Rückzug der USA: Neuer hässlicher Frieden im Nahen Osten?

Seite 2: Militärische Schlagkraft und schwierige Lösungen mit Autokraten

Wie sich die USA in diesem Kräftespiel verhalten werden, ist noch nicht konkret abzusehen. Der Kolumnist Ignatius plädiert für eine unbedingt loyale Unterstützung der Kurden.

Es ist aber nicht klar, welchen Preis die USA dafür bezahlen wollen. Assad mag damit rechnen, dass die USA Syrien verlassen, doch gibt es dafür noch keine klaren Zeichen.

Es mehren sich zwar die Stimmen, die von einer Kursänderung der US-Geopolitik sprechen, die ihren Schwerpunkt nicht mehr im Nahen Osten hat. So etwa vom US-Nahostkenner Steven Simon, der voraussagt, dass der Nahe Osten nun aus den Prioritäten der USA verschwinden wird, "ähnlich wie Lateinamerika und Südostasien nach den 1970er-Jahren".

Militärische Schlagkraft und Einflusssphäre bleibt

Das heißt aber nicht, dass die militärische Supermacht ihre Einflusssphäre aufgegeben hat. Karten der US-Militärbasen im Nahen Osten (und hier, etwas veraltet, weil Afghanistan noch gelistet ist) sprechen eine eigene faktische Sprache.

Sie bedeuten, dass die USA weiterhin mit großer militärischer Schlagkraft mitreden können, wenn sie grundsätzliche Interessen – Energieversorgung, Sicherheit der militärischen Kräfte oder geopolitische Ansprüche und nicht zuletzt die Sicherheit Israels – gefährdet sieht.

Der Wiederaufbau Syriens und die Flüchtlinge

Und, was Syrien betrifft, so bestimmt die USA mit, ob und wie der Wiederaufbau vonstattengehen kann. Die Golfstaaten hätten mit viel Geld große Möglichkeiten und sie warten darauf, wie es heißt, aber sie machen derzeit eine Gratwanderung, die zwar eine neue Distanz zu den USA dokumentiert, verärgern wollen sie den großen Partner aber auch nicht.

Schaut man sich Aufschlüsselungen der Herkunft von Migranten an, die derzeit wieder in höherer Zahl den hochriskanten Weg von Nordafrika übers Meer nach Europa wagen, so stehen Syrerinnen und Syrer noch immer weit oben.

Baschar al-Assad mag auf Fotos strahlen. Für große Teile der Bevölkerung sieht die Lage aber nach wie vor erbärmlich aus. Dazu tragen auch die Sanktionen des Westens bei. Wird es ein Umdenken geben?

Wer sich eine Existenz in einem anderen Land aufgebaut hat, wird so schnell nicht nach Syrien zurückkehren, schreibt Ehsani22, ein US-amerikanischer Publizist, der aus Syrien kommt und dort offensichtlich nach wie vor Beziehungen an wichtigen Stellen hat, die ihn über die Lage des Landes informieren. Rückkehr wäre erst dann attraktiv, so Ehsani, wenn das Land wieder aufgebaut werden kann. Ob China und Russland hier neue Realitäten gegen US-amerikanische Interessen schaffen können?

Es wäre augenscheinlich auch im Interesse des Libanon, Jordaniens und der Türkei, die sehr viele Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen haben.