich ein sogenannter "Summo":

Dass es 'den' Kopierschutz nicht gibt, sollten die Hersteller doch mittlerweile wissen... Bis jetzt bin ich auf keine kopiergeschützten gestoßen, sollte es aber soweit kommen, dann gibt's Mittel und Wege, trotzdem aus 'nem Audiotrack n MP3 rauszuholen (Digitale Ausgänge an CD-Playern, etc, etc,...). Die Musikindustrie verdient mir eh zu viel...

Über eine besonders delikate Ungereimtheit wundert sich ein Surfer mit dem Nickname Large:

Wenn HP Brennergebühren bis 1998 nachzahlen soll (las ich kürzlich hier irgendwo), dann heißt das doch, dass man jetzt Gebühren für Brenner bezahlt. Weil man damit (private) Kopien machen kann. Wo ist denn da jetzt dann der Sinn für kopiergeschützte CDs? Ich kapier's nich mehr.

Wir übrigens auch nicht.

Ratlosigkeit und Empörung auch im Forum von Spiegel Online. Für Olaf Lipinski aus Dublin ist der jüngste Vorstoß der Musikindustrie "ein weiterer Schuss in das eigene Knie." Denn:

Ich gehöre zu der großen Gruppe der Menschen, die keinen CD-Player besitzen, sondern ihre CDs im PC abspielen. Wenn das mit dem neuen Kopierschutz nicht mehr geht, bin ich leider gezwungen MP3 Files von einem Freund zu überspielen. Das habe ich bisher nicht gemacht.

Richtig sauer gibt sich H.D. Jochheim:

Das war es dann wohl mit den CDs. Oder besser, zumindest einen Käufer hat die Musikindustrie wohl weniger. Ich möchte mir nicht vorschreiben lassen was ich mit einer von mir erworbenen CD anfange.

Verständlich. Denn die Kodierung verhindert nicht nur das Raubkopieren, sondern wird zum massiven Problem für jene, die ihre CDs mit dem Computer hören oder sich gerne persönliche Best-Of-CDs zusammenbrennen. Die selbst zusammengestellte CD fürs Auto, der persönliche Kuschel-Sampler, die Kompilation mit Stücken für die Liebste - aus der Traum, wenn es nach Zomba geht. Aber ob das die Lösung des Problems ist? Thomas Ross aus Aachen glaubt nicht daran:

Leider scheint die Industrie nicht schlauer zu werden. Sie sieht nur die kurzfristigen Pfründe und vergrätzt nur zu leicht ihre Kunden. Wozu überhaupt den Kopierschutz? Mir ist es schließlich erlaubt, für den privaten Gebrauch eine Kopie zu machen. Die Industrie schränkt hier immens die Rechte des Kunden ein, schreibt Ross ins Spiegel Online-Forum und geht dann in die Vollen: "Ist das eigentlich verfassungskonform?"

Steffen Hahnemann aus Nürnberg fragt hingegen: "Ist es nicht etwas übertrieben generell davon auszugehen dass eine in das CD-ROM Laufwerk eines PC eingelegte CD nur zu dem Zweck des illegalen Kopierens dorthin gelangt?"

Doch während sich die hiesigen Musikfans noch vornehmlich über die Einschränkung ihrer Rechte ereifern, treibt die Amerikaner schon ein weiteres Problem um: die Klangqualität kodierter Silberlinge. Wie das Wissenschaftsmagazin New Scientist jüngst meldete, werden auch in Kalifornien neuerdings kopiergeschützte CDs verkauft - mehr als 100.000 sollen schon über die Ladentheken gewandert sein. Experten fürchten jedoch, dass durch den Kopierschutz die Klangqualität der Rundlinge beeinträchtigt wird. Geschützt werden die Scheiben nämlich mit einem Sicherheitssystem des amerikanischen Unternehmens Macrovision. Das System verhindert das Brennen und Digitalisieren von CDs, indem es den digitalen Code der Scheiben degradiert. Das hat zur Folge, dass man die Silberlinge zwar am Computer abspielen kann, wenn man sie aber digitalisieren will, mit einer miesen Klangqualität gepeinigt wird. Wenn normalerweise Abspielfehler am Computer von einem speziellen Code auf den CDs behoben werden, so ist dies mit den geschützten CDs nicht mehr möglich - der Korrekturcode wurde entfernt. Die Folge: Wer eine CD brennt, hört störende Geräusche, kaum aber die Musik. Der Kopierschutz soll allerdings keine Folgen für die Klangqualität der CDs haben, wenn man jene mit einem normalen Player abspielt, heißt es bei Macrovision.

Der britische Hifi-Experte, Martin Colloms, erklärte gegenüber New Scientist:

Es ist eine schreckliche Sache, den Sound absichtlich zu verunreinigen. Wir alle hassen Piraterie, aber die Idee, den Klang einer Aufnahme zu beschmutzen, ist, als würde man Gemälde in einer Galerie aufschlitzen, nur um jemanden davon abzuhalten, sie zu stehlen.

Wie der neue Zomba-Kopierschutz arbeitet, will man beim Kölner Label hingegen nicht verraten. Ob die Kodierung Auswirkungen auf die Klangqualität hat, ist ungeklärt.