Russische Einmischung in US-Wahl: Lächerlich, False-Flag-Aktion, bewiesen …
Der Streit kulminiert in Washington und zeigt, wie zerrissen das Land ist
Während Donald Trumps Gegner auch in der eigenen Partei eine Möglichkeit sehen, diesen dadurch noch vor seinem Amtsantritt zu beschädigen, weil er angeblich von Russland bei der Wahl unterstützt worden sei, macht er sich selbst über die Behauptungen lustig. "Lächerlich" sei die Behauptung, sagte er im Interview für Foxnews, die der CIA gegenüber Abgeordneten in einer Geheimsitzung gemacht habe, dass Russland die Wahl zugunsten von ihm beeinflusst haben soll, er habe sie eindeutig gewonnen. Zudem äußerte er Skepsis gegenüber den Geheimdiensten, was als Affront gilt.
Seit George W. Bush hatte der mit vielen Diensten aufgeblähte Geheimdienstapparat mit mehr als 40.000 Angestellten und einem offiziellen Budget von zuletzt 70 Milliarden US-Dollar nicht nur mehr Geld bekommen, sondern die Dienste hatten auch weitgehend freie Hand, die Überwachung auszubauen. Auch Barack Obama stützte sich weiter auf die Geheimdienste, baute deren Zuständigkeiten aus und hat nun auch unter dem Druck vor demokratischer Abgeordneter die Geheimdienste aufgefordert, eine Untersuchung über die russischen "Cyberaktivitäten" vorzulegen. Zudem wurde beim Pentagon das Cyberkommando unter dem Direktor der NSA aufgebaut.
Wenn sich Trump mit den Geheimdiensten anlegt und deren Arbeit herabwertet, kratzt er nicht nur an der mächtigen, mit der Privatwirtschaft, Politikern und vielen Thinktanks vernetzten US-Sicherheits- und Militärbranche, sondern auch an deren Rechtfertigung durch den Globalen Krieg gegen den Terrorismus und zuletzt verstärkt durch den Konflikt mit Russland. Allerdings scheint das Ansehen der Geheimdienste unter den Leaks von Snowden gelitten zu haben. Der Ex-NSA-Direktor Alexander berichtete, dass dies neben dem angeblich geringen Gehalt im Vergleich zur Privatwirtschaft ein Grund sei, warum der NSA viele Leute davonlaufen (NSA-Mitarbeiter verlassen angeblich den Geheimdienst in Scharen).
Für den republikanischen Senator John McCain, der Vorsitzender des Streitkräfteausschusses und innerparteilicher Gegner Trumps ist, steht jedenfalls als Tatsache fest, dass die Russen in die Wahl eingegriffen haben. Nicht klar sei es, ob sie dies zugunsten eines Kandidaten gemacht haben, das müsse untersucht werden. Er könne aber Trumps Haltung nicht verstehen: "I don't know what to make of it because it’s clear the Russians interfered." McCain ist für die Einrichtung eines Kongressausschusses zur Untersuchung und kritisiert auch die Haltung Trumps gegenüber Putin: "Wladimir Putin ist ein Schurke und ein Mörder und ein Killer und ein KGB-Agent." Man könne zwar mit ihm reden, aber so wie das Reagan gemacht habe, aus einer "Position der Strenge" heraus. Für den demokratischen Abgeordnete Adam Schiff, der im Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses sitzt, ist die Sache ebenfalls klar. Was man wisse, spreche dafür, dass Moskau sich zugunsten "des in der Geschichte am stärksten prorussischen Kandidaten" eingemischt habe. Vermutlich wird es einen Kongressausschuss geben, womit die Angelegenheit erst einmal vertagt ist und die Geheimdienste von Trumps Leuten geleitet werden.
Es gibt weiterhin keine direkten Beweise, das FBI hat die Ermittlungen Richtung Russland offenkundig eingestellt
Unterstützt wurde Trump etwa vom Neocon John Bolton, der unter den Regierungen Reagan sowie Bush Vater und Sohn aktiv war und neben dem American Enterprise Institute mit vielen konservativen Organisationen wie dem Jewish Institute for National Security Affairs (JINSA), dem Institute of East-West Dynamics, der National Rifle Association oder dem Council for National Policy (CNP) verbunden ist. Bolton hat unter George W. Bush als Staatssekretär für Rüstungskontrolle und Internationale Sicherheit den Widerstand gegen den ICC oder die Verschärfung des Abkommens über Biologische Waffen betrieben und ist ein scharfer Kritiker der Vereinten Nationen. Er wurde auch kurzzeitig als möglicher Kandidat Trumps für das Außenministerium gehandelt.
Jetzt lenkt Bolton, was die Verfassung des politischen Klimas in den USA deutlich macht, in einem Interview mit Foxnews den Verdacht auf das Weiße Haus. Die Cyberangriffe auf die Computer des DNC und RNC könnten eine "False-Flag"-Aktion sein: "Daher muss gefragt werden, warum die Russen ihren schlauen Geheimdienst gegen den Server von Hillary angesetzt haben, aber ihren dummen Geheimdienst gegen die Wahl." Er bezog sich auf den FBI-Firektor James Comey, der gesagt habe, es gebe keine direkten Beweise für ein Eindringen eines ausländischen Geheimdienstes in die Server von Hillary Clinton, man habe aber "Cyber-Fingerabdrücke" in Bezug auf die Wahl gefunden.
Beschuldigen wollte Bolton niemand direkt, meinte aber, dass die Geheimdienste während der Obama-Regierung "politisiert" worden seien - was sie allerdings besonders unter der Bush-Regierung während seiner Amtszeit als Staatssekretär waren, als es um die angeblichen irakischen Massenvernichtungswaffen ging, die als Kriegsgrund erfunden wurden. Er unterstützt zwar eine unabhängige Untersuchung, will aber anscheinend die Blickrichtung verändern. Interessant sei doch, warum die Russen "Fingerabdrücke" hinterlassen. Allerdings gibt er sich weiter als Falke und erklärte, dass die USA zurückschlagen müssten, wenn die Behauptung über die russische Einmischung sich als wahr herausstellen sollte.
Noch kennt niemand die Beweise der CIA, nach der angeblich von Russland aus Trump unterstützt werden sollte, auch die Beweise, die dafür sprechen sollen, dass die Cyberaktivitäten von der russischen Regierung ausgingen, sind unbekannt. Offenbar hat die CIA davon gesprochen, dass es Hinweise auf Personen in Russland gebe, die der Regierung nahestehen. Aber es gibt keine direkte Verbindung zur russischen Regierung. Das wiederholte auch gestern die New York Times, nach der die Beweislage wohl eher soft ist.
Die CIA habe keine neuen Erkenntnisse präsentiert, aber "überwältigende Indizienbeweise", dass Moskau auf Trump gesetzt habe und damit erfolgreich gewesen sei. Umstritten ist, warum die CIA ihre Erkenntnisse nicht vor der Wahl präsentierte, sondern erst nach dem Wahlerfolg von Trump. Unklar ist, ob der Geheimdienst dies zuvor Präsident Barack Obama berichtet hatte. Und klar ist auch, dass das FBI nach den Hacks im Sommer erst einmal die russische Spur verfolgte hatte, aber dann die Ermittlungen in diese Richtung einstellte. Tatsächlich hat das FBI Hacker aus Russland und anderen Staaten angeklagt, gut möglich also, dass der Behörde in diesem Fall die Beweislage zu dünn erschien.
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