Sex, Alkohol, Juden und Inder
Literaturliste an pakistanischer Uni soll zensiert werden - Zahlreiche Klassiker müssen dran glauben
Während Indien und Pakistan heute zugesagt haben, dass beide am Gipfeltreffen der südasiatischen Kooperationsgemeinschaft (The South Asian Association for Regional Cooperation, SAARC) im kommenden Januar teilnehmen, sich also vorsichtig Tauwetter ankündigt, (vgl. Der alte Mann und das Mehr) kämpfen Professoren in Lahore gegen wachsenden Fundamentalismus an ihrer Universität.
Der Lehrplan der angesehenen Punjab University, Fachbereich Englische Literatur, soll islamistischer Zensur unterworfen werden. Das betrifft, wie Rory McCarthy für den Guardian vor Ort recherchiert hat, Texte u.a. von Alexander Pope, Jonathan Swift, John Donne, Paul Scott, Thomas Hardy und Ernest Hemingway insofern, als sie sexuelle Inhalte hätten, welche "vulgär" seien. Weiterhin sollen die Gedichte von Adrienne Rich gestrichen werden, weil die Autorin lesbisch ist, ein Gedicht von Vikram Seth wegen zu großer Indienfreundlichkeit und eines von WH Auden, weil es Juden zu positiv darstelle. (Mit einem pakistanischen Pass kann man nicht überall hinreisen: er gilt für "all countries except Israel.")
Die Ehefrau eines alten Generals soll die Sache ins Laufen gebracht haben, indem sie bei der Ehefrau von General Musharraf über die "losen" Texte lästerte, welche Lehrplan und Studenten verseuchen würden. Der eingesetzte Zensor äußerte sich vollkommen ungerührt zu seinem Vorgehen, er habe lediglich "vulgäre" Werke eliminiert, bei deren Lektüre manche Studenten sich "schüchtern" und "befangen" fühlen könnten.
Ein Beispiel:
Enter these armes, for since thou thoughtst it best, Not to dreame all my dreame, let's act the rest.
John Donne, Love Poems and Divine in Metaphysical Poetry
Begründung des Zensors: Fast jedes Gedicht in dem der Dichter mit jeder Frau nur um des sexuellen Vergnügens willen ins Bett gehen will, hat die Konnotation von Sex
Ich habe zunehmend das Gefühl, dass Lahore polarisiert ist und dass die Toleranzschwelle immer kleiner wird
Ein Englischprofessor gegenüber dem Guradian
Schon bei den Wahlen letzten Oktober war die religiöse Rechte in Pakistan überraschend stark. Auch in Lahore, wo die radikalste islamistische Partei ihren Sitz hat, wird es offensichtlich zunehmend schwerer, dem Fundamentalismus zu entkommen.