Säbelrasseln zwischen USA und Iran

Seite 3: Ausweg

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Mittlerweile sind führende Reformer und Gemäßigte wie Ex-Präsident Mohammad Khatami, Vize-Parlamentspräsident Ali Motahari und Mostafa Tajzadeh Motahari (Innenminister im Kabinett Khatami) drauf und dran, eine "Nationale Versöhnung" zu erreichen. Das soll zur Solidarisierung und Mobilisierung zwischen Regime, Gesellschaft und Volk gegen die akute Trump-Gefahr beitragen.

Sie verlangen auch die Freilassung der Führer der "Grünen Bewegung" Mehdi Karrubi und Mir Hossein Mousavi als Geste des guten Willens. In Wahrheit geht es diesen Reformern, die seit über zwanzig Jahren nicht sehr viel zustande gebracht haben und nie ihre Loyalität zum Regime aufgegeben haben, eher darum, wieder in die Zirkel der Macht, aus der sie hinausgeworfen worden sind, zurückzukehren.

Khatami darf keine öffentlichen Veranstaltungen abhalten, er darf nicht ausreisen und die Medien dürfen auch sein Portrait oder Bild nicht zeigen. Er durfte nicht einmal bei Rafsandschanis Beerdigung anwesend sein. Khatami rief die Bevölkerung auf, energisch am 38. Jubiläum der Islamischen Republik (10. Februar 2017) Stärke und Einheit zu demonstrieren. Irans "Reformer" verspielen als Katalysator des Establishments zunehmend ihren Kredit.

Sie wissen genau, dass sich die System- und Strukturprobleme des Landes weder mit einem Lippenbekenntnis noch mit der symbolischen Freilassung von zwei Oppositionellen lösen lassen, zumal eine Freilassung mit der Auflage verbunden sein wird, dass sie Ayatollah Khamenei keine Probleme bereiten.

Es gibt auch nicht wenige Iraner, die durchaus mit einer ausländischen Intervention liebäugeln, weil sie die täglichen Schikane, totale Inkompetenz zur Staatsführung sowie Plünderung nationaler Ressourcen durch bis zum Hals korrupter Tyrannen der Islamischen Republik längst satt haben und sich selber und der Gesamtbevölkerung nicht zutrauen, einen Regimewechsel herbeizuführen.

Das ewige Spiel auf dem Feld von Pseudo-Wahlen und Gremien ist nicht entscheidend, wenn man die Kräfte, Zünfte und Assoziationen der Zivilgesellschaft als Druckmittel von unten nicht aufbaut und mobilisiert. Die "Grüne Bewegung" von 2009 war auch deshalb gescheitert, weil sie eine Bewegung der Mitte und Intelligenzija war.

Bislang ist man Zeuge etlicher friedlicher Proteste der potenziell starken Lehrerzunft und der Arbeiterschaft, insbesondere der Minenarbeiter gewesen, die ob der sehr schlechten materiellen Lage laut wurden.

Das zivilgesellschaftliche Potenzial ist als effektives Druckmittel durchaus vorhanden. Es bedarf lediglich der Gestaltung, der Organisation und Möglichkeiten zur Vernetzung. Das haben die Reformer (auch aus den Reihen der Zivilgesellschaft) bisher ignoriert. Weder Khatami noch andere prominente, jedoch weniger bekannte Reformer haben bislang solche Proteste unterstützt oder sich für ihre Belange eingesetzt.

Irans Zivilgesellschaft muss sich finden und formieren, notfalls ohne die dem Regime loyalen "Reformer". Sehr viel Zeit verbleibt nicht. Sechs US-Präsidenten hat die Islamische Republik überlebt, der siebte hat was vor. Denn in Washington sitzt ein neuer Sheriff, der nicht scherzt.