Sex gegen Geld - na und?
- Sex gegen Geld - na und?
- Kein Offizier, aber ein Gentleman: Michael
- Und nun?
- Auf einer Seite lesen
Nach der "Enthüllung", dass manche Unternehmen Sexparties für ihre Angestellten organisieren, wird Sex gegen Geld mal wieder als schlimm und typisch Mann abgeurteilt - dabei hat gekaufter Sex viele Vorteile
Sex? Psssssst...
Sex war in unserer Familie nie ein Thema gewesen, wir sprachen einfach nicht darüber. Alles, was irgendwie mit Sexualität zu tun hatte, wurde totgeschwiegen. Nicht aus religiösen Gründen, es war einfach etwas, worüber man nicht sprach. Kleine Broschüren lagen herum, den Rest erledigte die Bravo und der Sexualkundeunterricht in der Schule. Wie durch Zauberhand waren die Binden und Tampons offen sichtbar im Badezimmer - aber das war es dann auch schon. Ich wusste also, wie Geschlechtsverkehr und Schwangerschaft funktionierten, was es mit der Menstruation auf sich hatte und dass der Mensch lustvolle Gefühle besaß. Aber die Frage, wie ich dann mit meinen zurechtkommen sollte, gab es keine Antwort. Schließlich wurde die Frage ja auch nie gestellt.
Als sie dann doch einmal aufkam, wurde mir erzählt, dass solche Gefühle vorbeigehen würden, ich müsste einfach an etwas anderes denken, mich ablenken, dann würde sich das geben. Also lag ich als Jugendliche abends wach, hörte Musik (mit Kopfhörer und laut) und las, malte oder schrieb irgendwelche Miniprogramme auf dem Computer, die nichts weiter brachten als eine einfache Vokabellernabfrage oder ähnliches (das war in den 80ern). Hauptsache, ich wurde abgelenkt davon, dass ich dieses komische Gefühl in Bauch und Unterleib hatte, was ich später als "reine Geilheit" bezeichnete.
Die Mädchen in meinem Heimatstädtchen waren weitaus attraktiver als ich und, was wichtig war, wer sich mit Jungen herumtrieb, der war schnell als Schlampe verschrien. Insofern trieb man sich eben nicht herum. "Irgendwann findest du einen netten Freund", hieß es bei mir. Und als ich einmal fragte, wie ich damit umgehen sollte, bis ich diesen netten Freund hätte, sagte meine Mutter nur: "Lenk dich weiter ab und wenn du dann einen Freund hast, dann wirst du diese Gefühle mit ihm haben."
Mehr Informationen bekam ich nicht, aber das Thema Selbstbefriedigung war bei uns eben kein Thema - es wurde nicht verteufelt, es existierte einfach nicht.
Sprung ins Erwachsensein - und böses Erwachen
Endlich erwachsen, wollte ich dann (mittlerweile immerhin einigermaßen ansehbar) alles nachholen. "Born to be wild" eben. Weit weg von Zuhause war das Leben dann eine einzige Party: Ich soff mich mir selbst schön, baggerte auf höchst direkte Weise Typen an, nur um dann mit ihnen abends zu mir zu gehen und Sex zu haben. Meine persönliche Lust wurde so endlich befriedigt, ich hatte Spaß - aber es dauerte nur kurze Zeit. Denn nichts war hier anders. Allzu schnell führte das Ganze zu gesellschaftlicher Ächtung, ich war halt die Schlampe der Stadt, über die man nur lachte - und merkte es anfangs nicht einmal.
Die von mir so "sexy angemachten Kerle" waren schlichtweg die, die das nahmen, was sich ihnen anbot. Mit mir hatte das nichts zu tun - was nicht schlimm gewesen wäre, würden sie nicht gleichzeitig auch über ihre Angebote schallend lachen, sie prahlend weitererzählen und dann spöttisch jemand anderem sagen: "Hey, die nimmt dich bestimmt auch mal." Dabei ging es mir nicht darum, jeden "über mich drübersteigen zu lassen", ich suchte mir meine Bettgefährten schon aus, aber das nahm niemand wahr. Meine Lust, das wurde mir klar, würde insofern für mich ein Problem bleiben.
Zurück zur Ablenkung
Nach dem missglückten Befreiungsschlag kehrte ich zurück zum Althergebrachten. Ablenkung war angesagt - und sie funktionierte. Eine Zeit lang versuchte ich in meinen Beziehungen, den Anforderungen des anderen zu entsprechen. Ich war mal die sexy Betthäsin, die auch vor Analkugeln und Peitschen nicht halt machte, dann eher die freundschaftlich-fürsorgliche Freundin, die auch monatelang keinen Sex hatte - ich versuchte, gerade auch in sexueller Hinsicht, das zu tun, was man erwartete. Warum? Weil es immerhin doch etwas die Lust befriedigte, wenn auch nur bedingt.
Aber es bedeutete "gesicherten Sex" innerhalb einer Beziehung, so dass ich nicht mehr als die notgeile Schlampe vom Dienst angesehen wurde. Hallo, liebe Gesellschaft, ich bin jetzt zivilisiert, ich hab eine Beziehung! Meine eigene Lust, diesen wilden Wunsch nach immer mehr Sex, hatte ich mittlerweile gut im Griff - ich wurde Meisterin im Orgasmusvorspielen und wenn ich den erschrockenen Blick des Partners sah, wenn ich nur mal andeutete, ich würde einfach jetzt gerne mal "bumsen ohne drumrum", dann war mir klar, dass ich in seinen Augen wieder letztendlich nur die Schlampe war.
Die Lösung war einfach: Es hatte mit dem "Wildsein" nicht geklappt, es hatte mit Beziehungen samt "begrenztem Ausleben von akzeptiertem Sex" nicht geklappt, also ließ ich es ganz sein. Beziehungen wurden von mir gekappt, ich lebte allein. Ich lenkte mich noch stärker ab, trank viel und bekämpfte so recht erfolgreich meine in mir wütende Libido, bis sie fast nicht mehr vorhanden war. Sicher, ich dachte noch manchmal an Sex, aber dieses alles verschlingende Gefühl nach "Ich will es - jetzt" war nicht mehr da. Ich war zufrieden.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.