Rückzug der USA: Neuer hässlicher Frieden im Nahen Osten?

US-Militärpräsenz in Syrien. Archiv-Bild (von 2019): United States Army/gemeinfrei

Russland und China als Wegbereiter einer Deeskalation. Problem-Herrscher Baschar al-Assad auf Erfolgskurs. Der Westen soll "Syrien helfen, aber dem Autokraten nicht". Wie soll das gehen?

Heute treffen sich türkische, syrische, iranische und russische Verteidigungs- und Geheimdienstchefs in Moskau. Thema des Treffens: Lösung der Konflikte in Syrien.

Es bewegt sich etwas im Nahen Osten und man kann es am Gesicht von Baschar al-Assad ablesen. Auf den Fotos, die in letzter Zeit kursieren, strahlt der syrische Präsident. Der autoritäre Machthaber ist Nutznießer der jüngsten Entwicklungen.

Die Zahl der arabischen Länder, die diplomatische Beziehungen mit der syrischen Regierung aufnehmen oder dies beabsichtigen, wächst; Saudi-Arabien markiert den bisherigen Höhepunkt dieser Erfolgsgeschichte.

Eine sonderbare Situation

Für den Westen ist dies aus mehreren Gründen eine sonderbare Situation. Denn hinter den aktuellen Entwicklungen, die Hoffnungen auf eine Beendigung blutiger Konflikte und eine Deeskalation im Krisenherd Naher Osten machen, stehen mit China und Russland zwei Länder, die in der westlichen Öffentlichkeit hauptsächlich in ihren aggressiven Motiven dargestellt werden.

So teilt auch der bekannte Kolumnist der Washington Post, David Ignatius, zwar die Ansicht, dass im Nahen Osten möglicherweise ein Zeitalter der "Deconfliction" anbricht. Er hat dazu allerdings eine eigenwillige Perspektive.

Der "hässliche Friede"

Erstens spielen bei ihm die USA nach wie vor eine federführende Rolle ("American diplomacy remains essential"), was nicht unbedingt alle Kenner der Region teilen. Zweitens schreibt Ignatius von einem "ugly peace": einem "hässlichen Frieden".

Der sei nötig, um "hässliche Kriege" zu beenden. Gemeint ist der Krieg im Jemen und der Konflikt in Syrien. Der Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern sei von dieser Entwicklung Richtung Deeskalation nicht berührt, fügt er hinzu.

Das grundsätzliche Dilemma, das die USA angesichts ihrer postulierten regelbasierten Ordnung mit autoritären Herrschern haben – einerseits sind sie non grata, anderseits sind sie Partner, siehe Ägyptens Herrscher al-Sisi – bringt er so auf den Punkt: "Assad, der mutmaßliche Sieger, verdient keine Hilfe beim Wiederaufbau, aber Syrien schon." Wie soll das gehen?

Diplomatischer Paradigmenwechsel zwischen Saudi-Arabien und Iran

Zunächst einmal zu Punkt 1: Die Hoffnung darauf, die größte humanitäre Katastrophe der Gegenwart, den Jemenkrieg und dessen brutale Auswirkungen auf Millionen von Menschen könne ein Ende finden, baut nicht zuletzt auf einer veränderten Beziehung zwischen Saudi-Arabien und Iran.

Eine Annäherung zwischen den beiden konkurrierenden Regionalmächten, die sich stark in ihren Konflikt um Einflusssphären verbissen hatten, geschah Anfang März in Peking. China hatte die beiden Rivalen zusammengebracht.

Die Auswirkungen dieses diplomatischen Paradigmenwechsels werden von Experten als beträchtlich eingeschätzt. Damit wurde auch der Weg für die Wiederaufnahme von diplomatischen Beziehungen zwischen Saudi-Arabien und Syrien geöffnet.

Aktuelle Folgen

Ein nächstes aktuelles Beispiel für Folgen der Pekinger Detente zwischen Iran und Saudi-Arabien gelten Gespräche, die Iran und Jordanien aufgenommen haben. Hier spielte der Irak eine vermittelnde Rolle.

Anzumerken ist aber auch: Wie selbst US-kritische Journalisten einräumen: Ohne eine Zustimmung der US-Regierung im Hintergrund wäre diese Annäherung, die eine weitere Entspannungsetappe in der Region darstellt, nicht möglich.

Treffen zwischen sicherheitspolitischen Vertretern der Türkei und Syriens

Viel Aufmerksamkeit bekommt auch das anfangs erwähnte Treffen in Moskau zwischen hochrangigen syrischen, türkischen, iranischen und russischen sicherheitspolitischen Vertretern. Die Konflikte haben einen ziemlich hohen Schwierigkeitsgrad. Die Türkei besetzt syrische Gebiete, hat sie zu einer Art Protektorat gemacht. In ihren Diensten stehen militante Dschihadisten und Islamisten, Gegner der syrischen Regierung.

Wie hier ein Verhandlungskompromiss aussehen könnte, ist noch unbekannt. Die kurdischen SDF haben in einer Reaktion darauf, dass nun schon zum zweiten Mal (nach Dezember) syrische und türkische Vertreter gemeinsam am Verhandlungstisch sitzen, ihrerseits Signale einer Verhandlungsbereitschaft nach Damaskus geschickt.

Auch da bahnen sich – in einer hoffnungsvollen Sicht –, Lösungen über Verhandlungen an, statt einzig den militärischen Horizont abzustecken.