Schweden: "Wir werden niemals aufgeben"
Weil die Welt unsicherer geworden und Schweden bedroht sei, wurde eine Broschüre mit Ratschlägen für den Ernstfall an alle Haushalte versandt, die Warnung vor Desinformation durfte auch hier nicht fehlen
Es hat den Anschein, als würden demokratische Regierungen allmählich wieder wie im Kalten Krieg mehr darauf setzen, den Menschen Angst vor einer Veränderung zu suggerieren, als Vorschläge zu machen, was anders werden soll. Ist ja auch einfacher, vor Beeinflussungskampagnen oder Desinformation oder Fake News zu warnen, als das Misstrauen mit wirklichen Reformen zu überwinden. Auch Schweden, das noch immer nicht der Nato beigetreten ist, aber damit stärker denn je liebäugelt, scheint mit den übrigen Nato-Staaten seit dem Ukraine-Konflikt wieder in die Zeiten des Kalten Kriegs zurückzukehren.
Es wird aufgerüstet, es werden groß Manöver durchgeführt, die Wehrpflicht wurde wieder eingeführt, und mitunter werden bedrohliche Gespenster in Form russischer U-Boote gesichtet, was sich als Irrtum oder als Fake News entpuppte (Enten und U-Boote). Als Schweden es wagte, den Atomverbotsabkommen zuzustimmen, drohte das US-Verteidigungsministerium gleich mit dem Abbruch der militärischen Kooperation. Schweden gab klein bei.
Schon im Dezember machte das schwedische Verteidigungsministerium deutlich, dass man sich bedroht sieht, weswegen noch mehr Geld in die Verteidigung investiert werden müsse. Der Wehretat müsse ebenso verdoppelt werden wie die Zahl der Soldaten. Damit folgt man Trumps Diktat, will aber auch eine "glaubwürdige Abschreckung" anstreben, fragt sich nur, ob das Russland beeindrucken würde, das auch hier als Hauptfeind gilt. Russland habe in Georgien, auf der Krim und in der Ostukraine gezeigt, dass es willens ist, militärische Gewalt einzusetzen, zudem werde die Ostsee zu einem "geostrategischen Kreuzungsgebiet". Und überhaupt werde die Welt unsicherer, während die Grenze zwischen Krieg und Frieden verschwimme (Militär fordert Verdopplung des Verteidigungsbudgets).
Desinformation so gefährlich wie Terroranschläge
Jetzt gab die schwedische Zivilschutzbehörde eine Broschüre "Wenn eine Krise oder ein Krieg kommt" heraus, mit der die Bedrohung - eben vor allem durch die "russische Gefahr" in Form eines Krieges oder eines Cyberwar - noch einmal beschworen wird, auch wenn man damit eigentlich nur die schwedischen Bürger dazu anleiten will, Sicherheitsmaßnahmen für den Notfall eines Kriegs oder anderer Katastrophen zu treffen. Die Broschüre wurde an alle Haushalte Schwedens geschickt. Unterstellt wird im Vorwort der Regierung, dass sich viele Bürger angesichts der unsicheren Weltlage ängstlich fühlen würden. Zwar sei Schweden sicherer als viele alle Länder, aber es gebe doch Bedrohungen: "Jeder, der in Schweden lebt, nimmt an einer kollektiven Verantwortung für die Sicherheit und den Schutz unseres Landes teil." Daher sei die Vorbereitung für einen Ernstfall "ein Beitrag zur Verbesserung der Fähigkeit des Landes als Ganzes gegenüber einer großen Belastung".
Vorstellen solle sich jeder, wie er damit zurechtkommen würde, wenn wichtige Funktionen in der Gesellschaft nicht mehr funktionieren, wenn die Heizung nicht mehr geht, die Lebensmittel ausgehen, kein Wasser mehr da ist oder das Internet ausfällt. Nicht fehlen darf zu Beginn auch die Warnung vor Desinformation, die Staaten und Organisationen bereits einsetzen würden, "um unsere Werte oder unsere Handlungen zu beeinflussen". Ziel sei es etwa, den Willen, sich zu verteidigen, zu reduzieren. Man solle Informationen überprüfen, ob sie wahr sind oder nicht, und nicht an Gerüchte glauben oder diese verbreiten. Auch der Hinweis fehlt nicht, sich an verlässliche Quellen zu halten. Welche das sind, wird nicht genannt. Versuche, die Entscheidungen der schwedischen Bürger und Politiker zu beeinflussen, bringen, so wird suggeriert, dieselbe Gefahr mit sich wie Cyberangriffe, Terroranschläge, Sabotage der kritischen Infrastruktur
Neben Tipps, wie man sich bei einem Terroranschlag verhalten soll, steht ein Kriegsfall im Zentrum. Man habe das in letzter Zeit vernachlässigt und sich eher auf Überschwemmungen oder Cyberangriffe konzentriert. Aber die Welt habe sich verändert. In Schweden, so wird den Bürgern gesagt, bestehe eine Pflicht, zur "totalen Verteidigung" beizutragen, womit die militärische und zivile gemeint ist. Jeder zwischen 16 und 70 Jahren könne dazu herangezogen werden, wird klar gestellt.
Empfohlen wird, sich durch Vorräte an Lebensmitteln und Trinkwasser auf Krisen und Kriege vorzubereiten. Dazu gehören auch Decken, Schlafsäcke, warme Kleidung, Kerzen, Streichhölzer und Gasheizer für die kalte Jahreszeit. Zur Kommunikation wird zum Horten von Batterien, einem Batterien- oder Solar-Radio, einem Auto-Auflader fürs Smartphone und einer Liste mit wichtigen Telefonnummern geraten. Bargeld, Benzin im Tank, Medikamente oder Mittel zur Desinfektion der Hände. Überhaupt, sei eine Notfallkiste gut.
Und martialisch heißt es, was jeder Schwede wohl verinnern sollte: "Wenn Schweden von einem anderen Staat angegriffen wird, werden wir niemals aufgeben. Jede Information mit dem Inhalt, dass der Widerstand eingestellt werden soll, ist falsch."