Schlafen Aliens auch? Forscher analysieren Biorhythmen auf Exoplaneten
Schlaf scheint selbstverständlich, aber auf vielen Planeten, auf denen Leben vielleicht möglich wäre, gibt es keine Tage und Nächte. Könnte es dort trotzdem gedeihen?
Die Milchstraße hat zwischen 100 Milliarden und 400 Milliarden Sterne.
Siebzig Prozent davon sind vergleichsweise winzige und kühle Rote Zwerge, die auch als M-Zwerge bezeichnet werden. Eine 2013 veröffentlichte detaillierte Exoplanetenstudie schätzt, dass 41 Prozent der M-Zwergsterne einen Planeten haben, der in ihrer habitablen Zone kreist, also in dem Abstand, in dem der Planet die richtige Temperatur für flüssiges Wasser hat.
Also könnten immerhin mindestens 28 Milliarden Planeten allein in den habitablen Zonen der M-Zwerge kreisen. Dabei sind andere Sterntypen wie unsere eigene gelbe Sonne nicht einmal berücksichtigt. Wir wissen allerdings (noch) nicht, ob es auf einem von ihnen tatsächlich Wasser gibt, geschweige denn Leben.
28 Milliarden M-Planeten in habitablen Zonen
Gesteinsplaneten, die in der bewohnbaren Zone eines M-Zwerges kreisen, werden M-Erden genannt. M-Erden unterscheiden sich in grundlegender Weise von unserer Erde. Zum einen sind M-Zwergsterne viel kleiner und kühler als unsere Sonne. Deshalb befindet sich die habitable Zone in unmittelbarer Nähe zu den Zwergsonnen, wodurch ihre Anziehungskraft auf etwaige Planeten ungleich stärker ist als bei den größeren Entfernungen in unserem Sonnensystem.
Die Schwerkraft des Sterns zieht auf der nahen Seite des Planeten stärker als auf der fernen Seite, wodurch Reibung entsteht, die der Drehung des Planeten über Äonen hinweg Widerstand entgegensetzt und sie verlangsamt, bis seine Umdrehung und Umlaufbahn synchronisiert sind. Dasselbe ist auch mit unserem Mond passiert, weshalb wir immer die gleiche Seite des Mondes sehen.
Das bedeutet, dass die meisten M-Erden wahrscheinlich gebunden rotieren, d. h. eine Hemisphäre ist immer ihrer Sonne zugewandt, während die andere immer im Dunklen liegt. Das Jahr eines solchen Planeten ist genauso lang wie sein Tag.
Proxima Centauri b
Solche Planeten mögen exotisch erscheinen, aber die meisten potenziell bewohnbaren Planeten sind wahrscheinlich genau so. Auch der erdnächste Exoplanet, Proxima Centauri b im vier Lichtjahre entfernten Alpha-Centauri-System, gehört wohl in diese Klasse der M-Erden.
Im Gegensatz zu unserer Erde haben die M-Erden also keine Tage, keine Nächte und keine Jahreszeiten wie wir sie kennen. Aber das Leben auf der Erde, von den Bakterien bis zum Menschen, hat zirkadiane Rhythmen, die auf den Tag-Nacht-Zyklus abgestimmt sind.
Der Schlaf ist nur der offensichtlichste dieser Rhythmen. Der zirkadiane Zyklus beeinflusst die Biochemie, die Körpertemperatur, die Zellregeneration, das Verhalten und vieles mehr.
Schlafen ohne Tagesrhythmus?
Wir wissen nicht genau, wie wichtig Zeiten der Inaktivität und Regeneration für das Leben sind. Vielleicht können Lebewesen, die sich ohne zyklische Zeitabläufe entwickelt haben, einfach weitermachen, ohne sich ausruhen zu müssen.
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Doch auch in den lichtlosen Lebensräumen der Erde, tief unterirdisch oder auf dem Meeresgrund, leben Organismen, die uns eine Vorstellung davon geben, wie außerirdisches Leben ohne zirkadianen Rhythmus aussehen könnte.
Als Anhaltspunkt für unsere Spekulationen können wir Höhlenbewohner, Tiefseelebewesen und Mikroorganismen in dunklen Umgebungen wie der Erdkruste ansehen.
Biorhythmus für Temperatur und Niederschlag
Viele dieser Lebensformen haben einen Biorhythmus, der auf andere Reize als Licht reagiert. Nacktmulle verbringen ihr ganzes Leben unter der Erde und sehen nie die Sonne, aber sie haben zirkadiane Uhren, die auf die täglichen und saisonalen Zyklen von Temperatur und Niederschlag abgestimmt sind.
Tiefseemuscheln und Garnelen in hydrothermalen Schloten synchronisieren sich mit den Gezeiten des Meeres. Bakterien, die im menschlichen Darm leben, synchronisieren sich mit den Melatoninschwankungen in ihrem Wirt. Melatonin ist ein Hormon, das der Körper als Reaktion auf die Dunkelheit produziert.
Alle diese Beobachtungen deuten darauf hin, dass Biorhythmen einen intrinsischen Nutzen für Lebewesen haben.
Klimamodelle für erdähnliche Exoplaneten
The Conversation weist auf jüngste Forschungsergebnisse hin, die zeigen, dass M-Erden Zyklen haben könnten, die Tage und Jahreszeiten ersetzen. Also haben Wissenschaftler Klimamodelle erstellt, um zu simulieren, wie die Umwelt auf einer M-Erde aussehen könnte, zum Beispiel auf Proxima Centauri b.
In diesen Simulationen erzeugt der Kontrast zwischen Tag- und Nachtseite schnelle Windstöße und atmosphärische Wellen, ähnlich denen, die die Jetstreams auf der Erde zum Mäandern bringen. Wenn solch ein Planet Wasser hat, bildet die Tagseite wahrscheinlich dicke Wolken voller Blitze.
Die Wechselwirkungen zwischen Winden, atmosphärischen Wellen und Wolken können das Klima zwischen verschiedenen Zuständen hin- und herbewegen und regelmäßige Zyklen von Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Niederschlag verursachen.
Überraschungen sind gewiss
Die Länge dieser Zyklen variiert je nach Planet von einigen Dutzend bis zu Hunderten Erdtagen. Vielleicht würde das Leben auf solchen M-Erden einen mit diesen Zyklen synchronisierten Biorhythmus entwickeln.
Vielleicht würde die Evolution aber noch seltsamere Lösungen finden. Wir können uns Arten ausdenken, die auf der Tagseite des Planeten leben und auf die Nachtseite wandern, um sich auszuruhen und zu regenerieren: Eine zirkadiane Uhr im Raum statt in der Zeit.
Wenn dort draußen Leben existiert, wird es wohl unsere Annahmen auf den Kopf stellen – und zwar hauptsächlich die, von denen wir nicht wussten, dass wir sie unserem Weltbild zugrunde legen. Die einzige Gewissheit ist, dass es Überraschungen geben wird.
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