SPD-Politiker gegen die Flatrate
Flatrate soll dem Normalverbraucher nichts nützen
Eine Großhandels-Flatrate soll die Marktrealität nicht widerspiegeln. Mit dieser Kritik schloss sich der bayrische SPD-Bundestagsabgeordnete Klaus Barthel der Argumentation von Telekomchef Ron Sommer an. Zwar begrüßt Barthel die erste schnelle Reaktion der Telekom, ist aber gleichzeitig der Auffassung, dass das Flatrate-Angebot eine ernsthafte Prüfung verdiene. Er glaubt, dass die Flatrate-Entscheidung der RegTP für den User keine Vorteile mit sich bringen wird.
Barthel, der auch Vorsitzender im Unterausschuss des Bundestages für Telekommunikations- und Postfragen ist, betont in einem Thesenpapier zur Flatrate auf seiner Homepage (bei Passwortabfrage abbrechen!), dass sich die SPD für niedrige Zugangsgebühren zum Internet einsetzt: "Erschwingliche Preise sind eine - wenn auch nicht die einzige - Voraussetzung für die Verbreitung des Mediums und für die Verhinderung der 'digitalen Spaltung'". Dennoch bezweifelt er, dass sich eine solche Vorgehensweise wirklich positiv für den Kunden auswirken würde.
Mit einer derartigen Auffassung steht er anscheinend allein, denn für die User ist klar, dass nur mit einer Senkung der hohen Onlinekosten das Internet auf Dauer für die breite Masse von Nutzen sein kann. Barthel dagegen erklärt: "Sie nutzt nur demjenigen Teil von Geschäftskunden, die rund um die Uhr im Netz sein wollen, und jenen Konkurrenten der Telekom, die zu günstigen Tarifen ihre Angebote ins Netz der Telekom bringen wollen."
Auch hier scheint der SPD-Politiker die Entwicklung der letzten Zeit verschlafen zu haben, denn viele Anbieter versuchten eine Flatrate anzubieten, mussten sie aber wieder einstellen, weil sie sich im Nutzungsverhalten der Kunden verkalkuliert hatten. Die Kunden ließen ihre Rechner einfach mit dem Internet 24 Stunden verbunden, weil ihnen ja keine weiteren Gebühren entstanden. Doch für die Anbieter rechnete sich eben genau dieses Verhalten nicht, denn sie mussten bislang der Telekom nach wie vor eine Minutengebühr erstatten. Mit einer Großhandels-Flatrate soll dieses Finanzrisiko für andere Anbieter aufgefangen werden.
Während die User fest damit rechnen, dass die Flatrate noch deutlich niedrigere Gebühren kosten wird, glaubt der SPD-Mann eine Rechnung in seinem Thesenpapier aufstellen zu müssen, dass die durchschnittliche Gebühr bei ca. 100 DM liegt. Er wirft die Frage auf: "Weshalb wir in Deutschland mit einem hochwertigen Netz bei einem deutlich niedrigeren Preis landen sollten, - zumindest bei der gesetzlich vorgeschriebenen Kostenorientierung - bleibt das Geheimnis der selbst ernannten Kundenschützer."
Doch es wird auch deutlich, dass Barthel sich nicht nur um den Poweruser kümmern will, vielmehr möchte er auch für den Durchschnittsnutzer Angebote offeriert wissen: "Hier setzt unsere Forderung an: Wer die Netznutzungszeiten von derzeit durchschnittlich 10 Stunden monatlich ausdehnen will und mehr Menschen ins Internet holen will, muss Pauschalangebote für mittlere Nutzungszeiten einführen und attraktiver gestalten. Der Zwang zur Großhandels-Full-Flatrate steht dieser Entwicklung eher entgegen anstatt sie zu fördern."
Schützend stellt er sich auch vor die Telekom, denn mit der Beschwerde bei der RegTP argumentierten die Mitbewerber seiner Ansicht nach unfair: "Einerseits stellen sie sich in der Öffentlichkeit als Vorkämpfer für niedrige Endkundenpreise von unter 40,- bis 50,- DM für eine monatliche Full-Flatrate dar. Danach wären die jetzigen Angebote auf dem Markt zu teuer. In ihren Beschwerden bei RegTP und Kartellamt, die jetzt erfolgreich waren, argumentieren genau dieselben Unternehmen und Verbände entgegengesetzt: Die bisherigen Angebote von DT AG und T-Online bei 49,-/79,- DM seien unfaires Preisdumping, also zu billig."
Mit der von der Regulierungsbehörde verlangten Großhandels-Flatrate werde eher ein Abbremsen der Marktdynamik durch zu langwierige Entscheidungen erreicht, so Barthel, und das Vorgehen bringe kleineren Unternehmen nichts. In seiner Kritik und Parteinahme für die Telekom geht Barthel sogar noch einen Schritt weiter und spricht von "konstruierten Investitionsblockaden", bei denen die Telekom den Mitbewerbern die vorhandene Infrastruktur zu regulierten Kostenrechnungen zur Verfügung stellen müsse. Mit solchen Äußerungen stößt er ins gleiche Horn wie der Chef des Medienriesen, denn dieser fordert auch mehr Marktrealität und möchte nicht, dass die RegTP die "Geschäftstätigkeit der Mitbewerber subventioniert".
In einer ebenfalls auf der Homepage veröffentlichten Presseerklärung widerspricht der Experte auch den Powerusern, die noch günstigere Tarife fordern: "Allerdings war von vorneherein klar, dass einige Verheißungen wie beispielsweise eine Full-Flatrate für alle unter 50,- DM zum jetzigen Zeitpunkt und unter den Vorgaben der RegTP völlig unrealistisch ist. Wer so etwas unter den gegebenen Umständen fordert, redet wider besseres Wissen oder hat keine Ahnung."