Russland: Ein Imperium, viele Namen
Seite 2: Russlands Expansionismus und die Rolle der Orthodoxie
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Die Sowjetunion kämpfte mit Finnland und China um Territorien. Und die Länder des Warschauer Paktes, einschließlich der ehemaligen DDR, wurden zwangsweise dem "sozialistischen Lager" zugeschlagen (man erinnere sich an die Aufstände in Ungarn 1956 und in der Tschechischen Republik 1968).
Auch die Russische Föderation hat während ihrer gesamten Existenz um Territorien gekämpft. In den Tschetschenien-Kriegen starben 11.000 russische Soldaten und bis zu 40.000 Zivilisten.
Und alle militärischen Konflikte in den Ländern der ehemaligen UdSSR werden von den Nachrichtendiensten der Russischen Föderation angezettelt. Abchasien, Transnistrien, Südossetien, die ukrainischen Regionen Donezk und Lugansk – überall gab es bewaffnete Angriffe Russlands.
Sprachliche und kulturelle Expansion im Russischen Reich
Dieser Trend ging einher mit einem Ethnozid an der einheimischen Bevölkerung, Marginalisierung der Kulturen, der Bräuche und Sprachen der Völker, die das Imperium bewohnten. Und dem Zwang zum Erlernen der russischen Sprache sowie dem Verbot des Gebrauchs der Nationalsprachen.
So wurde die ukrainische Sprache im Russischen Reich mehrfach vollständig verboten: ihr Studium, Unterricht, Buchdruck, Herausgabe von Zeitungen und Zeitschriften.
In der Sowjetunion wurden anstelle offizieller Verbote Bedingungen geschaffen, unter denen die ukrainische Sprache und die Sprachen anderer Völker rasch aus allen Lebensbereichen verdrängt wurden.
So wurde 1958 in Artikel 20 der Grundlagen der Gesetzgebung der UdSSR und der Unionsrepubliken über das nationale Bildungswesen eine Bestimmung über die freie Wahl der Unterrichtssprache und das Erlernen aller Sprachen außer Russisch auf Antrag der Eltern der Schüler verankert.
Mit anderen Worten: Russisch war obligatorisch, die Landessprachen waren fakultativ.
Man sollte sich nicht der Illusion hingeben, dass die Sowjetunion ein anderes politisches System hatte als vor oder nach ihrer Gründung und ihrem Zerfall. Das politische System ist nur eine Projektionsfläche, ein Instrument, um die oben genannten Endziele des Imperiums zu erreichen.
Die Russische Welt und die Rolle der Kirche
Wenn man nun weiß, dass das Russische Reich im Grunde nicht untergegangen ist, sondern nur seinen Namen geändert hat, versteht man die Grundlage aller Ideologen des russischen Nationalsozialismus.
Iljin, Prochanow, Dugin und andere Philosophen, deren Ideen von Putin und der gesamten politischen Elite Russlands benutzt werden, sind von der Idee Russlands als Imperium inspiriert.
Diese Philosophen sind ausgesprochene Faschisten und machen daraus keinen Hehl. Und sie stellen sich das Verhalten und die Außenpolitik Russlands in Übereinstimmung mit dieser Vision vor.
Die gleiche imperiale Vision ihres Landes ist tief in den Köpfen der einfachen russischen Bürger verwurzelt, nicht nur derer, die in Russland leben, sondern auch derer, die im Ausland leben.
Einige Wissenschaftler meinen, die ideologische Grundlage des russischen Imperialismus sei die Orthodoxie. Ich stimme dieser Behauptung nur teilweise zu. Die Religion ist in Russland nur ein Instrument der Staatsmacht.
Seit mindestens 300 Jahren steht die Russisch-Orthodoxe Kirche (ROK) de facto unter staatlicher Kontrolle. 1721 rief Zar Peter I. den sogenannten Heiligen Synod ins Leben – das höchste Leitungs- und Rechtsorgan der Russisch-Orthodoxen Kirche, das seine Tätigkeit unter der Kontrolle und mit Billigung der Staatsmacht des Russischen Reiches ausübte.
Zum Synod gehörte auch der Oberprokurator, ein vom Kaiser ernannter weltlicher Beamter.
In der UdSSR wurde die Praxis der Kontrolle des religiösen Lebens noch intensiviert. Zunächst wurden alle Religionen verboten und Kirchen massenhaft zerstört. Doch 1943, mitten im Zweiten Weltkrieg, beschloss Stalin – ein ehemaliger Student des Theologischen Seminars –, die Möglichkeiten der ideologischen Einflussnahme auf die Bürger der UdSSR zu verstärken, und 1943 wurde die Wahl des Patriarchen der Russisch-Orthodoxen Kirche erlaubt.
Von diesem Zeitpunkt an stand die Russisch-Orthodoxe Kirche unter vollständiger Kontrolle des sowjetischen und später des russischen Sicherheitsdienstes.
Viele Priester mussten mit dem KGB zusammenarbeiten und hatten eigene Decknamen. Dies verstärkte die Fähigkeit der sowjetischen und später russischen Sicherheitsdienste, ihre Aktivitäten außerhalb Russlands auszuüben, insbesondere in allen europäischen Ländern, in denen es Gemeinden der Russisch-Orthodoxen Kirche oder ihr angeschlossener Kirchen gibt.
Andrii Vlasov ist Experte im Bereich digitales Marketing und Kommunikation. Er ist Mitglied des Journalistenverbandes der Ukraine. Zusammen mit seiner Frau, seinen Kindern und seinem Vater lebt er seit 2022 in Deutschland.
Redaktionelle Anmerkung: Die Bildunterschrift wurde korrigiert.
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