Schwarzarbeit wird verwaltet

Die neu geschaffene "Finanzkontrolle Schwarzarbeit" scheint vor allem tätig zu werden, wenn das Fernsehen da ist

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Der Zoll hat ein Problem. Er soll Schwarzarbeit bekämpfen, die dafür zuständigen Einheiten sind aber nicht der Fahndung, sondern der Finanzverwaltung unterstellt. Und diese Zollverwaltung will genau das tun, was sie prima kann: verwalten, vor allem sich selbst. Schwarzarbeit müsste aber eigentlich bekämpft werden. Auf dieses Dilemma hat nun auch der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei Freiberg hingewiesen. Ändern wird das wahrscheinlich nicht viel.

Action nur fürs Fernsehen

Angeblich, so die Berechnungen des - nicht unumstrittenen, aber von deutschen Politikern und Medien gleich hoch geschätzten - Linzer Ökonomen und Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Friedrich Schneider sind es in diesem Jahr wieder 364 Milliarden Euro, die mit Schwarzarbeit am deutschen Fiskus vorbei erwirtschaftet werden. Selbst wenn es weit aus weniger, beispielsweise nur ein Zehntel sein sollte, so würden 36,4 Milliarden Euro verlorene Steuereinnahmen schon etwas mehr Aktivität rechtfertigen, als derzeit von den rund 4.000 Mitarbeitern der "Finanzkontrolle Schwarzarbeit" entwickelt werden. Denn so richtig Action findet in der Schwarzarbeitsbekämpfung fast nur noch dann statt, wenn ein Fernsehteam im Einsatz ist. So zuletzt am 1. Oktober in der ARD. Unermüdlich waren dort die Beamten des Kieler Hauptzollamtes im Einsatz. Zitat aus dem ARD-Text:

Selbst am Wochenende sind die Fahnder von der Finanzkontrolle Schwarzarbeit aktiv, denn dann werden in so genannter Nachbarschaftshilfe ganze Neubaugebiete hochgezogen. Operation Schwarzarbeit - eine Reportage über eine Eingreiftruppe, die in einer Boom-Branche zum Einsatz kommt - in der Schattenwirtschaft.

Tatsächlich sind die Damen und Herren von der "Finanzkontrolle Schwarzarbeit" überwiegend mit Verwaltungsaufgaben beschäftigt, oder mit der Ausbildung der seit 1. Januar 2004 zu ihnen überführten 2.500 ehemaligen Mitarbeiter des Arbeitsamtes (Mit dem Dienstwagen zur Fahrschule und dann schießen lernen). Das liegt nicht etwa an deren Motivation, sondern an der politischen Vorgabe. Denn einerseits wurde extra ein neues Gesetz geschaffen, um die Schwarzarbeit künftig besser zu bekämpfen. Mit dessen Umsetzung sollten sogar "ab 2004 jährlich eine Milliarde Euro an Mehreinnahmen erzielt werden".. Doch an der Umsetzung darf gezweifelt werden.

Sicher ist bisher nur, dass es mehr Bürokratie gibt. So fragt denn auch Konrad Freiberg, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP), ob die "Bekämpfung der Schwarzarbeit nur vorgetäuscht" werden soll? Zur Begründung heißt es in seiner Presseerklärung:

Derzeit wird der Bevölkerung durch Medienkampagnen und der Präsenz von "grün-weißen Streifenwagen" vermittelt, dass die Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung energisch bekämpft wird. Die Äußerungen aus dem Bundesfinanzministerium gegenüber fachkundigen Interessenvertretungen zeigen jedoch deutlich, dass an tatsächlichen größeren Erfolgen kein Interesse besteht.

Riesenbehörde nur Hilfsorgan der Landespolizei?

Die GdP zitiert dazu aus einem Schriftwechsel zwischen Finanzminister Hans Eichel und dessen Kollegin, der Bildungsministerin Edelgard Bulmahn, in dem Eichel schreibt:

Der Arbeitsbereich der Finanzkontrolle Schwarzarbeit hat keine eigenständige (bundes)-polizeiliche Aufgabe, sondern ergänzt und unterstützt die für die Verfolgung und Verhütung von Straftaten zuständigen Strafverfolgungsbehörden der Länder - namentlich insbesondere die Polizei- und Steuerfahndungsbehörden - bei deren nach dem Grundgesetz zugewiesenen Aufgaben.

Die GdP fragt sich nun, was die Bundesregierung mit ihrer neugeschaffenen, auf immerhin 7.000 Personen anwachsende "Finanzkontrolle Schwarzarbeit" eigentlich will? Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz in Hannover warfen GdP und IG Bau dem Bundesfinanzministerium vor, lediglich eine "Symbolpolitik" zu betreiben.

