Showdown mit Retrocomputern
Seite 2: Spiele(n) mit Software und Hardware
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Nachdem das Gerät nun schon ein gutes dreiviertel Jahr auf dem Markt ist, sind einige Patches für den MEGA65-Kern, weitere Kerne für andere 8-Bit-Systeme (für den Sinclair ZX Spektrum, den Commodore 64 und den GameBoy) und Software erhältlich.
Sogar kommerzielle Programme sind bereits auf dem Markt: Das für seine liebevoll ausgestatteten Retro-Games bekannte Label "Polyplay" hat sechs Titel für das System veröffentlicht, darunter das Remake des Spielhallen-Klassikers Showdown.
Alle Spiele kommen in aufwändig gestylten Karton-Verpackungen, mit der Software auf 3,5-Zoll-Diskette und MicroSD-Karte sowie zusätzlichen Gadgets (bei "Showdown" etwa Aufkleber, ein Schlüsselanhänger und ein Poster) daher.
Dass die Spiele ebenfalls als kostenlose Downloads erhältlich sind, scheint dem Geschäft keinen Abbruch zu tun. Schließlich ist die Altersgruppe der MEGA65-Besitzer längst in Lohn und Brot (wenn nicht sogar schon im Renten-Bezug) und muss sich ihre Software nicht mehr durch illegales Disk-Swapping beschaffen.
Ein wenig Missmut hat in der Szene der "unfertige" Zustand des zuerst ausgelieferten MEGA65 erzeugt. Einige Funktionen waren bei Erscheinen noch fehlerhaft; vieles wurde vermisst. Fast konnte man meinen, es tatsächlich mit einem C65 zu tun zu haben.
Der Funktionsumfang wuchs jedoch über die Monate und die sehr aktive Community hat etliche Patches bereitgestellt, welche bekannt gewordene Defizite schnell behoben. Dennoch – so zumindest bei dem mir vorliegenden Gerät – liegen noch manche Dinge im Argen. So brachte ich "Showdown" erst zum Laufen, nachdem ich mir das Disk-Image noch einmal aus dem Internet herunter auf eine neue MicroSD-Karte geladen hatte.
Der Fehler hat mich (zumindest) jedoch weniger frustriert als angespornt nach einer Lösung zu suche. Und so wird man schnell wieder – mit Hilfe des Handbuchs, YouTube-Videos und Dokumenten aus dem Internet – in die Lage eines Homecomputer-Besitzers aus den 80ern versetzt, der unbedingt verstehen möchte, wie das Gerät, das er da vor sich hat, funktioniert.
Es kommt noch mehr
Der Preiszuwachs, den historische Heimcomputer mittlerweile auf eBay und anderen Plattformen verzeichnen (oder, was zumindest dafür verlangt wird), hat diese Entwicklung im Prinzip schon vorgezeichnet.
Es scheint einen Bedarf am "neuen Alten" zu geben. Dieser wurde in den vergangenen Jahren zunächst mit Mini-Versionen bekannter Homecomputer- und Spielkonsolen-Plattformen gedeckt. Diese waren dann aber zumeist nichts anderes als Linux- und Rapsi-Computer im 3D-Druck-Gehäuse.
Dieser Markt für derartige Lösungen, die lediglich auf das Software-Backprogramm der Vergangenheit zielen, hat sich schnell erschöpft, wie die Ankündigung Ataris, seine neue VCS-Konsole nicht mehr herzustellen, zeigt. Authentizität und Retrocomputing ist offenbar gefragter als Emulation und Nostalgie.
Und so finden sich neben ständig neu entwickelten, genuinen 8-Bit-Selbstbau-Einplatinencomputern (vom Steckschwein bis zur MOUSE, für die ich jüngst sogar ein Buch herausgegeben habe) immer mehr neuartige Retro-Computer.
Manche davon, wie der Color Maximite II, verlangen nach Anschluss an moderne Peripherie via USB und HDMI-Monnitor; andere bringen zumindest die Tastatur schon mit und gerieren sich damit als veritable Homecomputer. Neben dem MEGA65 ist in dieser Kategorie jüngst der FS256K von Phoenix erschienen, der auf einer MOS6502-kompatiblen CPU basiert.
Ein Existenz- und Preiskampf wie in den 1980er-Jahren ist hier allerdings kaum zu erwarten. Viele der Projekte sind nicht ernsthaft entwickelt und veröffentlicht worden, um damit Geld zu verdienen, sondern stellen selbst Retrocomputing-Hobbyprojekte dar, die aufgrund ihrer Nachfrage und Beliebtheit kommerziell ausgewertet werden.
Und dennoch, das zeigen die erwähnten Preise für alte wie neue 8-Bitter, ist die finanzielle Seite nicht ganz uninteressant und spornt die Entwickler von Hardware und Software an, ihre Elaborate konsequent weiterzuentwickeln und großzügig auszustatten.
Zumindest aber deutet die Koexistenz von modernen und retroiden Computern auch darauf hin, dass sich neben der Software-Emulation der immergleichen Altbestände endlich ein weiterer Weg auftut, das Wissen, die Ästhetik und die Technologie der 8-Bit-Ära am Leben zu erhalten.