"Schlimmer als eine Kopfsteuer"

Der neue britische Medienminister John Whittingdale hält nicht viel von der BBC-Lizenzgebühr

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Der Tory-Abgeordnete John Whittingdale ist seit 11. Mai im neu aufgestellten Kabinett Cameron Minister für Kultur, Medien und Sport. Einige seiner Äußerungen lassen erwarten, dass sich unter seiner Amtszeit mehr verändern könnte als unter der seines Vorgängers Sajid Javid.

Dazu zählt vor allem die Bemerkung, die BBC-Lizenzgebühr sei in ihrer derzeitigen Form "worse than a poll tax" - "schlimmer als eine Kopfsteuer". Diese "roheste und unvollkommenste Art der Personalsteuer" (wie sie der Brockhaus 1908 beschrieb), die "ohne Unterschied und ohne Rücksicht auf die größere oder geringere Leistungsfähigkeit" gezahlt werden muss, wurde in der Vergangenheit vor allem "unterworfenen Völkerschaften auferlegt" und steht, so das Konversationslexikon "überhaupt in engem Zusammenhang mit der Unfreiheit".

Diesen schlechten Ruf hat die Kopfsteuer auch in Großbritannien, wo Margaret Thatcher 1990 über ihren Umbau der Kommunalsteuer in eine Poll Tax stürzte (deren Zahlung von 18 Millionen Briten verweigert wurde). Gut 600 Jahre zuvor hatte die massenhafte Verweigerung einer Kopfsteuer zur Finanzierung militärischer Abenteuer in Frankreich dazu geführt, dass die Köpfe von Adeligen und Klerikern in England nicht nur metaphorisch rollten.

Allerdings ist die britische BBC-Lizenzgebühr insofern nicht schlimmer als eine Kopfsteuer, als sie nur von denjenigen Briten gezahlt werden muss, die ein Fernsehgerät besitzen. Ein Farbfernseher kostet jährlich umgerechnet 145,50 Pfund an Gebühren, ein Schwarzweißgerät 49. Für Senioren über 75 zahlt die Regierung die Lizenzgebühr an die BBC. Im letzten Haushaltsjahr lagen die Gesamteinnahmen aus dieser Lizenzgebühr bei 3,7 Milliarden Pfund.

Grundlage für die Gebührenerhebung ist die BBC Charta - ein staatliches Privileg, das nicht unbegrenzt läuft, sondern regelmäßig neu ausgestellt werden muss. Die aktuell gültige Charta läuft am 31. Dezember 2016 ab - in gut eineinhalb Jahren.

John Whittingdale. Foto: Department for Culture, Media & Sport. Lizenz: OGL v3.0

Deshalb muss die BBC mit dem Medienminister über ein Nachfolgeprivileg verhandeln. Schon jetzt steht fest, dass die Regierung von ihr verlangt, sparsamer zu wirtschaften und weniger Geld auszugeben. Was Whittingdale sonst noch fordern und akzeptieren wird, steht noch nicht fest.

Im letzten Jahr hatte der damalige Vorsitzende des Parlamentsausschusses für Kultur, Medien und Sport vorschlagen, dass man die Gebührenhöhe nach dem Einkommen staffelt und einen Teil davon nutzungsabhängig erhebt. Die Vorstellung, dass jeder Brite die BBC nutzt, sei - so Whittingdale damals - angesichts von Streaming und anderen Entwickungen "immer weniger zutreffend". Die BBC-Führung hatte sich darauf hin grundsätzlich offen für die Idee gezeigt, Teile ihres Programms hinter Bezahlschranken anzubieten.

Anders als in Deutschland muss die BBC als öffentlich-rechtlicher Sender außerdem nachweisen, dass die von ihr produzierten und gesendeten Programme entweder "hochklassig", "originell", "innovativ", "anspruchsvoll" oder "sehr beliebt" sind. Ist keines dieser Kriterien erfüllt, darf weder Zeit noch Geld für ein Vorhaben verschwendet werden. Das erklärt den oft augenfälligen Unterschied zu ARD und ZDF.

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