Republikaner legen Entwurf für Obamacare-Ersatz vor

Planned-Parenthood-Einrichtung in St. Paul, Minnesota. Foto: Fibonacci Blue. Lizenz: CC BY 2.0

Die Versicherungspflicht soll abgeschafft werden, aber das Verbot der Ablehnung wegen Vorerkrankungen erhalten bleiben

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Die Republikaner im Repräsentantenhaus haben gestern einen Gesetzesentwurf an die Ausschüsse gegeben, der das nach Barack Obama benannte Krankenversicherungssystem durch ein neues ersetzen soll. "Obamacare" senkte die Zahl der nicht Krankenversicherten in den USA zwar von 16 auf neun Prozent der Bevölkerung, ließ aber immer noch 30 Millionen Amerikaner außen vor.

Inhaltlich orientiert sich Entwurf an vorangegangenen Äußerungen des neuen republikanischen Präsidenten Donald Trump. Der erließ bereits ganz zu Anfang seines Amtsantritts ein Dekret, das ein Aussetzen der Obamacare-Krankenversicherungsvorschriften erlaubt, wenn Privatpersonen, Unternehmen oder Gebietskörperschaften dadurch ein finanzieller Schaden oder ein sonstiges Beschwernis entstehen könnte. "Abgeschafft", wie manche Medien schrieben, war "Obamacare" damit aber noch nicht.

Der jetzt vorgelegte American Health Care Act (AHCA), der Obamas "Affordable Care Act" (ACA) ersetzen soll, macht das, was sich Umfragen nach mit 56 Prozent die meisten Amerikaner wünschten: Eine Reform, aber keine vollständige Abschaffung von Obamacare (die lediglich von 30 Prozent befürwortet würde).

Abzugsmöglichkeiten nach Alter gestaffelt

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die Versicherungspflicht wegfällt. Die Strafen für Verstöße gegen diese Versicherungspflicht lagen bei zwei Prozent des Haushaltseinkommens und mindestens 325 Dollar pro Person. Weil die Kosten für Krankenversicherungen in der Vergangenheit stark stiegen - alleine im letzten Jahr um bis zu 25 Prozent - hatten zahlreiche Amerikaner mit anderen finanziellen Verpflichtungen trotz der Versicherungspflicht auf die Krankenversicherung verzichtet, die sie sich (subjektiv oder objektiv gesehen) nicht mehr leisten konnten (vgl. USA: Krankenversicherungsbeiträge steigen um bis zu 25 Prozent).

Die staatlichen Zuschüsse zur Krankenversicherung, die der Affordable Care Act einführte, werden im American Health Care Act weitgehend durch Steuernachlässe ersetzt. Die können Versicherte aber nur dann geltend machen, wenn sie jährlich weniger als 75.000 Dollar Single oder 150.000 Dollar als Familie verdienen. Die Abzugsmöglichkeiten sind nach Alter gestaffelt: Sie beginnen mit 2.000 Dollar für Unter-30-Jährige und enden mit 4.000 Dollar für Über-60-Jahrige, deren Krankenversicherungen dem Entwurf nach zukünftig allerdings nicht nur drei, sondern fünf Mal so teuer sein dürfen wie die für junge Leute. Für die religiösen Wähler hat man die Regel eingefügt, dass die Steuernachlässe nur für solche Versicherungen geltend gemacht werden können, die keine Abtreibungen abdecken. Da die ACA-Zuschüsse bei bis zu 14.000 Dollar im Jahr lagen, dürften viele Amerikaner mit der vorgesehenen steuerlichen Abzugsmöglichkeit finanziell schlechter fahren.

Zuckerl für Abtreibungsgegner

Zwei zentrale Obamacare-Elemente die Trump seinen eigenen Angaben nach "sehr gut" gefallen, sollen dagegen erhalten bleiben: Das Verbot der Ablehnung von Versicherungswilligen wegen Vorerkrankungen und die Mitversicherung von Kindern bei ihren Eltern bis zum 26. Lebensjahr. Damit Bürger das nicht ausnutzen, und sich erst dann versichern, wenn sie krank werden, räumt der Entwurf Versicherungen das Recht ein, um ein Drittel höhere Prämien zu verlangen, wenn ein Kunde in den letzten 63 Tagen oder länger unversichert war.

Bundesstaaten dürfen gesunde Erwachsene im arbeitsfähigen Alter nur noch bis 2020 in ihre bundesstaatlich bezuschussten Medicaid-Programme aufnehmen. Die (überwiegend republikanisch regierten) 19 Bundesstaaten, die sich der Medicaid-Ausweitung unter Obama verweigerten, sollen einen finanziellen Ausgleich in Höhe von 10 Milliarden Dollar bekommen. Außerdem soll Medicaid nicht mehr für Behandlungen in Kliniken von Planned Parenthood oder anderen Organisationen zahlen, die Abtreibungen anbieten.

Rand Paul kritisiert "Verlagerung" der Strafen vom Staat auf Unternehmen

Ob der Entwurf, der den Worten des republikanischen Energie- und Handelsausschussesvorsitzenden Greg Walden nach "die Patienten in den Vordergrund stellt", die Ausschüsse schnell und unverändert passieren wird, ist offen: Mehrere Republikaner haben sich bereits gegen die Steuernachlässe ausgesprochen. Im Senat, wo die republikanische Mehrheit weniger bequem ist als im Repräsentantenhaus, könnten diese Uneinigkeit noch ein größeres Problem werden.

Hier hat sich bereits der libertäre Senator Rand Paul gegen den von ihm als "Obamacare lite" geschmähten Entwurf gewandt. Er lehnt den AHCA unter anderem deshalb ab, weil der Entwurf die Strafen für Verstöße gegen die Versicherungspflicht seiner Meinung nach nicht wirklich abschafft, sondern durch die Möglichkeit höherer Prämien für vorher Unversicherte vom Staat auf Unternehmen verlagert. Für die Demokraten haben die Abgeordneten Frank Pallone und Richard Neal bereits angekündigt, im Repräsentantenhaus gegen den AHCA zu stimmen.

Dass Krankenversicherungen in den USA extrem teuer sind, liegt auch an den extrem hohen Medikamentenpreisen dort: Im Februar traf sich Trump deshalb mit den CEOs von Merck, Amgen, Eli Lilly, Novartis, Johnson & Johnson und anderen Pharmakonzernen und forderte sie dazu auf, die seinen Worten nach "astronomischen" Preise für Arzneimittel in den USA zu senken. Dafür bot er ihnen an, die Zulassungsverfahren für Medikamente, die bis zu 15 Jahre dauern können, zu vereinfachen und zu verkürzen (vgl. Schnellere Zulassung und niedrigere Preise).

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