Ring frei zur nächsten Runde

Bei den Olympischen Spielen in Athen wird sicherlich eine neue Runde im Kampf gegen Doping eingeläutet

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Seit 1968 fordert das Internationale Olympische Komitee (IOC) von allen Austragungsorten Olympischer Spiele, Laboreinrichtungen für Doping-Tests zur Verfügung zu stellen. Gegenwärtig existieren weltweit 32 von IOC/ WADA anerkannte Laboratorien, die routinemäßig Athletenproben auf leistungssteigernde Mittel hin untersuchen. Deren Vielfalt und Raffinesse wächst beständig, da in vielen Bereichen des Leistungssports die Grenzen des Menschenmöglichen erreicht scheinen. Dieser Sachverhalt deckt sich aber nicht mit den Erwartungen von Zuschauern, Medien, Sponsoren und Verbänden. Im Rahmen dieser auch finanziellen Sachzwänge bewegt sich die Anti-Doping-Forschung.

In den Chemical Society Reviews geben Graham J. Trout und Rymantas Kazlauskas, Australian Sports Drug Testing Laboratory, Sydney, einen Überblick über Möglichkeiten und Probleme moderner Dopingtests, sowie aktueller technologischer Entwicklungen der instrumentellen Analytik.

Die Liste verbotener Substanzen, vom IOC und der World Anti-Doping Agency (WADA) aufgestellt, verbietet Substanzen, die Athleten mit einem unfairen Wettbewerbsvorteil ausstatten könnten. Der IOC-Anti-Doping-Code von 2002 beinhaltet fünf Klassen verbotener Substanzen (Stimulantien, Narkotika, Anabolika, Diuretika sowie Peptidhormone, Mimetika und Verwandte"), zuzüglich verbotener Methoden. Der IOC/WADA 2003 Code wurde um zwei Verbindungsklassen erweitert: Substanzen mit "anti-östrogener Aktivität" (wirken den Effekten anabolen Steroidmissbrauchs entgegen) sowie "maskierenden Agenzien". Zu den verbotenen Methoden gehören die "Steigerung des Sauerstoff-Transfers" und "pharmakologische, chemische und physikalische Manipulationen", sowie das "Gen-Doping".

Die Probennahme

Der erste Schritt beim Nachweis verbotener Substanzen ist die Probennahme. Die Güte der Probennahme sowie der folgenden Probenbehandlung ist kritisch für den Gesamtprozess, da eine eindeutige Rückverfolgbarkeit zum betreffenden Athleten gewährleistet sein muss. Das IOC hat dafür detaillierte Prozeduren als Teil des Anti-Doping-Codes entwickelt - seit 1999 existiert ein internationaler Standard.

Kontrollen finden inner- und außerhalb von Wettkämpfen statt. Die Probe wird geteilt und als A- und B-Probe samt Begleitpapieren dem Labor zugesandt. Im Labor wird die A-Probe analysiert und das Ergebnis gemeldet. Die unberührte B-Probe wird gefroren aufbewahrt. Wird die A-Probe mit positivem Befund getestet, wird die B-Probe auf Verlangen des Sportlers unter Zeugen geöffnet und analysiert.

Der Doping-Nachweis selbst ist keine triviale analytische Aufgabe. Es wird entschieden, welches Substrat analysiert (Urin, Blut) und nach welchen Analyten gefahndet wird. Einige Doping-Substanzen werden größtenteils unverändert ausgeschieden, während andere vom menschlichen Stoffwechsel stark verändert werden. Deshalb sind Kenntnisse der beteiligten biologischen Prozesse für die Identifikation potenzieller Metaboliten unabdingbar. Für Drogen mit routinemäßiger medizinischer Anwendung liegen diese Informationen vor.

Jedoch beschränken sich moderne Athleten nicht auf die Nutzung normaler pharmazeutischer Produkte aus der Humanmedizin. Zum Beispiel sind viele, der von Sportlern verwendeten anabolen Steroide, nur in der Veterinärmedizin zugelassen. Da der tierische Stoffwechsel verschieden vom menschlichen ist, müssen die menschlichen Ausscheidungsprozesse ebenfalls untersucht werden. In der Endphase des analytischen Prozesses kommt die Expertise des Chemikers bei der Auswahl der Extraktionsmethode und der instrumentellen Analytik für die entsprechenden Analyten zum Tragen. Die Laboratorien haben Multi-Analyt-Verfahren für die einzelnen Verbindungsklassen entwickelt. Die meisten Methoden basieren auf chromatographischer Separation aufgrund unterschiedlicher Flüchtigkeiten und nachfolgender massenspektrometrischer Detektion von Molekülfragmenten mit unterschiedlichen Masse-Ladungs-Verhältnissen.

