SPD-Bespitzelung unter Adenauer - ein Hauch von Watergate am Rhein

Seite 2: SPD machte bei Verfolgung vermeintlich Linker mit

So war auch die Linke in der SPD im Visier und so ist es auch kein Wunder, dass mit Ortloff eine zentrale Figur des Kampfes gegen eine angeblich kommunistische Unterwanderung der Partei der Adenauer-Informant war.

Wenn jetzt nach Bekanntwerden des Watergates am Rhein auch in SPD-Kreisen geklagt wird, dass ja jetzt der Lack vom Demokraten Adenauer abfällt, ist da eine gehörige Portion Heuchelei dabei. Schließlich steht eben die Bespitzelung im Kontext der Verfolgung einer linken Opposition in der BRD – und Teile der SPD machten dabei eifrig mit.

Dazu gehört der rechte Sozialdemokrat Georg Leber, der in einem Handstreich angebliche oder tatsächliche Kommunisten aus dem Apparat der Industriegewerkschaft Bau entfernen ließ. Der Journalist Manfred Dietenberger beschrieb die kaum bekannte historische Episode so:

Eines schönen Tages im Jahre 1957 verließen auf Geheiß Lebers 44 hauptamtliche Gewerkschaftssekretäre des Bezirks Nordrhein der IG Bau-Steine-Erden in einem zwölf Pkw zählenden Konvoi die gewerkschaftliche Hans-Böckler-Schule in Hattingen und schwärmten von dort aus in Richtung Düsseldorf, Duisburg, Essen, Wuppertal, Mönchengladbach, Moers, Niederberg und Mülheim, wo sie in vorbestellten Hotelzimmern Quartier bezogen. Anderntags, morgens um 8 Uhr, begann das mobile Einsatzkommando mit der bislang größten Säuberungsaktion in der Geschichte der deutschen Gewerkschaftsbewegung. Ihr Auftrag: die Umsetzung eines zuvor in Hattingen ausgearbeiteten Beschlusses.

Mit Kündigungsschreiben in der Tasche schlugen sie im Büro der Bezirksleitung der IG BSE in Düsseldorf und in den Räumen von neun Verwaltungsstellen der IG BSE auf, um dort 15 unliebsame kommunistische Gewerkschaftsfunktionäre abzusetzen. Von den bis dahin 18 im Bezirk Nordrhein vorhandenen örtlichen Verwaltungsstellen hatten am Ende dieses Schurkenstücks genau noch die Hälfte der Büros geöffnet. Ortsfremde Funktionäre ersetzten handstreichartig ihre demokratisch gewählten Kollegen und übernahmen kommissarisch die Leitung der aufgelösten Verwaltungsstellen. Auf einer Pressekonferenz rechtfertigt Leber die Aktion: ‚Der Bezirk war kommunistisch unterwandert, schon 1933 sind am Niederrhein Kommunisten aus der Gewerkschaft ausgeschlossen worden.‘

Manfred Dietenberger, SoZ

Der Sozialdemokrat Leber rechtfertigte die offen illegale Absetzung gewählter Gewerkschaftsfunktionäre damit, dass so etwas ja schon 1933 geschehen ist und was damals recht war, konnte 24 Jahre später wohl nicht unrecht sein.

Auch zahlreiche deutsche Richter mit NS-Hintergrund verurteilten damals Kommunisten zu besonderen hohen Haftstrafen mit der Begründung, sie wären ja schon in der NS-Zeit wegen ihrer politischen Gesinnung verfolgt worden und hätten daraus offensichtlich nichts gelernt, so dass sie als besonders fanatische Gesinnungstäter härter bestraft werden müssten

Warum eine Aufarbeitung unterbleiben wird

Es wäre schon 1989 nach der Maueröffnung sinnvoll gewesen, parallel zur Aufarbeitung der politischen Repression in der DDR eine unabhängige Kommission einzurichten, die auch die gleichen Untersuchungen in der BRD macht. Dann hätte man vergleichen können, wie die beiden deutschen Staaten ihre jeweilige Opposition verfolgten und dann Parallelen und natürlich auch Unterschiede herausarbeiten können. Das ist bekanntlich nicht geschehen, weil sich ja die BRD als Hort der Demokratie inszenierte, die 1989 gesiegt hat.

Nun hat das Bekanntwerden eines Details aus der Verfolgungsgeschichte der Linken in der BRD, die Bespitzelung der SPD, erneut den Vorhang etwas gelüftet, der noch immer die massive Repression der Opposition in der BRD verdeckt. Doch er dürfte schnell wieder zufallen.

Mögen sich auch mache jüngere SPD-Funktionäre wie Kevin Kühnert moralisch empören, dass man doch unter demokratischen Parteien so nicht umgehen kann, so wird daraus kein Aufklärungswille folgen.

Dann müsste nämlich die Mithilfe bei der Jagd auf die Linke auch die Rolle von Teilen der SPD aufgearbeitet werden. Doch Funktionäre wie Georg Leber sind dort weiter unantastbar. Der Druck nach einer Aufarbeitung müsste von einer unabhängigen oppositionellen Bewegung ausgehen, die es aktuell aber nicht gibt.

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