SPD rutscht unter 20 Prozent
DeutschlandTrend: Die Sozialdemokraten erhalten die Quittung für ihre Ideenlosigkeit
Sollten sich die SPD-Verantwortlichen, die sich für ein Mittun bei der Regierungsbildung eingesetzt haben, erhofft haben, dass der Schritt in der Öffentlichkeit honoriert würde, so haben sie sich deutlich getäuscht. Die Quittung in den Meinungsumfragen für die Entscheidung aus "Verantwortung für Deutschland" sieht nicht gut aus.
Im neuen ARD-DeutschlandTrend ist von "miesen Werten für die Genossen die Rede", vom niedrigsten Wert seit Beginn der DeutschlandTrend-Befragung von infratest dimap vor gut 20 Jahren: 19 Prozent gibt es für die SPD in der Sonntagsfrage. Bei Forsa war die SPD Mitte der Woche sogar bei 18 Prozent gelandet.
Bei den anderen Parteien tut sich nichts Aufregendes. Die Union liegt in beiden Umfragen bei 33 bzw. 34 Prozent; die AfD kommt infratest imap und Forsa auf 12 Prozent. Die Grünen liegen bei Forsa ebenso bei 12 Prozent, schneiden beim DeutschlandTrend aber einen Punkt schlechter ab als die AfD. FDP und Linke kommen auf 10 (DeutschlandTrend) bzw. auf 8 und 10 Prozent bei Forsa.
Dass die SPD mit der Fortsetzung der Koalition mit der Union unter Kanzlerin Merkel viele Gegenstimmen einfangen würde, war schnell abzusehen. Niemand konnte ernstnehmen, was Schulz behauptete, nämlich dass es "kein Weiter so" geben würde, weil in dieser Konstellation mit diesem politischen Personal bei CDU/CSU/SPD nichts anderes möglich ist als ein Weiter so.
Irrelevante Appelle an die SPD
Auf der Webseite "Makroskop", herausgegeben von Heiner Flassbeck und Paul Steinhardt, waren Appelle und Petitionen und Forderungen zu lesen, die auf die Notwendigkeit einer "Rückbesinnung auf sozialdemokratische Werte" hinwiesen.
Die Erneuerungs-Forderungen, die bei Makroskop an die SPD gestellt werden, dürfte exemplarisch für die Haltung einer bestimmten Linken sein, die sich von der SPD trotz der betont wirtschafts- und unternehmerfreundlichen Ausrichtung der letzten Jahrzehnte und trotz des hartnäckigen Festhaltens an den Hartz-IV-Reformen noch Besinnung versprachen.
Dass dieses Lager und die Hoffnungen in diesem Lager - von Einzelstimmen, die sich publizistisch äußern abgesehen - politisch nicht besonders relevant sind, zeigte sich in den letzten Jahren sehr deutlich: Es gab keine Veränderung des Kurses in der SPD, der sich deutlich von der CDU unterschieden hätte. der einzige Funke, den man kurz wahrnehmen konnte, erfolgte während der Frühzeit der Kandidatur Schulz, als dieser andeutete, dass er sich um eine Reform der Hartz-IV-Gesetze bemühen würde.
Die gegenwärtige Irrelevanz von Vorschlägen zu "einer anderen SPD" zeigt sich deutlich an der geringen Zahl der Teilnehmer am "Aufruf zur wirtschaftspolitischen Erneuerung", wie dies bei Makroskop auch mehrmals beklagt wurde.
Die Luft aus dem SPD-Ballon, den sich die Tagesschau als Illustration für den aktuellen ARD-DeutschlandTrend ausgedacht hat, ist schon längst raus und keiner weiß, wie neue frische Luft hineinkommen soll. Das Interesse daran ist, wie sich eben bei Makroskop zeigt, schwach. Lieber wird die Lebenszeit in anderes gesteckt.
SPD: Den Ratschlägen des Mainstream-Journalismus auf der Spur
Das ist nicht überraschend angesichts einer SPD, die sich beharrlich weigert, dorthin zu schauen, wo der Grund für das Nachlassen der Zugkraft liegt: zum Beispiel bei den Hartz-IV-Reformen, die die Aufkündigung einer konstitutiven Solidarität der Partei bedeuteten und die doch nach mehr als einem Jahrzehnt eine Revision vertragen können und der Ideenlosigkeit, wenn es um politische Maßnahmen geht, die die wirtschaftliche Ungleichheit mindern sollen..
Etwas überraschend dürfte für manche SPD-Spitzenvertreter, die sich, etwa wie Nahles, vehement für die Fortsetzung der Großen Koalition einsetzten, aber schon sein, wie hart die Publikumsreaktionen auf das "Ja" zu den Koalitionsgesprächen ausfallen.
Vor einigen Wochen hatte man als Leser von SZ, Zeit, Spiegel, Tagesschau und anderen Publikationen der Mitte noch den Eindruck, dass die SPD vor allem dann einen Fehler machen würde, wenn sie sich vor der "staatspolitischen Verantwortung" drückt, bei ihrem "Ja" zur Opposition bleibt und sich dort neu aufstellt. Dieses "Verantwortungssignal" nahm die Partei-Führung bereitwillig auf.
Dass dann der brave Bundespräsident, bis zur Nichtwahrnehmbarkeit zurückhaltend bei politischen Positionierungen, die mehr als ein Ja zum Mainstream verlangen, seinen früheren Genossen staatväterlich ins Gewissen sprach, gab den politischen Instinkten der SPD-Führung den Rest. Sie stimmten, wenn auch knapp, für das "Weiter so" mit Merkel und die Fortsetzung der Identitätskrise. Vielleicht sollte die SPD, um wieder Wählerstimmen zu bekommen, aufhören, auf Mainstream-Medien und Mainstream-Ratgeber zu hören.
Heute beginnen die Koalitionsverhandlungen. Geht es nach der Auffassung der vom DeutschlandTrend Befragten, so erwarten sie, dass die SPD nur wenig von den Nachbessrungen durchsetzen kann, wie sie in den letzten beiden Wochen in den Medien hochgekocht wurden. "58 Prozent erwarten demnach nur wenig Veränderungen der Sondierungsergebnisse, 14 Prozent gar keine." Nur 18 Prozent erwarten, dass die SPD viele ihrer Forderungen durchsetzen kann.
Aber vielleicht kann die SPD doch noch überraschen.