Salafisten greifen syrisches Kurdengebiet an
Milizen beklagen Einsatz irakischer Panzer
Der salafistischen Terrorgruppe "Islamischer Staat" gelang es im letzten Monat, große Teile des Irak und Ostsyriens unter ihre Kontrolle zu bringen. Nun versuchen die Salafisten das syrische Kurdengebiet zu erobern. Dort hat sich nach dem Ausbruch des Bürgerkrieges eine Regionalregierung unter Führung der PKK-nahen Kurdenpartei Partiya Yekitîya Demokrat (PYD) etabliert, an der sich die Christenpartei Suryoye und einige kleinere arabischen Blockparteien beteiligten.
Zentrum der Angriffe ist das Gebiet Zor Mixar im Westen von Kobanê. Dieses Areal liegt zwischen dem westlichen Kurdenkanton Efrîn und dem an der Grenze zur irakischen Kurdenregion gelegenen Cizîrê. Dort hatte die damals noch unter dem Namen "Islamischer Staat Irak und Levante (ISIL) firmierende Terrororganisation bereits im Frühjahr angegriffen, war aber nicht weit gekommen. Nun beklagen die Kurden, dass die Salafisten über mindestens zehn Panzer verfügten, die sie im Juni von der flüchtenden irakischen Armee übernahmen. Damit soll es ihnen gelungen sein, innerhalb weniger Tage mehrere Hundert kurdische YPG-Milizionäre zu töten.
Weil bei den Kämpfen auch mindestens neun Zivilisten ums Leben kamen, haben die YPG-Milizionäre angeblich begonnen, das Gebiet zu evakuieren. Wie viele Kurden und wie viele arabische Sunniten davon betroffen sind, ist unklar. Möglicherweise fürchtet man, dass Teile der arabischen Sunniten die Herrschaft der Salafisten denen der Kurden vorziehen und spionieren oder Sabotageakte begehen könnten.
Kobanê haben sich die Salafisten nach Angaben der YPG deshalb ausgesucht, weil sie damit die Verbindung zwischen dem westlichen und dem östlichen Kurdengebiet unterbrechen könnten. Anderen Berichten zufolge besteht solch eine Verbindung allerdings schon seit geraumer Zeit nicht mehr (beziehungsweise nur noch über türkisches Gebiet), weil die Salafisten westlich von Kobanê einen etwa 50 Kilometer langen Grenzabschnitt westlich des Übergang Dscharabulus und östlich der Stadt Kobanê ungefähr 100 Kilometer der syrischen Nordgrenze kontrollieren. In diesen Gebieten leben vor allem sunnitische Araber.
Anhänger der Terrorgruppe nennen ebenfalls einen Grund, warum sie Kobanê unterwerfen wollen: Auf einer auf sozialen Medien unter Fans des "Islamischen Staats" geteilte Karte umfasst das "Kalifat" ganz Zentralasien, die chinesische Provinz Xinjiang, die komplette arabische Halbinsel, den Iran, Pakistan, einen großen Teil Nordwestindiens, Südrussland bis zur Wolga und zum Don, Afrika bis hinunter nach Gabun und Tansania, die iberische Halbinsel und Südosteuropa bis hinauf zur Slowakei. Warum der "Islamische Staat" auch das auf der Karte wie ein Wurmfortsatz in das Gebiet der "Ungläubigen" hineinragende Nordtirol beherrschen will, ist unklar - vielleicht verwechseln es nicht ganz geografie- und geschichtsfeste Salafisten ja mit einem anderen "Heiligen Land".
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