Stimulanzien

Aufgrund ihres unmittelbaren Effektes werden Stimulantien nur bei Kontrollen während der Wettkämpfe gesucht. Die Extraktion macht sich den basischen Charakter der meisten der in Frage kommenden Substanzen zunutze. Um den gesamten Bereich vom leicht flüchtigen Amphetamin bis hin zum schwer flüchtigen Strychnin abdecken zu können, bedarf es einer Methode, die einen großen Umfang von Verbindungen trennen und nachweisen kann.

Durch die Entwicklung des sogenannten thermionischen Detektors (TSD oder NPD- spezifisch für Stickstoff- und Phosphorverbindungen) und den Einsatz von Quarz-Kapillar-Säulen sowie Massenspektrometern, gekoppelt mit Gas- Chromatographen (GC), wurde ein einfacher Nachweis für Spurenmengen von Stimulantien im Urin geschaffen.

Steroide

Steroid-Kontrollen finden inner- und außerhalb von Wettkämpfen statt, da sie in Verbindung mit dem Training genutzt werden, um die Muskelmasse zu erhöhen. Dazu ist eine Einnahme über einen längeren Zeitraum erforderlich. Dieser Effekt dauert einige Wochen nach beendeter Aufnahme an - danach kann jegliche Spur der verabreichten Substanz verschwunden sein. Würden die Kontrollen lediglich im Rahmen von Wettkämpfen erfolgen, könnte ein erfahrener Betrüger eine Aufdeckung vermeiden. So sind unangekündigte Kontrollen außerhalb von Wettkämpfen der effektivste Weg zum Aufdecken einer Einnahme von Steroiden.

Diese Stoffe haben keine funktionellen Gruppen, die einen spezifischen Nachweis erlauben würden. Anabole Steroide sind relativ unpolare Verbindungen und verwandt mit Testosteron. Auftauchende Probleme während der Analyse folgen aus dem geforderten sehr niedrigen Nachweisniveau (unter 10 Nanogramm pro Milliliter). Hohe Pegel natürlich vorkommender Steroide erfordern Kenntnis von Populations-Referenz-Bandbreiten und der Interpretation individuell vertretbarer Spielräume aus Langzeitdaten. Ausscheidungsprodukte von Steroiden müssen vor der Analyse häufig erst hydrolysiert werden. Der Stoffwechsel anaboler Steroide ist komplex; oftmals können nur Zwischenprodukte identifiziert werden. Steroide und deren Metabolite müssen vor dem gas-chromatographischen Nachweis derivatisiert werden, um ihre Flüchtigkeit zu erhöhen.

Anfang der 80er Jahre wurde die Verwendung von Massenspektrometern durch die Verfügbarkeit von Quadrupol-Massenspektrometern für den Labortisch (gekoppelt mit Kapillar-Gaschromatographen) deutlich verbessert und erstmals erfolgreich in großem Umfang bei den Olympischen Spielen 1984 in Los Angeles eingesetzt. Diese Technik erlaubt die Identifikation von Metaboliten im "full scan mode" und den selektiven Nachweis bei geringen Konzentrationen.

Die Erforschung des Stoffwechsels vieler anaboler Steroide führte zum positiven Test des Kanadiers Ben Johnson während der Olympischen Spiele 1988 in Seoul. Durch den gekoppelten Einsatz Gas-Chromatographie/hochauflösender Massenspektrometrie (GC-HRMS- high resolution mass spectrometry) konnten die Nachweisgrenzen (unter 2 Nanogramm pro Milliliter) gegenüber den Quadrupolgeräten (10-20 Nanogramm pro Milliliter ) weiter gesenkt werden. In einigen Laboratorien wurde der Ionennachweis durch den Einsatz von Gas-Chromatographie/Tandem-Massenspektrometrie (GC-MS/MS- üblicherweise zwei in Serie geschaltete Massenspektrometer) verbessert. Hier können Substanzen in einer komplexen Matrix, ohne die sonst notwendige vorangehende Reinigung, nachgewiesen werden. So konnte ein Nachweis für den Hauptmetaboliten von Stanozolol etabliert werden.