Sollte das BMF eine entschiedene Bekämpfung der Schwarzarbeit als Konjunkturbremse ansehen, wird verständlich, warum es dem BMF mehr auf den Transport einer Botschaft ankommt, als auf die effektive Bekämpfung der Schwarzarbeit. Die Symbolpolitik hält erneuten Einzug in die Kriminalitätsbekämpfung beim Zoll.

Die Dummen, so die Kritik der beiden Gewerkschaften, seien einerseits die Bürger und andererseits die Beschäftigten der "Finanzkontrolle Schwarzarbeit" (FKS):

Die brav Abgaben und Steuern zahlenden Bürger müssen nach wie vor ansehen, dass am Fiskus Milliarden Euro vorbei geschleust werden. Die FSK-Ermittler, die nicht nur das Gesetz vollziehen sollen, sondern sogar konkret "Schadenssummen erwirtschaften" sollen, fehlen dafür weitgehend die personellen und organisatorischen Voraussetzungen.

Die Gewerkschaften befürchten nun, dass durch das Inkrafttreten des Schwarzarbeitbekämpfungsgesetzes und der Übertragung der grundsätzlichen Zuständigkeit auf den Zoll noch eine weitere Gefahr drohe. Unter dem Druck des allgemeinen Sparzwangs könnten sich die Länder veranlasst sehen, bisherige Ermittlungsgruppen der Länderpolizeien aus der Verfolgung derartiger Delikte zurückzuziehen.

Die kürzlich trotz desolater Haushaltslage 300 neuen Dienstfahrzeuge dienten mehr als "Werbeplakat" als der tatsächlichen Kriminalitätsbekämpfung. Etliche der Wagen seien nicht einmal mit Funk ausgestattet. Selbst wenn es Funk gebe, fehle eine zentrale Leitstelle als Ansprechpartner. So kommt es vor, dass Zollbeamte den ganzen Tag mit ihren Kleinbus durch die Lande fahren, ohne auch nur einmal auszusteigen oder eine tatsächliche "Schwarzarbeitskontrolle" durchzuführen. Das Konzept der Zollbürokraten bezeichnet die bloße Präsenz der Fahrzeuge bereits als Prävention gegen mögliche Schwarzarbeit. Beamte im Bereich der FKS lassen ihrem Frust im Diskussionsforum der GdP freien Lauf.

Es vergeht ja derzeitig keine Woche, wo nicht diverse Reportagen sowie Zeitungsberichte in diversen Sendern, bzw. Zeitungen auftauchen und die Arbeit des zahnlosen Tigers, auch FKS genannt, beschreiben und so darstellen wie es sich die Herren im BMF wünschen. Anstatt jedoch das bestehende Potenzial der FKS zu nutzen und dieses auch ernsthaft auszubauen werden wir immer mehr zum Gespött beim Bürger sowie bei anderen Behörden. Wurde denn schon ernsthaft festgestellt, dass Schwarzarbeiter vor unseren grün-weissen Einsatzfahrzeugen weggerannt sind bzw. Arbeitgeber sich selbstangezeigt haben ?

...Seit der Neustrukturierung im Januar diesen Jahres scheinen wir uns nur noch selbst zu verwalten, angetrieben durch unsinnige Statistiken für die Statisten der InKo FKS (Anm.: eine Artbundesweiter Koordinierungsbehörde der Zollverwaltung) in Köln und der einzigen Sorge von Herrn Eichel, dass nicht genügend Mehreinnahmen durch die FKS erzielt werden. Beim durchlesen der Zeitung "Die Welt" stieß ich auf zwei Berichte über die Bekämpfung der Schwarzarbeit. So wird u.a. beschrieben, daß wir durch banale Maßnahmen haufenweise Schwarzarbeit aufdecken würden und seit Januar Hand in Hand mit den Beschäftigten der Bundesanstalt f. Arbeit zusammenarbeiten würden. Dadurch wäre unsere Arbeit so effizient geworden, daß sich quasi unsere Erfolge überschlagen würden. Falls es eine FKS gibt, die nicht nur effizienter geworden ist, sondern auch erfolgreich die Schwarzarbeit bekämpft, würde ich gerne wissen wo sich dieser Standort befindet. Mir ist eigentlich nur aufgefallen, daß wir uns nur noch selbst verwalten. Auch die Feststellung, daß Herr Eichel zusätzliche Mehreinnahmen aus Steuern u. Sozialbeiträgen von einer Milliarde € erhofft sind mehr als utopisch.

Der Autor dieser Überlegungen nennt sich im GdP-Forum "Magengeschwuer"