Schwere Niederlagen für beide sozialdemokratischen Parteien

Seite 2: Warum Ernst Thälmann von der AfD genutzt wird

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Dass es sich bei der Frage, wie sich die Linke künftig ausrichten soll, nicht um eine akademische Debatte handelt, zeigen zwei Ereignisse im Wahlkampf der letzten Wochen.

Da hatte die AfD ein Plakat drucken lassen, auf dem sie behauptet, der KPD-Vorsitzende Ernst Thälmann hätte diese Partei gewählt. Die traditionelle Linke, die sich auch als Erbverwalter Thälmanns sieht, reagierte mit Empörung und sprach vom Missbrauch.

Dabei wurde aber ausgeblendet, dass auf dem kritisierten AfD-Plakat ein nationalistisches Thälmann-Zitat steht, in dem er sich mit Stolz zu Deutschland bekennt. Auch die Thälmann-Enkelin distanziert sich in einem Interview in der jungen Welt klar von der Vereinnahmung ihres Großvaters durch die AfD, nicht aber vom Zitat. Und niemand stellt infrage, ob das Zitat auch tatsächlich von Thälmann stammt. Hat man da Angst, noch Wähler nach rechts zu verlieren?

Sahra Wagenknecht oder Sarah Rambatz?

Die zweite Episode macht noch mehr deutlich, wie schwierig es in der Linken ist, wenn schon nicht selber eine anti-nationale Position einzunehmen, so zumindest eine Kandidatin zu verteidigen, die deswegen von Rechten angegriffen wurde. Es handelt sich um die junge Linke Sahra Rambatz, die auf einen eigentlich geschlossenen Internetforum nach Filmen, "in denen Deutsche sterben", gefragt hat (siehe dazu: Rechter Diskurs im Wahlkampf).

Sie wurde zum Ziel eines Shitstorms von Rechten, bekam sogar Mord- und Vergewaltigungsdrohungen. Obwohl sie die Filmanfrage als dumm bezeichnete, distanzierten sich maßgebliche Politiker ihrer eigenen Partei von ihr und der Lafontaine-Anhänger Fabio De Masi bekam "das Kotzen", nicht wegen der Drohungen gegen Rambatz, sondern wegen ihrer nichtöffentlich geäußerten Filmvorlieben.

Dass es die Linke nicht fertigbringt, sich vor die von rechts angegriffene Sarah Rambatz zu stellen und deren Filmvorlieben zur Privatsache zu erklären, ist ein Armutszeugnis. Zumindest hat die Linksjugend Bayern genug politische Courage bewiesen und sich hinter die Angegriffene gestellt. Dort wurde auch noch sehr moderat an der Partei Kritik geübt.

Versucht man zusammen mit Sarah einen Weg zu finden, um sich bei den Leuten zu entschuldigen, ihnen klarzumachen, dass sie natürlich keine Irre ist, die einen Massenmord an Deutschen will, sich im Wahlkampf stark engagiert hat und für politisch sinnvolle Positionen einsteht, die nichts mit diesem schlechten Scherz zu tun haben?

So könnte man auf vernünftige und denkende Leute eingehen, also die Menschen, welche die Linken wählen, sich bei ihnen entschuldigen und dann in der Partei gemeinsame Konsequenzen ziehen. Oder lässt man Sarah fallen, überlässt sie alleine dem Mob im Internet und bestärkt diesen noch? Dieser zweite Weg wurde offensichtlich gewählt, und das verurteilen wir aufs Schärfste. Wir sind wirklich enttäuscht. Nicht nur weil unsere Genossin hier dem stumpfen Hass überlassen wurden, sondern auch weil dieser ganze Shitstorm wesentlich anders abgelaufen wäre, wenn es bedachte und gut abgewogene Reaktionen gegeben hätte.

Linksjugend Bayern

An dieser Frage zeigt sich, wie groß doch die Unterschiede in der Linken sind. Es geht dabei nicht um Sarah Rambatz, sondern um die Frage, ob man eher die AfD-Wähler zurückgewinnen will. Dann wird man nicht ein nationales Thälmann-Zitat kritisieren und dafür eine Kandidatin fallen lassen, weil sie eine von ihr selbst als dumm bezeichnete Äußerung im Internet gemacht hat. Oder man sieht diejenigen als Zielgruppe, die Angst vor der AfD haben. Die Linke muss sich in dieser Frage bald positionieren.

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