Sensation: Muskelabbau im Alter könnte bald der Vergangenheit angehören

Krankenpfleger hilft älterem Mann mit Rollator beim Aufstehen, um Sarkopenie vorzubeugen

Regelmäßige Bewegung und Krafttraining können dem altersbedingten Muskelschwund entgegenwirken und die Mobilität im Alter erhalten.

(Bild: pics five / Shutterstock.com )

Muskelabbau im Alter bedroht Millionen. Forscher entdecken Protein, das den Prozess reguliert. Könnte es das Ende der gefürchteten Sarkopenie einläuten?

Sarkopenie bezeichnet den übermäßigen und fortschreitenden Verlust an Muskelmasse, Muskelkraft und Muskelfunktion im Alter. Ab dem 50. Lebensjahr nimmt die Muskelmasse ohne entsprechende Maßnahmen jährlich um etwa ein bis zwei Prozent ab. Mit zunehmendem Alter beschleunigt sich dieser Prozess, sodass im Alter von 80 Jahren etwa die Hälfte der Muskelmasse verloren gegangen ist.

Typische Symptome der Sarkopenie sind Schwäche, Gangunsicherheit und erhöhte Sturzgefahr. Die Folgen sind häufig Mobilitätseinschränkungen, Verlust der Selbstständigkeit und verminderte Lebensqualität.

Millionen Deutsche von Sarkopenie betroffen

In Deutschland sind schätzungsweise fünf bis 13 Prozent der 60- bis 70-Jährigen von Sarkopenie betroffen. Bei den über 80-Jährigen könnten es sogar bis zu 50 Prozent sein. Bei den über 65-Jährigen lag die Prävalenz nach einer Untersuchung in der Region Augsburg bei 5,7 Prozent. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Angesichts der alternden Bevölkerung wird die Sarkopenie in Zukunft eine immer größere Rolle spielen.

Wissenschaftler der Duke-NUS Medical School in Singapur haben nun eine Entdeckung gemacht, die zu verbesserten Behandlungsmöglichkeiten führen könnte. In der Fachzeitschrift Autophagy berichten sie über die Rolle eines Proteins namens DEAF1 bei der Regulation der Muskelreparatur und -regeneration im Alter.

Spezielle Muskelstammzellen ersetzen Muskelgewebe

Die Forscher untersuchten die Rolle von Muskelstammzellen, die beschädigtes oder verloren gegangenes Muskelgewebe ersetzen. Diese spezialisierten Zellen werden mit zunehmendem Alter weniger effizient, was zum Muskelschwund bei Sarkopenie beiträgt. Das Protein DEAF1 reguliert die Autophagie, einen lebenswichtigen Prozess, bei dem Zellen beschädigte Bestandteile entsorgen und recyceln.

Ist der DEAF1-Spiegel zu hoch, wird die Autophagie gehemmt. Dadurch häufen sich beschädigte Proteine in den Muskelstammzellen an, was zum Zelltod führt. Ist der DEAF1-Spiegel dagegen zu niedrig, kommt es zu einer übermäßigen Autophagie. Dies beeinträchtigt die Reparatur- und Überlebensfähigkeit der Muskelzellen. Ein ausgeglichener DEAF1-Spiegel ist daher entscheidend für die Muskelgesundheit und eine effektive Regeneration.

Senkung des DEAF1-Spiegels könnte Muskelreparatur verbessern

Mit zunehmendem Alter verlangsamen sich Muskelreparatur und -erhaltung. Eine Senkung des DEAF1-Spiegels könnte jedoch das Gleichgewicht wiederherstellen, indem der zelluläre Reinigungsprozess angeregt wird. Dies würde das Überleben der Muskelstammzellen und ihre Fähigkeit, neues Muskelgewebe zu bilden, verbessern. Dies könnte einige der negativen Auswirkungen des Alterns auf das Muskelgewebe verringern und den Muskelschwund verlangsamen.

Ein Schlüsselfaktor sind die sogenannten FOXO-Proteine. Sie regulieren als vorgeschaltete Regulatoren den DEAF1-Spiegel in den Muskelstammzellen. Mit zunehmendem Alter nimmt die Aktivität der FOXOs jedoch ab, was das DEAF1-Gleichgewicht stört und zu einer beeinträchtigten Muskelreparatur und -regeneration führt. Präklinische Versuche mit FOXO-Aktivatoren konnten das DEAF1-Gleichgewicht wiederherstellen und die Muskelregeneration verbessern.

Erhöhung des DEAF1-Spiegels könnte Muskelabbau bei Krebs bremsen

Diese Erkenntnisse könnten auch Krebspatienten zugutekommen, die an Kachexie leiden – einer schweren Erkrankung, die mit einem starken Muskelschwund einhergeht. Anders als bei der Sarkopenie ist bei der Kachexie der FOXO-Spiegel erhöht, was zu einem Abfall des DEAF1-Spiegels und zur Stimulierung der Autophagie führt. Eine Erhöhung des DEAF1-Spiegels könnte hier den Muskelschwund verlangsamen und so die Lebensqualität der Patienten verbessern.

Die Forscher untersuchen nun auch die Rolle von DEAF1 in anderen Geweben. Sie erhoffen sich weitere Erkenntnisse, die zu innovativen Behandlungsmöglichkeiten für andere Gesundheitsprobleme führen könnten.