Showdown der Rechtspopulisten aus der Türkei und Holland

Seite 2: Grundmuster müssen offengelegt werden

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Es gilt eine rechte Politik auch dann anzuprangern, wenn sie scheinbar die "Richtigen" also andere Rechte trifft. Schließlich gilt es, die Grundmuster dieser Politik offenzulegen. In den Niederlanden war das die Inszenierung einer Politik des Ausnahmezustands, die Grenzziehung in Autochthone und Menschen, die nicht dazu gehören und deren Grund- und Menschenrechte schon mal eingeschränkt werden können.

Gegen eine solche Politik sollte man sich grundsätzlich und überall wehren. Dass sie im Zweifel immer auch und vor allem Linke und Minderheiten trifft, ist nur ein zusätzliches Argument. Das gegen den Rechtspopulisten in Aktion in den Niederlanden kaum wahrnehmbarer Protest kam, ist ein besonders schlechtes Zeichen. Auch erklärte Wilders-Kritiker wollen sich so kurz vor den Wahlen nicht gegen den nationalen Schulterschluss positionieren.

Nun profilieren sich Politikerinnen und Politiker vor allem der Linken in Deutschland in den letzten Monaten als besonders rigide, indem sie Auftrittsverbote für türkische Politiker fordern. Sie kritisieren die Bundesregierung dafür, dass sie die nationalen Interessen gegenüber der Türkei nicht energischer vertritt.

Selbst die innenpolitische Sprecherin der Linkspartei Ulla Jelpke, die sich als Kritikerin des Nationalismus einen Namen gemacht hat, scheint nun eine deutschnationale Auslegung des Grundgesetzes nicht zu stören, wenn es darum geht, Auftritte türkischer Politiker zu in Deutschland zu verhindern:

Rechtliche Möglichkeiten zum Verbot von Veranstaltungen ausländischer Politiker gäbe es. Die Versammlungsfreiheit nach Artikel acht des Grundgesetzes für Zusammenkünfte unter freiem Himmel ist ausdrücklich als ein Grundrecht nur für "Deutsche" festgeschrieben.

Ulla Jelpke

Nun erwartet man, dass Jelpke genau diese Grundrechtsformulierung, die Millionen in Deutschland lebende Menschen diskriminiert, kritisiert und eine Änderung des Passus fordert. Doch die Kritik unterbleibt.

Es ist aber ein großer politische Irrtum, solche deutschnationalen Grundgesetzformulierungen, die immer wieder gegen hier lebende Menschen ohne deutschen Pass angewandt werden können, nun als Hilfswerkzeug zur Unterbindung von Wahlkampfauftritten türkischer Regierungsmitglieder nutzen zu wollen.

Dazu könnten auch mal türkische Oppositionspolitiker befragt werden, die vehement gegen die Auftrittsverbote türkischer Regierungsvertreter in Europa Stellung bezogen haben. Ihr plausibles Argument lautet, dass diese Auftrittsverbote dem Erdogan-Lager Stimmen beim Referendum bringen, weil sie das nationalistische und islamistische Lager einen.

Wie die Rechtspopulisten in Holland und anderswo setzten auch die in der Türkei auf den nationalen Schulterschluss. Auch in Deutschland werden aus de Reihen der Unionsparteien wieder Forderungen nach Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft laut. Das würde auch das Erdogan-Lager in der Türkei sehr freuen, hilft es doch bei deren nationalen Formierung.