Russland sichert sich Zugang zu strategischem Hafen vor Westafrika

graues Marineschiff vor malerischer tropischer Hafenkulisse

Ein Patrouillenboot der portugiesischen Marine vor São Tomé und Príncipe, Foto: Xinovap, shutterstock

Russland stärkt seine Position vor der westafrikanischen Küste. Das beunruhigt vor allem Portugal, die Ex-Kolonialmacht. Doch ist die Inselregierung wirklich prorussisch?

Russland hat durch ein bilaterales Kooperationsabkommen mit dem Inselstaat São Tomé und Príncipe Zugang zu einem strategisch wichtigen Marinehafen im westafrikanischen Atlantik erhalten.

Ein entsprechender Gesetzentwurf wurde nun von einer Regierungskommission in Moskau genehmigt. Die Ratifizierung des Abkommens wird es russischen Schiffen ermöglichen, im Golf von Guinea vor Anker zu gehen, um dort vor allem aufzutanken und sich zu verproviantieren.

Das im April in St. Petersburg unterzeichnete Abkommen sieht den Austausch von Hilfe bei der Marineausbildung, Zusammenarbeit bei der Bereitstellung von technischer Unterstützung, Bekämpfung von Piraterie und Terrorismus sowie logistische Unterstützung vor. Auch gemeinsame Marineübungen und andere Aktivitäten zwischen den Streitkräften beider Länder sind geplant.

Europa sollte seine Position überdenken

São Tomé und Príncipe bietet Schifffahrtsdienstleistungen an und verfügt über einen relativ gut ausgebauten Hafen, der alle Schiffstypen abfertigen kann. Das Militärabkommen hat jedoch Bedenken ausgelöst, wie The Africa Report berichtet.

Portugal, die ehemalige Kolonialmacht und ein wichtiger Handelspartner von São Tomé und Príncipe, äußerte "Überraschung, Besorgnis und Ratlosigkeit" über das Abkommen. Tatsächlich war die Übereinkunft lange geheim gehalten worden. Im Vergleich zu Russland habe São Tomé und Príncipe jedoch viel mehr militärische Verpflichtungen gegenüber den USA und der NATO, betonte Premierminister Trovoada.

Er wies zudem Bedenken zurück, dass Russland mit dem Land bei der Spionage zusammenarbeiten würde. "Auf dem Gebiet der Geheimdienste arbeitet jeder mit jedem zusammen, je nach Bedrohungslage", sagte er. São Tomé und Príncipe sei ein unabhängiges Land und wechsle seine Partner nicht, sondern gewinne neue hinzu. "Ich meine, Europa sollte seine Position überdenken", so Trovoada.

Militärische Zusammenarbeit und Entsorgung von Sprengstoff

Premierminister Trovoada betonte gegenüber The Africa Report zudem, dass es bei dem Abkommen um militärische Ausbildung und die Entsorgung alter, aus Sowjetzeiten stammender Sprengstofflager gehe. "Wir wollen Ausbildung und wir wollen auch sehen, wie wir unsere Ausrüstung erneuern können", sagte er.

Die alten sowjetischen Minenbestände seien ein "Umwelt- und Sicherheitsproblem". Es gelte sicherzustellen, dass es nicht zu einem weiteren Vorfall wie in Beirut kommt, wo 2020 eine Explosion 218 Menschen tötete und mehr als 6.000 verletzte. "Deshalb bitten wir auch die Russen, bitte mit Spezialisten zu kommen, um das zu entfernen. Bringt uns neue Ausrüstung. Und natürlich ein bisschen Training. Warum nicht?", so der Premierminister.

Erdöl und Gasvorkommen in der Region

São Tomé und Príncipe liegt unweit reicher Offshore-Lagerstätten, die das benachbarte Äquatorialguinea, Kamerun und Nigeria seit Jahrzehnten ausbeuten. In den eigenen Gewässern wurden allerdings noch keine Vorkommen entdeckt.

Russische Experten könnten dem Land gegebenenfalls helfen, kommerziell nutzbare Vorkommen zu finden, falls sich die Beziehungen in diese Richtung entwickeln. Selbst wenn dies nicht gelingt, könnte São Tomé und Príncipe in Erwägung ziehen, verbilligtes russisches Öl und Gas zu kaufen, was den Druck auf die öffentlichen Ausgaben des verarmten Landes mindern könnte.

Russland betreibt derzeit zudem ein maritimes Forschungsprojekt, um das Fischereipotenzial in der Region zu analysieren. In den letzten Jahren hat Moskau seine diplomatischen und Handelsbeziehungen in Westafrika systematisch ausgebaut, insbesondere zu Burkina Faso, Mali und Niger.

Seit Längerem werden zudem in Nigeria auch von amtlichen Stellen Überlegungen geäußert, sich bald den Brics anschließen zu wollen. Kamerun hat sich bereits offiziell um eine Mitgliedschaft bei den Brics beworben.