Rettungsversuch für den Datenschutz in Europa

Schwere Vorwürfe des EU-Abgeordneten Marco Cappato

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In der letzten Nacht hat die Zahl der Unterzeichner des Offenen Briefs gegen die Aufhebung der EU-Datenschutzrichtline an die Mitglieder des EU-Parlamentes die Marke von 10.000 überschritten (Internet-Petition gegen Speicherung von Verbindungsdaten). Besondere Aufmerksamkeit erreichte die Aktion durch eine Erklärung des EU-Abgeordneten Marco Cappato (Radikale Partei, Italien), die in vielen internationalen Mailinglists weiterverbreitet wurde.

Cappato, dessen Vorschlag zur Datenschutzrichtlinie die Billigung und volle Unterstützung des "Ausschusses für die Freiheiten und Rechte der Bürger, Justiz und innere Angelegenheiten" (LIBE) des Europaparlamentes gefunden hatte, erhebt darin massive Vorwürfe gegen die spanische Präsidentschaft und die Führung der beiden großen Parteienblöcke.

Verantwortlich für "Negation des Bürgerrechtsausschusses", so Cappato, sei ausgerechnet dessen Vorsitzende, Ana Palacio Vallelersundi von den spanischen Konservativen, die im Regierungsauftrag handele. Vor dem nahen Ende der spanischen EU-Präsidentschaft wolle diese möglichst viele Gesetze durchpeitschen, um eine Erfolgsbilanz zu präsentieren. Während die EU-Kommission die Datenschutz-Richtlinie de facto außer Kraft setzen will, tritt der Cappato-Vorschlag für die Beibehaltung der bestehenden EU-Direktive ein.

Die als Zusätze titulierten Veränderungen beinhalten dagegen unter anderem die legale Verankerung von Zwangsdatenspeicherung nach britischem und französischen Vorbild. Seit 1997 besagt die EU-Direktive zum Datenschutz, dass alle Daten, die nicht zu Abrechnungszwecken benötigt werden, gelöscht werden müssen. Am 29. Mai werden beide Alternativen im EU-Parlament diskutiert, am 30. erfolgt die Abstimmung. Dabei geht es auch um die ebenfalls wichtige Entscheidung, ob für Werbemails die Opt-in- oder die Opt-out-Lösung gelten wird (Entscheidende Spam-Abstimmung im Europäischen Parlament steht bevor).