Einen Schritt vorwärts in der Analytik anaboler Steroide war die Verfügbarkeit dieser Metabolite als reine Verbindungen in den 90er Jahren - vorher wurden sie aus den Ausscheidungen freiwilliger Probanden gewonnen, die die betreffenden Substanzen einnahmen. Andere anabole Substanzen, wie die Beta-2-Agonisten Clenbuterol und Salbutamol, sind ebenfalls verboten. Diese Substanzen zeigten sich im Tierexperiment muskelbildend; sie sind in allen Fleischprodukten der Europäischen Union verboten. Salbutamol ist problematisch, da Inhalation für Asthmatiker per Sondergenehmigung gestattet ist - jedoch keine orale Aufnahme.

Diuretika

Entwässerungsmittel sind aus zwei Hauptgründen verboten: Schneller Wasserverlust bei Aufnahme vor der Wettkampfwägung erzielt eine Massereduzierung, die in Gewichtsklassen-Sportarten zu einer Zuordnung in niedrigere Gewichtsklassen führen kann. Des weiteren kann eine zügige Verdünnung des Urins stattfinden, die eine Detektion anderer geächteter Substanzen erschwert.

Viele Laboratorien verwenden zum Nachweis von Diuretika, die meist polare Verbindungen sind, die Hochleistungs-Flüssigchromatographie (HPLC- high performance liquid chromatography) mit Dioden-Array-Detektion (DAD). Der Nachweis mittels DAD ist nicht spezifisch genug, so dass die Massenspektroskopie zur Bestätigung erforderlich ist. Dazu ist zur Erhöhung der Flüchtigkeit eine Derivatisierung notwendig.

Die Kopplung von Elektrospray-Massenspektrometrie mit HPLC erbrachte eine einfache Methodik zur Analyse polarer Substanzen ohne deren vorangehende Derivatisierung. Dieses Verfahren ist für eine große Anzahl potenzieller Diuretika geeignet.

Narkotika

Narkotika wurden im Sport schon vor 1980 missbraucht. Sie sind hinsichtlich einer Leistungssteigerung von begrenzter Nützlichkeit, spielen allerdings eine Rolle, wenn Schmerzlinderung Konsequenzen für die gebrachte Leistung hat. Ihr Nachweis ist nicht schwierig. Sie werden relativ einfach extrahiert und mittels Gas-Chromatographie mit spezifischem Detektor (NPD) oder GC-MS nachgewiesen.

Beta-Blocker

Beta-Blocker sind wegen ihrer Fähigkeit zur Drosselung der Herzfrequenz und damit zur Verminderung von Muskelzittern verboten. Diese Eigenschaft ist besonders nützlich in Sportarten wie Schiessen oder Billard. Der Nachweis ist ähnlich denen für Steroide und Narkotika.

Endogene Substanzen

Die bisher beschriebenen Nachweise betrafen hauptsächlich Verbindungen, die nicht natürlich im menschlichen Körper vorkommen. Das bloße Auffinden endogener Substanzen ist kein Beweis für Doping. Das Feststellen erhöhter Konzentrationen kann hilfreich sein, doch bedarf es hier einer Klärung des Begriffes "erhöht". Viele physiologische Parameter haben einen geringen Schwankungsbereich im jeweiligen Individuum. Die im Labor eintreffenden Proben können von Athleten mit jeglichem ethnischen Hintergrund stammen, so dass der Schwankungsbereich der gesamten Weltbevölkerung zur Festlegung von Abweichungen zum Normalwert in Betracht gezogen werden muss. Das hat zur Folge, dass eine Festlegung von Doping definierenden Grenzwerten im Allgemeinen nicht möglich ist.

Ein erfolgreicher Zugang zum Nachweis von Doping mit endogenen Hormonen ist die Methode zur Detektion von Testosteron. Während die Testosteron-Konzentration im Urin von 1 bis über 100 Nanogramm pro Milliliter betragen kann, ist das Konzentrationsverhältnis von Testosteron zu seinem Verwandten Epitestosteron (T/E) weit weniger variabel - für eine große Anzahl von Sportlern liegt es bei 1:1. Das IOC hat für den Grenzwert ein Verhältnis von 6:1 definiert. Wird Testosteron injiziert, steigt das T/E-Verhältnis, weil nun Testosteron verstärkt ausgeschieden und die natürliche Produktion von Testosteron und Epitestosteron unterdrückt wird. Fällt der Test positiv aus, werden vorliegende ältere Tests zum Vergleich herangezogen und zusätzliche Tests für die nächsten drei Monate anberaumt.

