Selbstläufer in Sachen Rundfunkgebühren
Ab Januar 2007 werden Rundfunkgebühren für "neuartige Empfangsgeräte" fällig. Ein Kommentar zum Beschluss der Ministerpräsidenten
Politiker müssen auch unpopuläre Entscheidungen treffen - das gehört zu ihrem Job. Im Fall der am Donnerstag von den Ministerpräsidenten endgültig verabredeten Erhebung von Rundfunkgebühren für Internetcomputer und Handys mit Internetzugang ab Januar des kommenden Jahres, haben die Länderchefs allerdings einen absurden Beschluss gefasst, der sachlich nicht zu begründen ist.
Eigentlich war die öffentliche Diskussion und verbreitete Aufregung in den vergangenen Wochen überflüssig. Im Rundfunkgebührenstaatsvertrag ist bereits seit zwei Jahren festgeschrieben, dass "für neuartige Rundfunkempfangsgeräte (insbesondere Rechner, die Rundfunkprogramme ausschließlich über Angebote aus dem Internet wiedergeben können)" grundsätzlich Gebühren zu entrichten sind. Lediglich eine Zusatzklausel - das zuletzt viel zitierte Moratorium - hatte die Gebührenpflicht für Computer und Handys bis zum Ende dieses Jahres ausgesetzt. Für eine weitere Verlängerung dieses Moratoriums, so wie es Schleswig-Holstein gefordert hatte, oder gar für eine grundsätzliche Aufhebung der Klausel wäre die Zustimmung aller Landesparlamente erforderlich gewesen. Das wäre politisch wohl kaum durch- und umsetzbar gewesen.
Also sind die Länderchefs den Weg des geringsten politischen Widerstandes gegangen, in dem sie an der bestehenden Regelung festhielten, wobei - wie von den ARD-Intendanten vorgeschlagen - lediglich 5,52 Euro monatlich als so genannte Grundgebühr für den Radioempfang per Computer oder Handy erhoben werden sollen und nicht die volle Rundfunkgebühr von 17,03 Euro, die auch den Fernsehempfang beinhaltet. Die Entscheidung in Sachen Rundfunkgebühren war von Anfang an ein Selbstläufer. Die notwendige Diskussion wurde vor zwei Jahren verpasst, bevor diese absurde Regelung in den Staatsvertrag aufgenommen wurde.
Sachlich ist der Beschluss der Ministerpräsidenten ohnehin nicht zu begründen. Beispielsweise sollen Selbstständige, die in vielen Teilen Deutschlands bereits verpflichtet sind, ihre Umsatzsteuererklärungen über das Internet abzugeben, nun auch noch für öffentlich-rechtliche Radioprogramme zahlen, selbst wenn an ihren Internetcomputern weder Soundkarten eingebaut noch Lautsprecher angeschlossen sind. Dabei haben mehrere in letzter Zeit veröffentlichte Studien einrucksvoll belegt, dass nur eine Minderheit der Internetnutzer über diesen Verbreitungsweg auch Radio- oder gar Fernsehprogramme empfängt. Ausgerechnet die ARD/ZDF-Onlinestudie 2006 kommt zu dem Fazit, dass die Radionutzung im Internet "ein verhältnismäßig kleines Potenzial" habe. Nur 4 Prozent der Internetnutzer rufen täglich Livestreams ab - das sind gerade einmal 2,4 Prozent der Gesamtbevölkerung über 14 Jahren. Dagegen hören rund 80 Prozent über Antenne, Kabel und Satellit täglich Radio.
Doch solche klaren Fakten spielten bei der Diskussion der Ministerpräsidenten offenbar keine Rolle. Länderchefs, wie der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck, verließen sich da wohl lieber auf die eigene Privatdemoskopie, wie epd-Medien schon im September berichtete: Weil derzeit "nahezu keine" Fernsehangebote von den Rundfunkanstalten im Internet angeboten würden, genüge es, nur den Hörfunkanteil an den Rundfunkgebühren zu erheben, sagte Beck, der auch Vorsitzender der Rundfunkkommission der Länder ist. Dass das Internet für Radioveranstalter und für Hörer gleichermaßen praktisch ohne Bedeutung ist, ignorierten Beck und Amtskollegen schlichtweg. Also zahlen künftig Selbstständige, Kleinbetriebe, Studenten, Professoren und andere für ein Angebot, das kaum jemand braucht und nutzt.