Roundup und das globale Amphibiensterben
Nach Studien von US-Wissenschaftlern könnte das profitabelste Produkt des Monsanto-Konzerns, wichtig auch für den Vertrieb des genveränderten Saatguts, für den mysteriösen Rückgang von Fröschen und Kröten verantwortlich sein
Seit Jahren ist zu beobachten, dass die Zahl der Frösche und anderen Amphibien kontinuierlich und weltweit zurückgeht. Es wurden viele Vermutungen über dieses Verschwinden angestellt. So dachte man beispielsweise, dass es sich um eine Seuche (Viren oder Pilze) handeln könnte, andere meinten, es könnte mit verstärkter ultravioletter Strahlung zusammen hängen, die Kaulquappen nicht aushalten. Auch auf Pestizide fiel neben anderen Umweltfaktoren wie der Klimaerwärmung der Verdacht. Der Biologe Rick Relyea hat nun mit seinem Team von der University of Pittsburg zeigen können, dass das globale Froschsterben möglicherweise mit dem Herbizid Roundup, das weltweit am meisten verwendet wird, zusammen hängen könnte. Bislang war man davon ausgegangen, dass es für Amphibien unschädlich ist.
Roundup wirkt auf Kaulquappen schon in weitaus geringeren Konzentrationen, als man dies bislang geglaubt, schreiben die Wissenschaftler in zwei Artikeln in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Ecological Applications. Das Herbizid, das vom Konzern Monsanto vertrieben und auch in Verbindung mit resistenten genveränderten Pflanzen angeboten wird, ist für Kaulquappen hochgiftig..
Auch wenn das Herbizid sich im Boden verteilt, büßt es seine chemischen Wirkungen nicht ein und tötet neben Kröten auch Frösche. Und selbst wenn man nur ein Drittel der Konzentration verwendet, die als Maximum in der Natur angesehen wird, sterben daran 71 Prozent der Kaulquappen, die in Behältern unter Außenweltbedingungen aufwuchsen. Die Hinzufügung von Erde, die angeblich das Herbizid aufnimmt, änderte an der Todesrate nichts. Und als die Wissenschaftler die Kaulquappen, der maximalen Konzentration aussetzten, die bei Anwendung des Herbizids entstehen soll, starben fast alle Kaulquappen von drei Froscharten.
Roundup ist zwar nicht für die Anwendung im Wasser zugelassen, aber das Herbizid kann sich, wie die Wissenschaftler sagen, durch unbeabsichtigtes Versprühen auch in kleinen Feuchtarealen ansammeln, in denen Kaulquappen heranwachsen. Für ausgewachsene Frösche ist das Herbizid, das auch Gartenbesitzer zur Bekämpfung von Unkraut einsetzen, ebenso gefährlich. Wird die von Monsanto empfohlene Menge verwendet, sterben bis zu 86 Prozent der Frösche, die sich auf dem Trockenen aufhalten, innerhalb eines Tages.
Das überraschendste Ergebnis aus den Experimenten ist, dass eine Chemikalie, die enwtickelt wurrde, um Pflanzen zu abzutöten, innerhalb von drei Wochen 98 Prozent aller Kaulquappen und innerhalb von einem Tag 79 Prozent aller Frösche tötete.
Rick A. Relyea
Frühere Untersuchungen hatten bereits ergeben, dass nicht das aktive Herbizid Glyphosat in Roundup die Amphibien tötet, sondern der Wirkstoff Tallowamin, der hinzugefügt wird, damit das Herbizid in die Blätter der Pflanzen eindringt. Glyphosat, das sich biologisch abbauen soll, ist für viele Pflanzen toxisch, angeblich aber nicht für Tiere und den Menschen.
Die wissenschaftliche Studie rief natürlich sofort die Kritik von Monsanto hervor, schließlich handelt es bei Roundup, das seit 1974 auf dem Markt ist, um das profitabelste Produkt des Konzerns. Zudem ist es eng verknüpft mit dem von Monsanto entwickelten genveränderten Nutzpflanzen. Versprochen wird mit dem Anbau von genveränderten Pflanzen, die ein Bakteriengen enthalten, das sie gegen Roundup schützt, dass weniger Herbizide als beim Anbau konventioneller Sorten angewendet werden müssten. Beobachtet wurde allerdings auch bereits, dass manche "Unkräuter" gegen Roundup resistent wurden und es dann doch wieder vermehrt eingesetzt werden muss oder gar nicht mehr hilft.
Monsanto wendet gegen die Studie ein, sie sei nicht unter "realistischen" Bedingungen erfolgt. So sei Roundup eben nicht für die Anwendung über Wasser vorgesehen, dafür gebe es andere, spezifische Produkte. Allerdings heißt es in einem Flyer von Monsanto: "Keine Abstandsauflagen zu Oberflächengewässern". Das muss doch wohl so verstanden werden, dass auch unbeabsichtigtes Versprühen auf eine Wasserfläche unbedenklich sein soll. Relyea entgegnet denn auch, dass er untersucht habe, wie unbeabsichtigtes oder nicht vermeidbares Versprühen über eine Wasserfläche von 1.000 Liter wirkt.
Die Anwendungsmenge sei viel zu hoch, schreibt Monsanto, der Wissenschaftler sagt, er habe genau die vom Konzern angegebene Menge verwendet. So geht bes hin und her, Monsanto sieht dabei allerdings schlecht aus. Eine Art Unbedenklichkeitsstudie aus dem Jahr 2000 war im Auftrag von Monsanto erstellt worden, was nicht für unbedingte Objektivität garantiert. Relyea betont, dass seine Untersuchungen nur für Glysophat-Herbizide mit dem Zusatz von Tallowamin gelten. Und: "All work was funded by the United States government's National Science Foundation. This research has no anti-pesticide, anti-agriculture, or anti-forestry agenda."