Nun könnten die Athleten zusätzlich zu Testosteron Epitestosteron einnehmen, um das T/E-Verhältnis unverändert zu belassen. Diese Überlegung hatte die zusätzliche Adaption einer anderen modernen (und teuren) Analysetechnik zur Folge: Gas-Chromatographie-Kohlenstoff-Isotop-Verhältnis Massenspektrometrie (GC-CIRMS - gas chromatography combustion isotope ratio mass spectrometry). Hier werden die interessierenden Verbindungen mittels Gas-Chromatographie getrennt und in einer Brennkammer zu Kohlendioxid verbrannt. Im Massenspektrometer wird anschließend die Menge an Kohlenstoff 13C relativ zu 12C bestimmt.

Die Kohlenstoff-Isotop-Zusammensetzung des Menschen spiegelt dessen Ernährung im abgeatmeten CO2 wider: So ist Kohlendioxid in Atemluftproben von Amerikanern, die sich zu einem großen Teil von Mais und Maisprodukten (C-4-Pflanze) ernähren, mit 13C angereichert, während die europäische Ernährung hauptsächlich auf Weizen (C-3-Pflanze) basiert und niedrigere Spiegel hervorruft.

Synthetisches Testosteron hat, verglichen mit dem natürlich vorkommenden Pendant, einen geringeren 13C-Gehalt, da es gewöhnlich aus Soja (C-3-Pflanze) gewonnen wird. Die Differenz im Kohlenstoff-Isotop-Konzentrationsverhältnis bei natürlichen und synthetischen Steroiden ist, obwohl klein, statistisch signifikant und messbar. GC-CIRMS wurde erstmals während der Olympischen Spiele 2000 in Sydney eingesetzt. Zwar wurde hier kein Testosteron - Doping festgestellt, jedoch bei den darauffolgenden Paralympics.

Eine relativ neue Klasse von Substanzen für Dopingzwecke stellen die Peptidhormone dar. Deren bekannteste Vertreter sind menschliches chorionisches Gonadotropin (hCG - human chorionic gonadotropin), Wachstumshormon (GH - growth hormone) und Erythropoietin (EPO). Neuere Entwicklungen führten zur Ächtung von insulinartigen Wachstumshormonen (IGF-1: insulin-like growth factor). Die meisten verbotenen Peptidhormone kommen natürlich vor. Viele von ihnen werden nicht effizient genug mit dem Urin ausgeschieden, so dass hier die zusätzliche Entnahme von Blutproben erfolgen muss.

Im EPO2000-Projekt, unter australischer Führung, werden Blutparameter wie die Gehalte an Hämoglobin, Hämatokrit, % Retikulozyten sowie Immunoassays für löslichen Transferrin-Rezeptor (sTfr) und EPO im Serum erfasst. Aus diesen Daten werden multivariate Modelle erstellt, die eine gute Indikation der Nutzung von gentechnisch hergestelltem (rekombinantem) EPO (rhEPO) liefern.

Eine andere Herangehensweise kommt vom Pariser IOC-Labor. Dort konnten EPO-Isoformen in Urinproben durch isoelektrische Fokussierung (Modifikation der Gelelektrophorese) und Doppelfleck-Technik ("Western Blot") getrennt und durch Chemi - bzw. Immunfluoreszenz sichtbar gemacht werden. So können Substanzen wie EprexTM und AranespTM (Darbepoietin Alpha) nachgewiesen werden. Rekombinantes EPO (rhEPO) wird aus den Eierstockzellen chinesischer Hamster (Cricetus Griseus) gewonnen und unterscheidet sich von in der menschlichen Niere erzeugtem EPO im Grad der Glykolisierung. Kann der Glykolisierungsgrad ähnlich reproduziert werden, wird dieser direkte Test hinfällig. Ebenso, wenn eines Tages die Niere oder andere Organe durch Gen - Implantation zu vermehrter EPO-Bildung stimuliert werden könnte.

