EnBW-Chef warnt: Energiewende vor dem Akzeptanz-Kollaps?

Grüner Stromstecker mit Knoten im Kabel

Die Energiewende stößt zunehmend auf Skepsis in der Bevölkerung. Hohe Kosten für den Netzausbau und steigende Strompreise sorgen für Unmut.

Seit den 1930er-Jahren wurde die leitungsgebundene Energieversorgung konsequent auf thermische Großkraftwerke auf Kohlebasis umgestellt. Pumpspeicherkraftwerke dienten dabei als Minutenreserve, wenn einer der Kohleblöcke ausfiel. Deswegen beteiligte sich der Energiekonzern RWE auch mit 50 Prozent am Schluchseewerk. In jüngster Zeit wurde die Erweiterung jedoch eingestellt, weil Naturschutz und Wirtschaftlichkeit gegen solche Speicher sprachen.

In diesem Jahrhundert kam dann der deutsche Steinkohlebergbau zum Erliegen. Das hatte teils geologische und teils wirtschaftliche Gründe. In den Jahren 2007 und 2008 hatte der Kohleabbau im Flöz Schwalbach des Bergwerks Saar zu mehreren schweren Erschütterungen geführt. Als Folge wurde der Steinkohlebergbau im Saarland am 30. Juni 2012 offiziell beendet.

Aus dem Ruhrgebiet wird über Bergschäden kaum noch berichtet. Das Risiko ist jedoch gleichbleibend hoch geblieben. Dank fehlender Dokumentation ist die genaue Situation in vielen Fällen nicht bekannt. Da die Kohleflöze gegen Norden immer tiefer liegen, stieg der Aufwand und somit konnte der Betrieb nur mit Milliardensubventionen aufrechterhalten werden. Im Jahr 2007 hat der Bund dann beschlossen, dass die Subventionen Ende 2018 auslaufen sollen und damit war auch hier Schicht im Schacht.

Mit dem Ende des Bergbaus wurde man zunehmend der Langzeitfolgen bewusst. Einfach dichtmachen geht nicht. Die Grubenwässer müssen weiter abgepumpt und der Einsatz von Abfall- und Reststoffen zur Bruch-Hohlraumverfüllung und PCB- und PCB-Ersatzstoff-haltiger Betriebsmittel in Steinkohlenbergwerken muss weiter überwacht werden.

Wer will denn die fossilen Zeiten zurück?

So wie mit der Kernkraft hat die deutsche Elektrizitätswirtschaft auch mit der Steinkohle weitgehend abgeschlossen. Der Betrieb fossiler, zentraler Großkraftwerke ist in Deutschland bald Geschichte, die aus Kostengründen niemand zurück will, der mit Strom sein Geld verdienen will.

Der Wunsch nach Rückkehr der Kohledinosaurier kommt in Deutschland hauptsächlich aus Kreisen, die wenig Erfahrung mit der Elektrizitätswirtschaft haben und die fordern, dass der Strom wieder ubiquitär aus der Steckdose kommt.

Die dadurch ausgelöste Skepsis gegenüber einer Energiewende, welche den geänderten Rahmenbedingungen Rechnung trägt und die Forderungen nach einer Unsichtbarkeit von Stromerzeugungskapazitäten und Stromtrassen verknüpft mit einer Ablehnung der beabsichtigten Digitalisierung der Netze, machen den Wandel aufwendig und damit auch teurer als vorgesehen.

Das klassische und in vielen Lieferverträgen auch so verankerte Mittel bei Stromknappheit ist der Lastabwurf, der überzählige Verbraucher vom Netz trennt, um dieses zu stabilisieren. Um dies nach Möglichkeit zu vermeiden, sollen träge Verbraucher wie Wärmepumpen und E-Mobil-Ladepunkte bei Bedarf vom Netz getrennt werden können, wofür diese Kunden einen Rabatt bei den individuellen Netzentgelten erhalten.

Kein Kunde darf jedoch ohne vertragliche Regelung vom Netz getrennt werden. Dies wäre ohne direkte Ansteuerung nur mittels einer flächendeckenden Abschaltung zulässig. Dies steht auch in den üblichen Stromlieferverträgen, die für den Strombezug abgeschlossen werden.

EnBW-Chef Georg Stamatelopoulos warnt vor schwierigen Zeiten

Die Widerstände beim notwendigen Ausbau der Übertragungs- und der Verteilnetze sowie der Netzdigitalisierung machen der Elektrizitätswirtschaft das Leben immer schwerer. Dass die immer wieder erhobene Forderung nach einer Verstaatlichung wenig Hoffnung auf Veränderung verspricht, zeigt sich aktuell anhand des zu knapp 100 Prozent im Besitz der öffentlichen Hand befindlichen EnBW (Energie Baden-Württemberg), die aufgrund der fehlenden Zustimmung der Bevölkerung zur Energiewende unter Druck geraten ist.

Zur Finanzierung der aufgrund der Energiewende notwendigen Investitionen hat man inzwischen Teile des Konzerns an Finanzinvestoren verkauft, welche sich davon eine zumindest marktübliche Rendite versprechen.

Wie schwer das Geschäft mit der Energieversorgung inzwischen geworden ist, hat der CEO von EnBW Georg Stamatelopoulos zuletzt in mehreren Interviews deutlich gemacht. Er sieht die Akzeptanz für die Energiewende schwinden, da die hohen Kosten schwer nachvollziehbar seien.

Während es auf lokaler Ebene in Deutschland schon länger Widerstand gegen Maßnahmen wie den Bau von Windkraftanlagen gab, werde die Kritik nun zunehmend in Bezug auf das System geäußert. Die Bevölkerung scheint nicht zu verstehen, warum der notwendige Ausbau der Versorgungsstrukturen Geld kostet, wo doch Sonne und Wind keine Rechnung schicken.

Gesellschaftlich immer weniger akzeptiert werde die Tatsache, dass der Ausbau erneuerbarer Energien auch den Ausbau von Netzen und dezentralen Speichern erfordere, was die Systemkosten erhöhe. Wenn dann zusätzlich auch unterirdische Stromtrassen gefordert werden, die deutlich teurer sind als Freileitungen, darf sich niemand über die steigenden Kosten wundern.

Zwar ist langfristig mit sinkenden Energiepreisen zu rechnen, weil künftig keine Brennstoffkosten anfallen, aber kurzfristig schlagen die Infrastrukturausgaben recht heftig zu Buche.

Aus Sicht von Stamatelopoulos sei es sinnvoll, dass der Staat die hohen Investitionen in die Infrastruktur in der aktuellen Phase unterstützt, weil die erforderlichen Investitionen, um die Ziele der Energiewende bis 2035 zu erreichen, die auf über 1,2 Billionen Euro geschätzt werden, alle Kunden und nicht nur die Industrie überfordern.

Wie die staatliche Unterstützung aussehen kann, ist derzeit noch nicht abschließend geklärt; der Markt wird es ohne staatliche Eingriffe wohl nicht lösen können, auch wenn die Politik gerade in Deutschland so gerne auf den Markt setzt.