Rückbau von Windkraftanlagen: Was bleibt übrig?

Die meisten Windkraftanlagen besitzen eine Betriebsgenehmigung nach dem EEG. Nach Ablauf der üblichen 20 Jahre stellt sich die Frage: Wie steht es mit dem Recycling?

Während der Rückbau von Kernkraftanlagen aus Sicherheitsgründen weitestgehend im Verborgenen stattfindet, hat das Umweltbundesamt im August 2022 eine Studie zur "Entwicklung von Rückbau- und Recyclingstandards für Rotorblätter" veröffentlicht, die auf knapp 600 Seiten die Herausforderungen beim Rückbau von Rotorblättern dokumentiert.

Neue Nutzung?

Turm und Fundament sowie die elektrische Ausrüstung von Windenergieanlagen (WEA) stellen keine besonderen Anforderungen an ihr Recycling - anders die Rotorblätter.

Während die WEA-Fundamente im Rahmen eines Repowering, bei dem eine vorhandene Anlage durch eine mit größerer Leistung ersetzt wird (sofern dies am aktuellen Standort auch unter geänderten Voraussetzungen der Genehmigung zulässig ist), durchaus einer neuen Nutzung zugeführt werden können, ist eine vergleichbare Neu-Nutzung bei Rotorblättern bislang ausgeschlossen.

Für die Rotorblätter, die aus glasfaserverstärkten (GFK), carbonfaserverstärkten (CFK) und inzwischen auch aus mit Balsaholz verstärkten Kunststoffen bestehen, gibt es bislang keinen Recyclingprozess, der sich in der Praxis durchgesetzt hätte.

Ein thermisches oder energetisches Recycling, wie das Verbrennen von Kunststoffen meist umschrieben wird, kann bei der Vielzahl der in den nächsten Jahren vom Abbau betroffenen WEA nicht das Ziel sein. Zudem fehlen bislang allgemein gültige Standards für die Demontage und werkstoffliche Aufbereitung dieser Materialien.

Das Konzept des Umweltbundesamts

Die Studie des Umweltbundesamtes (UBA) legt nun ein erstes umfassendes technisches, rechtliches und organisatorisches Recyclingkonzept für Rotorblätter vor. Der Anspruch: eine möglichst hochwertige, gleichzeitig aber auch wirtschaftlich zumutbare Aufbereitungs- und Behandlungsstrategie für die Verbundmaterialien.

Man wollte ein vollständiges und schlüssiges Konzept für Rotorblätter ausarbeiten. Es beginnt beim Anlagenbetrieb, berücksichtigt Wartungs- und Reparatur-Konzepte - und achtet auf die Abfallvermeidung. Es werden auch Vorschläge für die Demontage, die Vorzerkleinerung und die Aufbereitung gemacht. Technische Fragen spielen eine große Rolle, aber auch rechtliche, so etwa ergänzende Regel-Vorgaben, die das Material betreffen.

Auch Elemente der "abfallwirtschaftlichen Produktverantwortung" sind wichtig: Bei jedem Elektrogerät muss mit dem Inverkehrbringen das Recycling nach Ende der Produktlebensdauer wirtschaftlich abgesichert werden, um sicherzustellen, dass der Elektroschrott aufbereitet und weitestgehend einer neuen Nutzung zugeführt wird.

Das geheime Innenleben der Rotorblätter

Eine Grundvoraussetzung, um ein Konzept für das Recycling von Rotorblättern zu entwickeln, ist die Kenntnis der Konstruktion und des Aufbaus der Rotorblätter, die bei Windenergieanlagen eingesetzt werden. Was so selbstverständlich klingt, verbirgt ein Problem.

Aufgrund der schnellen Entwicklung der WEA hinkt die Fachliteratur zum Thema Rotorblattaufbau deutlich hinter dem aktuellen Entwicklungsstand her. Der Grund liegt darin, dass es häufig um Betriebsgeheimnisse geht, die mehr oder weniger geschützt werden. Man hält sich mit der Veröffentlichung von Details merklich zurück, auch online ist kaum etwas verfügbar.

Somit blieb nur die ganz konservative, zeitaufwendige Telefonrecherche bei WEA-Herstellern und deren Zulieferern. Da die Entwicklung und Produktion von WEA zunehmend ins Ausland verlagert wird, war es möglicherweise eine letzte Chance an diese Informationen zu kommen.

Im Wesentlichen besteht ein Rotorblatt aus zwei Halbschalen, welche als Sandwich an Vorder- und Hinterkante mit einem Harzkleber verklebt werden. Als Werkstoffe werden in den Unter- und Oberschalen der Rotorblätter meist Hartschäume oder Balsaholz eingesetzt.

Balsaholz klingt naturnah, steht jedoch inzwischen aufgrund seiner wenig umweltfreundlichen Gewinnung immer wieder in der Kritik. Zwischen den Halbschalen werden Holmstege eingesetzt, um die Biegekräfte innerhalb des Rotorblatts aufnehmen zu können.

Die Holme bestehen aus Faserverbundkunststoffen in einer Sandwichbauweise mit einem Kern aus Balsaholz oder Schaum. Verklebt wird die Konstruktion mithilfe von Epoxid- oder Polyurethan-basierten Klebern.

Aufgrund der zunehmenden Größe der WEA und damit auch der Rotorblätter wird auch der Transport zum Anlagenstandort immer wichtiger.

Die Verlagerung der Fertigung an kostengünstigere Standorte bedingt dann auch Änderungen in der Konstruktion. Daher werden Rotorblätter immer häufiger in Segmenten hergestellt und diese erste vor Ort in reversibler Weise zu einem kompletten Rotorblatt zusammengesetzt.

Ein zusätzliches Element im Aufbau eines Rotorblattes ist der von den Anlagenversicherungen geforderte Blitzschutz, der die Ableitung eines an der Rotorblattspitze eingeschlagenen Blitzes ermöglicht und durchgängig bis zur Erdung im Fundament erfolgen muss.

Der Blitzschutz erweitert den Materialmix in den Rotorblättern. Die ursprünglich Hoffnung, dass man mit dem nichtleitenden Kunststoffmaterial auf einen Blitzschutz verzichten könne, hat sich schnell als realitätsfremd gezeigt.