In den vergangenen Jahren fanden erhebliche Anstrengungen innerhalb der Anti-Doping-Forschung auf dem Gebiet der Peptidhormone statt. Technische Nachweisprobleme wurden trotz hoher Kosten gelöst, jedoch verbleibt ein anders geartetes Problem: Die Forderung von Interessenten, nur noch direkte Tests als Beweis für Doping heranzuziehen. So gilt der Bluttest als indirekte Methode, die im Falle eines positiven Urintests zur Untermauerung herangezogen werden soll, für sich allein jedoch nicht ausreichend ist. Diese Regelung krankt an der Annahme, dass direkte Tests für die in Frage kommenden Substanzen oder deren Metabolite stets zur Verfügung stehen. Sollte oben erwähntes Szenario eintreten und der direkte Test entfallen, gäbe es gar keinen Test mehr - es sei denn, indirekte Tests werden zugelassen.

Erste Tests auf Wachstumshormone (GH) sind für die Olympischen Spiele in Athen angekündigt. Ein direkter Test wird wahrscheinlich auf Messungen zu Konzentrationsverhältnissen von GH-Isoformen basieren. Durch deren starke tägliche Schwankungen verursachte Probleme sind zu überwinden.

Jüngere Entwicklungen in der biologischen Massenspektrometrie, hauptsächlich die Ionisation bei Luftdruck (API - atmospheric pressure ionization) und matrix-unterstützte Laser-Desorptions-Ionisation-Massenspektrometrie (MALDI - matrix assisted laser desorption ionisation) (Nobelpreis für Chemie 2002), machen eine massenspektrometrische Identifikation und Charakterisierung von Peptidhormonen möglich. Zur Zeit wird an der Anwendung dieser Technik bei der Suche nach verbotenen Hormonen in relativ kleinen Blut- und Urinproben (erforderliche Gesamtmenge an nachzuweisender Substanz: einige Femtomol ~ 10-15 mol) gearbeitet.

Doch selbst wenn künftig direkte Tests verfügbar sein sollten, werden die leistungssteigernden Effekte der meisten Peptidhormone nach Aufnahme weit länger andauern, als jedwede Spur der betreffenden Substanz aufzufinden ist. So werden Tests während Wettkämpfen nur naive Anwender überführen und kein objektives Bild über das tatsächliche Ausmaß des Dopings liefern. Die indirekten Tests auf EPO und GH haben ein deutlich größeres Zeitfenster. Da sie auf statistischer Analyse von Gruppen von Anwendern und Nichtanwendern beruhen, besteht eine messbare Wahrscheinlichkeit eines fehlerhaften positiven Tests. Angeregt wird die Aufzeichnung der medizinischen Geschichte der einzelnen Sportler - Individuen. So werden indirekte Tests einfacher und zuverlässiger. Die WADA plant die Einführung eines solchen, auf individueller Statistik basierenden Programms.

Steigerung des Sauerstoff-Transfers

Es gibt eine Reihe von Methoden, die in der Lage sind, die normale Sauerstoff - Transportkapazität des Athleten künstlich zu erhöhen. Sie reichen vom einfach nachweisbaren Efaproxiral (RSR13) bis zur Reinfusion des in gefrorenem Zustand aufbewahrten, eigenen Blutes des betreffenden Athleten, meist abgenommen nach einem Höhentraining ("Blut-Doping"), ein Prozess, der kaum nachweisbar ist.

Das gegenwärtig populärste Mittel zur Steigerung der aeroben Leistung ist die oben beschriebene Anwendung von rekombinantem EPO. Werden die EPO - Tests weiter perfektioniert, ist eine Ausrichtung auf andere Methoden zu erwarten - zum Beispiel Blutersatzmittel. Diese übernehmen nicht alle Funktionen von Blut, doch sie transportieren zumindest Sauerstoff zu den Geweben. Es wurde gezeigt, dass Hämoglobin - basierte Blutersatzmittel oder Hämoglobin - basierte Sauerstoff - Träger (HBOC-haemoglobin based oxygen carrier) eine höhere Sauerstoff - Transport - Kapazität besitzen, als das eigentliche Blut. Der leistungsfördernde Effekt würde sich unmittelbar einstellen, während bei EPO zumindest zwei Wochen benötigt würden.

