Saudi-Arabien: Mit westlichem Kriegsgerät gegen Oppositionelle

Seite 2: Die Kämpfe in al-Awamia

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Bezeichnend ist, dass die Kämpfe in al-Awamia noch kaum an die größere Öffentlichkeit gedrungen sind. Wie es auch bezeichnend ist, dass Publikationen aus Katar wie al-Jazeera oder Middle East Eye, dessen Nähe zu Katar größer ist als zu Saudi-Arabien, vom "Krieg" in al-Awamia berichten. Im Fall von Middle East Eye sehr drastisch: Dort ist von "Schlächterei" die Rede oder davon, dass der Ort ähnlich zerstört würde wie Aleppo.

Es gibt auch einen aktuellen Bericht des britischen Independent, der von einer monatelangen Belagerung, von einer dramatischen Verschlechterung der Situation für die Bevölkerung, von Sniper-Feuer und Granatenbeschuss, von 12 bis 15 Toten berichtet und Fotos von Schutt-und Asche-Zerstörungen zeigt, deren Quellen Twitter-Accounts sind, die der saudischen Regierung, um es freundlich zu sagen, kritisch gegenüber stehen.

Verlässliche Informationen über das Geschehen in al-Awamia seien nicht zu bekommen, so der Independent. Es gibt keine Pressevertreter vor Ort, nur saudische Sicherheitskräfte und die Bewohner.

Kampf gegen Terroristen

Nach der offiziellen Version aus Riad kämpfen die Soldaten dort gegen Terroristen, die sich dort schon seit langer Zeit in unbewohnten alten Häusern verschanzt haben; man wolle mit dieser Bedrohung aufräumen. Die Häuser sollen geräumt werden, danach zerstört und ein ganzes Viertel neu aufgebaut werden.

Untermauert wird diese Sicht mit Berichten über Terroristen mit Verbindungen zu al-Awamia und Qatif wie zum Beispiel am Montag durch die vom saudischen Prinzenhaus finanzierte Zeitung Asharq al-Awsat. Oder vor einer Woche von der Saudi-Gazette.

Neuordnung einer Unruhezone mit militärischer Gewalt

Nach der inoffiziellen Sicht werden die mehrheitlich schiitischen Bewohner aus ihren Häusern mit Gewalt hinausgedrängt, um Platz für neue Häuser mit friedlicheren Bewohnern zu schaffen. Demnach steckt hinter der Angelegenheit ein Projekt der gewaltsamen Umsiedlung, um die Unruhezone zu befrieden. Hunderte seien bereits vor den Soldaten geflohen, die saudischen Sicherheitskräfte hätten dringliche Anweisungen an die Haustüren geheftet. Laut Reuters haben mehrere Tausend ihre Wohnung verlassen.

Vor kurzem geriet die saudische Führung unter internationalen Druck, weil 14 Todesurteile gegen Schiiten aus dem Osten des Landes, denen dünne Beweise zugrunde liegen, offiziell bestätigt wurden. Die zugrunde liegenden Gerichtsurteile waren auch von der UN kritisiert worden.

Anzumerken ist noch, dass, wie ein Mitglied der europäischen Organisation für Menschenrechte in Saudi-Arabien, Ali Adubasi, dem Independant gegenüber äußert es irrig wäre, wenn man die Konflikte im Osten Saudi-Arabiens einzig im Licht der Spannungen zwischen Schiiten und Sunniten begreifen will.

Als der bekannte Oppositionelle Nimr al-Nimr (auch aus al-Awamia) hingerichtet wurde (vgl. dazu Todesurteil gegen schiitischen Oppositionellen bestätigt), wurden außerdem noch 43 Sunniten mit dem Tode bestraft. Es geht um ein hartes Vorgehen gegen jede Opposition. Wenn nötig, auch mit westlichem Kriegsgerät.