Russland-Sanktionen: Türkei bleibt bei Nein zu US- und EU-Strafmaßnahmen
Außenminister Cavusoglu pocht auf einen Beschluss der UN und die nationalen Interessen Ankaras. Man werde sich keinem Druck von außen beugen.
Die Türkei bleibt bei ihrer Ablehnung, sich an den Sanktionen gegen Russland zu beteiligen. Das bekräftigte heute Außenminister Mevlut Cavusoglu. "Wir schließen uns keinen einseitigen Sanktionen an, sondern unterstützen nur solche, die mit Unterstützung der Uno eingeführt werden", betonte er gegenüber Journalisten vor einem Treffen mit dem russischen Amtskollegen Lawrow auf die Frage, wie lange die Türkei auf dieser Haltung bestehen werde.
Man werde sich in dieser Frage auch keinem äußeren Druck beugen. Die Türkei bleibt damit das einzige Nato-Land, das sich den Sanktionen infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine nicht angeschlossen hat.
Eine UN-Resolution, die Sanktionen gegen Russland beschließen würde, ist im Sicherheitsrat wegen der zu erwartenden Vetos aus Russland wie China, aussichtslos. Auch in der Generalversammlung würde eine solche Absicht auf beträchtlichen Widerstand von Ländern des Globalen Südens treffen.
Der Druck auf die Türkei hat in letzter Zeit zugenommen. So wurden Vorwürfe laut, wonach sich hinter den gewachsenen Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Türkei und Russland im vergangenen Jahr auch russische Importe von sanktionierten Gütern verbergen könnten. Dem folgten Drohungen.
So verweist etwa ein Bericht der Frankfurter Rundschau auf eine Übersicht des Portals Trading Economics, demzufolge die Türkei 2021 elektrische und elektronische Geräte im Wert von 559,21 Millionen US-Dollar nach Russland geliefert habe.
Daran hängt sich die Vermutung, dass sich darunter technisches Material befindet, das auch beim Bau und bei der Entwicklung von Waffen genutzt werden kann.
Warnungen der US-Regierung
Entsprechend wird von Warnungen aus der US-Regierung wie auch von der EU berichtet. Eine Delegation des US-Finanzministeriums soll bei einem Besuch Anfang Februar in der Türkei davor gewarnt haben, "dass türkischen Staatsbürgern Geld- und Gefängnisstrafen drohen, wenn die gegen die Russland-Sanktionen verstoßen" (FR).
Auch türkische Unternehmen und Banken seien dem Risiko von Sanktionen und einem möglichen Verlust des Zugangs zu den G7-Märkten ausgesetzt, wenn sie Geschäfte mit russischen Partnern machen, so Brian Nelson aus der Delegation des US-Finanzministeriums.
Cavusoglu kommentierte die Vorwürfe aus der US-Treasury bei einer Pressekonferenz mit US-Außenminister Anthony Blinken in Ankara am 20. Februar.
"Wir halten uns an die Beschlüsse der Vereinten Nationen"
Er zeigte sich den Vorwürfen gegenüber skeptisch, "wir glaubten nicht, dass sie korrekt waren", betonte aber, dass man bestimmte Maßnahmen ergriffen habe: "Die Produkte, die aus der EU kommen, dürfen also nicht durch unser Land reexportiert werden - wir ergreifen alle relevanten Maßnahmen." In Ankara nehme man solche Hinweise auch aus der EU ernst.
Da gewachsene Handelsvolumen mit der Russischen Föderation erklärte er mit einem hohen Anteil von Gas und Energie (mehr als 60 Prozent) und gestiegenen Preisen auf der Importseite, während er zum Export von elektronischen und technologischen Produkten, "die in der Rüstungsindustrie verwendet werden", sagte, dass es ist "nicht richtig" sei, "dass wir solche Produkte in die Russische Föderation exportieren".
Auch beim Treffen mit Blinken betonte er, dass sich die Türkei nicht an den unilateralen Sanktionen beteilige. "Wir halten uns an die Beschlüsse der Vereinten Nationen."
Nationale Interessen
Wiederholt verweist die türkische Regierung auf nationale Interessen. Wie Merkel zu ihrer Regierungszeit auf die geopolitische Rolle der Türkei verwiesen hat, wenn von der Kanzlerin ein deutlich härterer Kurs gegenüber der Türkei verlangt wurde, so kann die Türkei auf mehrere geopolitische Felder verweisen, wo ihre Interessen mit Russland abgestimmt werden müssen.
Da wäre das Schwarze Meer zu nennen, wo die Türkei beim Getreideexport eine Vermittlerrolle einnimmt, der Konflikt zwischen Aserbaidschan und Armenien, Syrien, wo sich die Türkei auf der Seite islamistischer Gruppen platziert und eigene Gebietsinteressen hat, Libyen und letztlich auch Waffengeschäfte mit Russland.
Die Türkei pocht auf eine eigenständige Rolle. Bei der Pressekonferenz mit Blinken versuchte der türkische Außenminister Zweifel an der türkischen Haltung zur Ukraine und gegenüber der russischen Aggression zu beschwichtigen.
Er sprach von einer "klaren Stimme der Türkei" zur "Unterstützung der Souveränität und territorialen Integrität der Ukraine". Ankara würde die "Ergebnisse des illegalen Referendums und die Annexion von Gebieten" in der Ostukraine nicht anerkennen.