Shop-Roboter kam im Supermarkt nicht gut an
Nach anfänglichem Interesse haben die Kunden in einem schottischen Supermarkt angeblich lieber den für eine Woche testweise eingesetzten MuMMER (MultiModal Mall Entertainment Robot) gemieden
Ein Experiment mit einem Roboter in einem Supermarkt der Kette Margiotta in Edinburg ist innerhalb von wenigen Tagen wieder abgeblasen worden. Der vom Interaction Lab an der Heriot-Watt University entwickelte Roboter fand keinen großen Anklang bei den Kunden, sondern ging ihnen so auf die Nerven, dass die Eigentümerin der Kette, um nicht Kunden zu verlieren, anscheinend gerne wieder auf den Roboter nach der Testwoche verzichtete. Eigentlich war sie davon ausgegangen, dass der Einsatz eines Roboters, der Kunden Proben anbietet, diesen bei der Suche nach Produkten Auskunft gibt oder mit ihnen spricht, einen Vorteil haben würde, weil man demonstrieren wollte, auf der Höhe der Zeit zu sein.
In schottischen Medien werden die Wissenschaftler von der Heriot-Watt University als weltweit führend für die Entwicklung von KI-Systemen bezeichnet, die mit Menschen kommunizieren. Dort wurde der "ShopBot" entwickelt. Der war das Ergebnis des von der EU geförderten Projekts MuMMER (MultiModal Mall Entertainment Robot), einen humanoiden Roboter herzustellen, der "autonom und natürlich in den dynamischen Umgebungen eines öffentlichen Einkaufszentrums interagieren kann, um der Allgemeinheit eine fesselnde und unterhaltsame Erfahrung zu bieten". Der Roboter sollte Witze erzählen oder spielen können, Informationen und Auskünfte geben und Feedback von den Kunden sammeln. Das Verhalten sollte "sozial angemessen", seine Navigation auf Menschen ausgerichtet sein.
In einem finnischen Einkaufszentrum scheint das noch einigermaßen gut gelaufen zu sein. Die Leute, vor allem die Kinder, waren offenbar interessiert. In Edinburgh scheint es nach einem Bericht im Herald Scotland auch erst einmal einigermaßen gelaufen zu sein. Oliver Lemon, der Direktor des Interaction Lab, gab sich überrascht, dass gerade die Angestellten den Roboter, der Fabio genannt wurde, gut aufgenommen hatten. Man habe eher Ablehnung erwartet, weil die Roboter als Konkurrent gesehen würden, die vielleicht eines Tages die Jobs übernehmen. Die Angestellten hätten Fabio als hilfreich betrachtet, weil er fähig gewesen sei, die vielen und langweiligen Fragen der Kunden zu beantworten.
"Der Käse ist in den Kühltruhen"
Die Inhaberin Luisa Margiotta war da schon deutlich zurückhaltender. Die Kunden schienen angetan gewesen zu sein, mit Fabio herumzumachen, aber die Gespräche liefen nicht immer gut ab. Überdies war der Roboter nicht beweglich genug, um die Kunden zu den Produkten zu führen, nach denen sie gefragt hatten. Er habe hingegen nur allgemeine Antworten wie "Der Käse ist in den Kühltruhen" gegeben, was nicht hilfreich gewesen sei. Lemon meinte noch, Fabio sei ein Prototyp, in zwei Jahren sei es so weit, dass ein solcher Roboter in einem Einkaufszentrum, aber auch Flughäfen oder in Krankenhäusern wirklich arbeiten könne. Roboter könnten zwar nie voll Menschen ersetzen, aber doch "einige Funktionen", die sich automatisieren lassen.
Ein Bericht im Telegraph zeichnet die einwöchige Erfahrung im Supermarkt allerdings ein wenig düsterer nach. Zunächst habe er die Kunden gefreut, weil er Witze machte, einen Handschlag gab (high five) und Umarmungen anbot. Aber nach ein paar Tagen habe man ihn schon mal aus dem Weg genommen, so die Inhaberin, nachdem er oft Fragen der Kunden wegen des Geräuschpegels nicht verstand oder eben nicht sonderlich hilfreiche Antworten gab, beispielsweise sagte er auf die Frage, wo das Bier steht: "Es befindet sich in der Alkoholabteilung."
Als man versuchte hatte, ihn, verbannt auf einen Platz, auf das Anbieten von Speckproben an Kunden zu beschränken, soll er begonnen haben, Kunden zu warnen, die ihren Weg verließen, um die Begegnung mit ihm zu vermeiden. Dazu kam, dass er offenbar ungeschickt war. Während ein Angestellter jede Viertelstunde 12 Kunden dazu bringe, den Speck zu probieren, überzeugte Fabio nur 2. Die Inhaberin, so der Telegraph, sagte, dass die Menschen eher vermieden, mit ihm zusammenzutreffen, weswegen es gut gewesen sei, ihn wieder von den Kunden zu entfernen.
Oliver Lemon ist allerdings keineswegs damit einverstanden, dass der Roboter vom Supermarkt gefeuert worden sei, das sei völlig erfunden: "Many articles today are saying that our robot was "fired" from a supermarket. This is a complete fabrication. Fabio was there for 1 week, which was simply the time agreed for filming with the BBC", schrieb er gestern auf Twitter.
Der Vater der Inhaberin soll erzählt haben, dass Fabio auf die Ankündigung, er sei entlassen, gefragt habe: "Bist du ärgerlich?" Und einige Angestellten hätten geweint, als er weggepackt und zurück zur Uni transportiert wurde. Nach der kurzen Erfahrung erklärte die Inhaberin, sie sei skeptisch ob Roboter Angestellte ersetzen könnten. Die Kunden würden "persönliche Interaktionen" schätzen, dazu gehörten auch Gespräche mit dem Personal, das die regelmäßigen Kunden gut kenne. Das persönliche Gespräch würden wohl Roboter nicht ersetzen können, sie könnten höchstens im Lager eingesetzt werden. Es werde also auch in Zukunft "viele Jobs im Einzelhandel für Menschen geben".
Da könnte sie sich freilich aus einem anderen Grund täuschen, denn die Frage wird sein, ob die Menschen auch weiterhin in Läden kaufen gehen oder immer mehr auch bei Lebensmitteln auf Online-Bestellung und Auslieferung umsteigen. Hier wird immer mehr daran gearbeitet, die Vertriebskette vom Lager, Verpacken, Versenden und Ausfahren oder Ausfliegen zu automatisieren. Gesprochen wird dann noch mit den digitalen Assistenten, also mit den Alexas oder Siris. Allerdings könnten die so vieles von den Kunden wissen, dass auf der Grundlage auch persönliche Gespräche möglich wären, wenn auch nur in eine Richtung, solange die KI-Systeme keine Persönlichkeit mit eigener Geschichte erwerben, die sie unabhängiger und unvorhersehbarer machen könnten, was nicht im Interesse der Händler sein wird.