HBOCs werden aus Hämoglobin gewonnen- entweder vom Rind (HemopureTM) oder vom Menschen (HemolinkTM, PolyhemeTM). Bis jetzt ist (in beschränktem Umfang) nur HemolinkTM für die Humanmedizin zugelassen. In den USA wurde ein weiteres HBOC für Hunde freigegeben (OxyglobinTM). Da es gängige Praxis ist, dass sich Athleten an veterinärmedizinischen Präparaten versuchen, eröffnet sich hier ein Feld möglicher neuer Dopingsubstanzen.

Chemische Modifikationen unterbinden toxische Effekte, die durch erhöhte Konzentrationen an freiem Hämoglobin im Plasma hervorgerufen werden können. Diese Modifikationen erhöhen durch Polymerisation und kreuzweiser Verknüpfung die molare Masse der Moleküle beträchtlich. In normalem Blut befindet sich das Hämoglobin hauptsächlich in den roten Blutkörperchen - extrazellulär ist die Konzentration nur gering. Die Gegenwart von großen Mengen stark gefärbten "Hämoglobins" im Blutplasma kann eine Anwendung von HBOCs anzeigen ( bei der Blutprobennahme muss eine Hämolyse des Blutes, die größere Mengen an Hämoglobin ins Plasma freisetzen kann, vermieden werden).

So liefert eine einfache visuelle Untersuchung der Plasmafarbe erste Anhaltspunkte für den missbräuchlichen Einsatz von HBOCs. Um natürliches, durch Hämolyse des Blutes auftretendes Hämoglobin von HBOCs unterscheiden zu können, bedient man sich des Unterschieds in der Molmasse mittels Größenausschluss-Chromatographie (SEC- size exclusion chromatography). Durch Elektrospray-Massenspektrometrie enzymatischer Auszüge können Unterschiede zwischen natürlichem und kreuzweise verknüpftem Hämoglobin erkannt werden. HBOC- Missbräuche können nur durch routinemäßige Blutproben aufgedeckt werden. Dies setzt eine enge Zusammenarbeit der Laboratorien mit den probenehmenden Offiziellen voraus.

Ausblick

Der Verbot einer Substanz bedeutet nicht automatisch, dass sie gegenwärtig nachweisbar ist. Die Forschungen zum Nachweis von GH laufen seit mehreren Jahren, und noch ist kein bestätigter Test etabliert. Gegenwärtig wird Forschungsarbeit zum Nachweis von Gen - Doping erwogen; doch nur, wenn die durch implantierte Zellen freigesetzte Substanzen sich vom körpereigenen Material unterscheiden, besteht überhaupt die Chance, eine andere Methode als Biopsie zu entwickeln.

Der Bedarf nach einer umfangreichen Zusammenarbeit aller Sportbehörden wurde spätestens nach den Identifikationen von aufgetauchten Designer-Drogen, wie Norbolethon und Tetrahydrogestrinon (THG), durch das UCLA-Labor unter Leitung von Don Catlin offensichtlich (Militante Mittel für Medaillenspiegel). Die gefundenen Anabolika sind teilweise nie in vivo getestet worden - weder im Tier, noch im Menschen. Diese Entdeckung zeigte in ihrem Ausmaß, das hinter den Kulissen Kräfte am Werke sind, deren Ethik und Verantwortlichkeit höchst fragwürdig sind.

Viele neue Nachweistechniken bringen ein anderes Problem mit sich - explodierende Kosten. Für jedes verschiedene Peptid müssen vollständig neue Analysemethoden entwickelt werden. Würden alle genommenen Urinproben weltweit auf rhEPO getestet, verdreifachten sich die Kosten; so werden heute hauptsächlich die Ausdauersportarten überwacht. Eine massive Erhöhung der Finanzausstattung für Laboratorien und Sportadministrationen sind erforderlich, ansonsten sind allumfassende Dopingtests nicht mehr möglich.

In Zukunft wird die Doping-Forschung von den Aufwendungen in der Proteinbiochemie profitieren, in der Anstrengungen zu schnellen Peptid- und Proteinnachweisen unternommen werden. Die Spiele von Atlanta 1996 und Australien 2000 hießen unter Fachleuten auch "Wachstumshormon-Spiele". Bleibt abzuwarten, ob die Kontrollen bei den Olympischen Spielen in Athen neue Erkenntnisse über den Umfang von weltweitem Doping liefern können. Oder aber die Bestätigung einer alten Weisheit: Nur Trottel werden bei Olympia ertappt.