Ryanair droht Streikenden mit "schwerwiegende Konsequenzen"
Nach irischen Piloten streikt nun das Bordpersonal der Airline in Spanien, Portugal, Belgien und Italien, ein neuer Pilotenstreik ist angekündigt
Es sieht wahrlich nicht gut aus für die Billigfluglinie Ryanair. Mussten schon im letzten Herbst mehr als 2000 Flüge wegen Pilotenmangel gestrichen werden, fallen nun erneut deutlich mehr als 600 Flüge aus, weil gestreikt wird. Nachdem am vergangenen Freitag die Ryanair-Piloten in der irischen Heimat gestreikt haben, was schon zu Flugausfällen führte, streikt am Mittwoch und am Donnerstag das Bordpersonal in Spanien, Portugal und Belgien. In Italien waren auch die Piloten aufgerufen, allerdings beide Gruppen nur für Mittwoch.
Schwerpunkt ist Spanien, wo pro Tag von Ryanair vorsorglich 200 Flüge gestrichen wurden, um ein Chaos an Flughäfen zu vermeiden. In Spanien legte die Regierung allerdings auch Minimaldienste fest, um die Auswirkungen im Urlaubsland zu begrenzen. Derlei gab es weder in Portugal noch in Belgien, in Brüssel sollen 80% und in Charleroi 70% der Beschäftigten gestreikt haben. In Spanien müssen 100% der Inlandsflüge auf die Inseln und 59% der internationalen Verbindungen und zwischen 35 und 59% der Flüge auf der Iberischen Halbinsel durchgeführt werden, womit das Streikrecht der Beschäftigten erheblich beschnitten wurde.
Für Italien waren im Vorfeld die Auswirkungen des Aufrufs der Gewerkschaften CGIL und UIL ungewiss geblieben. Ryanair hatte mitgeteilt, grundsätzlich könnten alle Ziele betroffen sein, die dort angeflogen werden. Insgesamt sollen mindestens 132 Flüge auch in Italien ausgefallen sein. Betroffen waren vor allem die Ryanair-Basis an den Flughäfen Mailand-Bergamo und Pisa. Hier spielten sich Szenen ab, die die Airline insgesamt mit Umbuchungen, Rückerstattung der Ticketpreise und anderen Maßnahmen zu verhindern versucht hatte. In Portugal soll nach Angaben der Gewerkschaft die Streikbeteiligung mit 90% der Beschäftigten besonders groß gewesen und 50% der Flüge sollen ausgefallen sein.
Vor allem die wenigen Ausfälle in Italien hatten wieder Auswirkungen auf andere Länder. So blieben am Vormittag zum Beispiel 180 Reisende in Barcelona auf ihren Koffern sitzen, weil der Flieger aus Pisa nicht eingetroffen ist. Barcelona ist mit insgesamt 130 gestrichenen Flügen das am stärksten beeinträchtigte Ziel. Aber auch Flüge zu anderen Destinationen, die eigentlich nicht vom Streik betroffen sein sollten, wurden abgesagt. Die spanischen Gewerkschaften haben 24 Flüge gezählt, die über die schon am Vortag ausgesetzten hinaus gestrichen wurden, vor allem mit italienischen Zielen. Gesprochen wird davon, dass etwa 200 zusätzlich ausgefallen sind. Das widerspricht der Behauptung von Ryanair, dass alle geplanten Flüge normal durchgeführt würden.
Ryanair hatte streikwilligen Mitarbeitern gedroht und zudem die Drohkulisse nach dem Pilotenstreik in Irland weiter hochgezogen. Am Mittwoch wurde angekündigt, dass die Flotte in der irischen Hauptstadt Dublin um 20% verkleinert werden soll. 300 Stellen seien gefährdet, betroffen sollen 100 Piloten und 200 Beschäftigte des Kabinenpersonals sein. Begründet wurde das unter anderem mit rückläufigen Buchungen wegen der Pilotenstreiks. Doch die lassen sich davon offenbar auch nicht beeinflussen und haben einen neuen Streiktag für den 3. August angekündigt.
"Der Arbeitskolonialismus von Ryanair muss beendet werden"
Die Billigfluglinie hat mit dem angeblichen Arbeitsplatzabbau in Irland offenbar versucht, die Drohungen zu unterstreichen, die auch spanischen Mitarbeitern gemacht wurden. Die spanischen Gewerkschaften USO und Sitcpla, die zum Ausstand aufgerufen haben, haben auf Emails verwiesen, die Ryanair an Mitarbeiter verschickt habe. Darin wurden sie am Dienstag vor "schwerwiegenden Konsequenzen" gewarnt und aufgefordert, ihre Posten einzunehmen. Beschäftigte berichten auch von Drohanrufen.
Die Gründe für den Streik sind unterschiedlich, aber es geht vor allem um bessere Arbeitsbedingungen und Gehälter. So sollen unter anderem Gehälter angeglichen und befristete Beschäftigung beseitigt werden. Beklagt wird die fehlende Dialogbereitschaft. Vermittlungsversuche der Regierungen in Spanien und Portugal sind gescheitert. USO-Sprecher Ernesto Iglesias sagt, die Verhandlungsbereitschaft der Airline sei gering, sie habe "mit Krieg" gedroht: "Der Arbeitskolonialismus von Ryanair muss beendet werden."
Die Beschäftigten müssen spanischem Recht unterliegen, fordert auch Antonio Escobar. Der Sitcpla-Sprecher beklagt, dass die Beschäftigten "simulieren müssen", in Irland zu leben und nur "zeitweise in Spanien" stationiert seien. Damit sind sie in Irland und nicht in Spanien in der Kranken-, Arbeitslosen-, oder Rentenversicherung. Das kommt für die Firma billiger, während die Beschäftigten private Krankenversicherungen abschließen müssen, um ihre Versorgung zu sichern. Die Gewerkschaften kritisieren auch die spanische Regierung und weisen auf deren Widersprüche hin. Sie fragen, auf welcher Basis sie Minimaldienste für Beschäftigte festlegt, die offiziell in Irland angestellt sind. Weitere Streiks seien "möglich", aber es gäbe zudem "viele alternative Formen", kündigt Iglesias neue Proteste "eher früher als später" an.