Showdown der Rechtspopulisten aus der Türkei und Holland

Während bis in linke Kreise allein Erdogan die Verantwortung für die Eskalation mit den Niederlanden zugeschrieben wird, kommt der Erfolg des Rechtspopulismus oft gar nicht zur Sprache

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Die Ministerin eines offiziell verbündeten Landes wird von der Polizei daran gehindert, dass Konsulat ihres Landes zu besuchen und im Anschluss über die Grenze abgeschoben. Hunderte türkische Staatsbürger, die am Auftritt der Ministerin teilnehmen wollten, wurden mit Polizeigewalt auseinander getrieben. Es gab auf beiden Seiten Verletzte.

Was wir in Wochenende in den Niederlanden gesehen haben, hätte vor einigen Jahren noch zu einem Kriegsausbruch zwischen der Türkei und Holland führen können. Im Jahr 2017 blieb es vorerst beim rhetorischen Schlagtausch, wobei Erdogan nun auch Holland unter Faschismusverdacht stellte. Damit sorgte er besonders viel Empörung.

Doch sowohl die Angriffe des Islamisten Erdogan, der in der Türkei offen mit Islamfaschisten und Nationalisten wie den Grauen Wölfen paktiert als auch die empörten Gegenreaktion aus Holland und anderen EU-Ländern sind Inszenierungen.

Rechtspopulismus auch ohne Wilders

Auf beiden Seiten profitieren davon die Rechten. In den Niederlanden wollte die von den Rechtsliberalen geprägte Regierung wenige Tage vor den Parlamentswahlen verdeutlichen, dass die holländischen Wähler nicht die rechtspopulistische Freiheitspartei von Geert Wilders wählen müssen, um rechtspopulistische Politik zu bekommen.

Schließlich lag Wilders mit seiner Ein-Mann-Partei in den Prognosen lange Zeit an erster Stelle. In den letzten Wochen konnte der holländische Ministerpräsident Marc Rutte mit seinen Rechtsliberalen in den Prognosen wieder Boden gut zu machen, seit er die rechte Politik von Wilders immer mehr kopiert.

So forderte er in einen Brief Migranten in Holland auf, sich anzupassen oder zu verschwinden. Nun hat er in der türkischen Regierung das Feindbild gefunden, das ihm Wahlerfolg bringen soll. Ob sein Kalkül aufgeht, oder ob nicht wie so oft, wenn sogenannte bürgerlich Parteien die Rechtspopulisten kopieren, das Original profitiert, wird sich am Mittwoch bei den holländischen Wahlen zeigen.

Egal wie sie ausgehen, zeigt das holländische Beispiel einmal, dass der moderne Faschismus in Europa keine Naziparteien und keine SA braucht. Er kommt aus der bürgerlichen Gesellschaft. Diese Erkenntnis der Faschismusforschung der 1970er Jahre hat sich schon oft bestätigt, die Niederlande sind da nur das aktuelle Exempel. Eine solche Faschismusforschung hat nun gar nichts mit den Vorwürfen von Erdogan und seinen Kumpanen zu tun.

Das Spiel der Nationalisten

Sie spielen nur das Spiel vieler Nationalisten, die jeweils andere Seite zu Faschisten zu erklären. In Holland spielen Rutte und Wilders die gleiche Rolle. Dabei darf man nicht vergessen, dass Wilders, dessen Politik am Wochenende im Umgang mit türkischen Politikern und in Holland lebenden türkischen Staatsbürgern zu beobachten war , im Europaparlament mit Parteien wie der FPÖ und dem Front National kooperiert, die aus dem historischen Faschismus kommen, sich aber in letzter Zeit als Rechtspopulisten davon verbal distanzieren.

Dieses rechte Parteienbündnis kooperiert in Deutschland mit der AfD und hatte sich Ende Januar in Koblenz versammelt. Wilders gilt schon länger beim zersplitterten rechten Spektrum als Vorbild, weil er bei den Wahlen Erfolg hat und es geschafft hat, eine rechte Partei in Holland zu etablieren.

Nachdem Wilders 2015 sogar ein Gastspiel bei einer Pegida-Kundgebung in Dresden gegebenhatte, wurde er endgültig zum Liebling der deutschen Rechten. Nur einige Traditionsnazis nehmen in weiter seine proisraelische Positionierung übel.

Wenig Kritik am Rechtspopulismus in Aktionen von links

Je mehr Wilders zum Star der europäischen Rechten wurde, desto mehr wurde er zum Feindbild der Linken. Daher überrascht es, wie wenig die Umsetzung der Politik des Rechtspopulismus am Wochenende in Holland auf linke Kritik gestoßen ist.

Im Gegenteil, auf einer Kundgebung gegen die drohende Räumung eines Stadtteilladens in Berlin-Neukölln, berichtete eine Rednerin über Proteste gegen die Repression in der Türkei und beendete ihren Beitrag mit einer Klage, dass "unsere Regierung" es nicht wie in Holland schaffe, Auftritte von türkischen Politikern zu verbieten.

Der Applaus des überwiegend aus der außerparlamentarischen Linken kommenden Zuhörer blieb verhalten. Doch offener Protest gegen die Aufforderung, die deutsche Regierung solle sich am rechtspopulistischen Beispiel aus Holland ein Vorbild nehmen, blieb aus. Das war schon erstaunlich bei einem Publikum, das sich Wilders und seinen politischen Freunden sicherlich mehrheitlich entgegenstellen würde.

Dass die Umsetzung seiner Politik durch die Rechtsliberalen nicht auf genau so viel Widerspruch stößt, liegt daran, dass davon nicht türkische und kurdische Linke, sondern rechte türkische Politiker und deren Anhänger betroffen sind. Doch es ist ein großes Manko, den Rechtspopulismus nur dann zu erkennen und zu bekämpfen, wenn scheinbar die falschen Leute von den Folgen betroffen sind.