Schweden: Wie die Regierung Löfven über Mietpreise stürzte

Seite 2: Wie geht es weiter nach dem Misstrauensvotum?

Als Stefan Löfven versuchte, nach der Wahl im Herbst 2018 eine Regierung zu bilden, dauerte es vier Monate. Er hat nun eine Woche Zeit, sich zu entscheiden, ob ein neuer Versuch aussichtsreich ist oder ob er Neuwahlen ausruft. Unter den heutigen Verhältnissen scheint es noch schwieriger, noch einmal eine Mehrheit zusammenzubekommen. Sozialdemokraten und Grüne würden die Mietpreisfrage zwar leichten Herzens ad acta legen und somit der Linkspartei entgegenkommen.

Doch die Deregulierung der Mietpreise ist ein Herzensprojekt sowohl der Zentrumspartei als auch der Liberalen. Dies sei notwendig, um Wohnungsbau attraktiver zu machen und die Wohnungsnot insbesondere in Stockholm zu lindern.

Die Liberalen – jene Partei, deren ehemaliger Vorsitzender die Linkspartei ausgrenzen wollte – haben sich unter der amtierenden Vorsitzenden Nyamko Sabuni zudem neu orientiert. Man habe das Januarabkommen zwar erfüllen wollen. Die Partei stimmte deshalb auch nicht gegen Löfven.

Grundsätzlich sehe man aber seine Vorstellungen in einer bürgerlichen Regierung besser umgesetzt, auch wenn diese von den Schwedendemokraten gestützt werde. Diese Chance komme nun schon vor der regulären Wahl Herbst 2022. Es habe sich gezeigt, dass es keine Mehrheit für das Januarabkommen gebe.

Ohne die Liberalen wird es für Löfven schon rechnerisch schwierig. Es gibt zwei parteilose Abgeordnete, auf die er aber nicht zählen kann.

Annie Lööf, die Vorsitzende der Zentrumspartei, sah in dem Misstrauensvotum den Anlass dazu, gegen den "Einfluss von Parteien vom äußeren Rand" zu wettern - rechts wie links. Ulf Kristersson von den Moderaten, der potenzielle Ministerpräsident des rechts-bürgerlichen Lagers, nutzte dagegen jede Gelegenheit, um darauf hinzuweisen, dass das eben dabei herauskomme, wenn man nicht mit allen Parteien rede.

Dabei ging es ihm weniger um die Linkspartei, sondern um die Schwedendemokraten. Denn inzwischen reden die Moderaten und Christdemokraten mit den früher tabuisierten Schwedendemokraten. Sie können sich vorstellen, eine bürgerliche Regierung zu bilden und von den Schwedendemokraten unterstützen zu lassen. Allerdings hatten auch Kristersson und die Christdemokraten-Vorsitzende Ebba Busch immer wieder betont, man werde sich von den Schwedendemokraten nicht die Inhalte diktieren lassen. Deren Vorsitzender Jimmie Åkesson wiederum hatte stets klargemacht, dass es keine Unterstützung ohne Einfluss gebe.

Bei den aktuellen Mehrheitsverhältnissen hätte Kristersson aber nur eine Chance, wenn sich Annie Lööf und die Zentrumspartei wieder dem bürgerlichen Lager zuwenden, was nach jetzigem Stand nicht sehr wahrscheinlich ist. Als letzter Ausweg bleiben Neuwahlen, die in Schweden Extrawahlen heißen.

Denn die Verfassung sieht nur feste Mandatsperioden vor. Selbst wenn es im Herbst zu Wahlen käme, müsste deshalb im Herbst 2022 erneut gewählt werden. Zwei Parteien haben besonders wenig Grund, Neuwahlen anzustreben: Nach den jüngsten Meinungsumfragen befinden sich die Liberalen zurzeit unter der in Schweden geltenden Vier-Prozent-Hürde, und auch die Umweltpartei kann sich nicht darauf verlassen, dass sie erneut im Parlament vertreten ist.

Was sagen die Wähler zu dem aktuellen politischen Theater? Gewinnt die Linkspartei an Glaubwürdigkeit, weil sie zu ihren Inhalten steht, oder nimmt man ihr die Aktion übel, weil nun ausgerechnet zu Mittsommer und der Ferienzeit das Chaos ausgebrochen ist? Das wird auch darauf ankommen, wie der nächste Akt aussieht.

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