Schlachtplatte für die Dreamcast
Record of Lodoss War ist eine schöne Diablo-Variante für Segas Dreamcast
In Record of Lodoss War wehrt sich der Held mit Waffen und Magie gegen eine zahlenmäßige Übermacht von Monstern, die aber zum Großteil in die Kategorie "Kanonenfutter" passen. Die Leichen, die den Weg des Helden pflastern, reichern gleichzeitig dessen Erfahrungsreichtum an, der sich in Rollenspielen traditionell als Punktezahl ausdrückt. Mit steigender Erfahrung wächst die Schlachtfertigkeit, Zähigkeit und magische Energie. Das klingt nach Diablo und sieht mit seiner isometrischen Ansicht auch sehr ähnlich aus.
Der Jäger- und Sammler-Aspekt, den Fans des Rollenspiel-Genres seit jeher zu schätzen wissen, kommt auch in Record of Lodoss War nicht zu kurz. Neben dem munteren Gemetzel darf der Held nämlich zahlreiche nützliche Gegenstände vom Dietrich über Schwert und Rüstung bis zu magischen Tränken und Schriftrollen aufsammeln.
Schnöder Mammon bedeutet dem Helden übrigens gar nichts. Statt dessen sammelt er Mithril, ein magisches Material, das schon Altmeister J.R.R. Tolkien kannte. Ausrüstung braucht der Held nicht kaufen: Der Schmied ist auch ohne Bezahlung hilfsbereit, benötigt aber für seine Arbeit Mithril, um Waffen zu härten, mit Magie zu versehen oder umzuwandeln. Gefundene Waffen und Rüstungen schmilzt der Schmied auf Wunsch ein, außerdem ist er in der Lage Gegenstände unter Einsatz von Mithrill zu kopieren.
Um die Ausrüstung magisch aufzupeppen, schmiedet der Schmied Runen in die Waffen oder Rüstungen. Auf seinen Reisen findet der Held immer neue Runen, deren unterschiedliche Kombinationen der Ausrüstung diverse Boni auferlegen. Der Spieler hat die Wahl, ob das Schwert lieber präziser trifft oder größeren Schaden anrichtet. Vor allem dank des Runensystems lohnt sich der häufige Besuch des Schmiedewerkstatt, in der zudem zwei Truhen für vorübergehend nicht benötigte Gegenstände stehen. Die Gegenstände werden im Verlauf des Spiels so mächtig, dass die Grundausstattung, die der Held in Form seiner eigenen Werte mitbringt in den Hintergrund tritt.
Damit der Held im Kampfgetümmel schnell einen rettenden Trank zur Hand hat, sind sechs Gegenstände jederzeit schnell erreichbar. Der Spieler wählt mit dem digitalen Steuerkreuz den Gegenstand aus und benutzt in mit der Y-Taste. Insgesamt ist die Steuerung von Record of Lodoss War so gut auf das Gamepad ausgelegt, dass man sich zwischendurch fragen mag, wozu Diablo so viele Tastenkürzel benötigt. Die A-Taste führt Aktionen aus, die B-Taste als Angriffstaste wird im Spielverlauf am stärksten beansprucht, die Y-Taste benutzt einen Gegenstand und mit der X-Taste spricht der Held einen magischen Spruch.
Wie bei den Gegenständen steht auch bei den Zaubersprüchen jeweils einer zur sofortigen Ausführung durch Druck auf die X-Taste bereit. Einen anderen Spruch sucht der Spieler aus, indem er länger auf die X-Taste drückt und anschließend die passende Tastenkombination eingibt. Den vielleicht wichtigsten Zauberspruch lernt der Held gleich zu Beginn des Spiels: Der Rückkehr-Zauber dient als Teleporter zwischen dem aktuellen Ort und der rettenden Siedlung. So kann der Held schnell dem Kampfgetümmel entfliehen, um seine Heiltränke wieder aufzufüllen und kurz darauf mit frischer Kraft zurück zu kehren. Damit die Macht des Rückkehr-Spruchs nicht zu stark wird, ist der Zauber an einigen Stellen blockiert. In den Siedlungen wie vereinzelt auch in der Wildnis stößt der Spieler auf Brunnen, mit denen er seine Heiltränke auffüllt, und Save Points, an denen er den Spielstand speichern kann, der stolze 61 Blöcke auf der Memory Card beansprucht.
Der Held muss im Kampf gegen das Böse nicht lange alleine sein Schwert schwingen. Bereits nach kurzer Zeit schließen sich ihm die geretteten Verbündeten an. Der Spieler braucht sich stets nur um die Steuerung des Protagonisten zu kümmern, die Mitstreiter kämpfen selbsttätig und verlieren auch bei komplexeren Gängen nicht den Anschluss.
Grafisch ist Record of Lodoss War in jeder Hinsicht gut gelungen: Die Landschaften sind atmosphärisch und liebevoll gestaltet, die Figuren sind gut animiert und die Umgebungseffekte wie Regen erhöhen das Spielvergnügen. Einziges Manko ist die gelegentlich auftretende Verlangsamung des Spielflusses bei zu großen Monstermassen. Die Verzögerungen trüben nicht nur den Spielgenuss, sondern erschweren auch die Steuerung. Akustisch überzeugen die Monster- und Schlachtgeräusche, die Schritte des Helden wirken allerdings äußerst hölzern und der musikalische Soundtrack ist mager. Die Schwierigkeit ist moderat, wobei der Held nicht wie in Diablo eine zweite Chance bekommt: Ein toter Held bedeutet "Game Over".
Spielerisch kann Record of Lodoss War voll überzeugen. Diejenigen, die Rollenspiele vom Typ "Diablo" mögen, kommen ganz und gar auf ihre Kosten. Eine tiefgreifende Story oder ein komplexes Kampfsystem würden eher stören: Record of Lodoss War ist für die Spieler, die action-basierte Kost mit Sammelreiz mögen. Wer Wert auf eine Hintergrundgeschichte und Fantasy-gerechte Kampfsysteme sowie rundenbasierte Kämpfe legt, ist an der Dreamcast mit Ubi Softs Grandia 2 besser bedient. Für alle anderen Fantasy-Freunde bietet Record of Lodoss War aber ein lang anhaltendes Sammel- und Schlachtvergnügen.