Sind AfD-Wähler die heimlichen Masos der Nation?
DIW-Studie: Hauptleidtragende der AfD-Politik wären ihre Wähler. Viele sind erwerbslos und leben in strukturschwachen Regionen. Große Gemeinsamkeiten vor allem mit einer Partei.
Die AfD schafft es mit Stimmungsmache gegen Minderheiten und Klimaschutz, dass ihre Agenda des sozialen Kahlschlags in wichtigen Teilen ihrer Zielgruppe kaum als Problem wahrgenommen wird. Von denen nämlich, die selbst darunter leiden würden. Laut einer INSA-Umfrage im Auftrag der Bild würden aktuell sogar 30 Prozent der Erwerbslosen die AfD wählen – obwohl sie für mehr Sanktionen beim Bürgergeld plädiert.
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Gerade in strukturschwachen Regionen mit wenig Beschäftigungsmöglichkeiten leben viele Wähler und Wählerinnen der AfD – Männer sind hier zahlenmäßig tatsächlich zuerst zu nennen: 23 Prozent der Männer, aber nur 15 Prozent der Frauen würden sich aktuell für diese Partei entscheiden.
Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) ergab nun, was Menschen, die Parteiprogramme aufmerksam lesen, schon ahnten:
Menschen, die die AfD unterstützen, würden am stärksten unter der AfD-Politik leiden, und zwar in Bezug auf fast jeden Politikbereich: Wirtschaft und Steuern ebenso wie Klimaschutz, soziale Absicherung, Demokratie und Globalisierung.
Prof. Marcel Fratzscher, Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW)
Einschränkend muss wohl betont werden, dass dies nur unter Wahlberechtigten in Deutschland gilt. Asylsuchende und andere Menschen mit unsicherem Aufenthaltsstatus wären vermutlich noch bedeutend schlechter dran. Allerdings würden viele AfD-Wähler überhaupt nicht davon profitieren, dass es anderen unter ihrer Wunschregierung noch schlechter ginge. Das zeigen die Ergebnisse der Untersuchung deutlich.
Keine Partei fordert stärkere Einschnitte im sozialen Bereich
Mit Hilfe des von der Bundeszentrale für politische Bildung entwickelten "Wahl-O-Mats" wurden 38 Fragen und Antworten der Parteien zur Bundestagswahl 2021 mit Erkenntnissen über die soziale Zusammensetzung der AfD-Wählerschaft abgeglichen. In der Kategorie Sozialpolitik fordert keine Partei im Bundestag stärkere Einschnitte als die AfD.
Langzeiterwerbslose will sie zwangsweise zu "Bürgerarbeit" verpflichten. Gegen die letzte Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro sprach sie sich ebenso aus, wie sie eine Stärkung der Rechte von Mieterinnen und Mietern ablehnt. Hier wie allgemein in der Wirtschaftspolitik setzt sie auf mehr Markt.
Große Gemeinsamkeiten mit der FDP
Interessant ist, dass die Antworten der AfD auf die 38 Fragen die stärkste Korrelation mit denen der FDP haben. Vor allem in den Bereichen Wirtschaft, Steuern, Klima und Soziales gibt es große Gemeinsamkeiten in den Antworten zwischen AfD, FDP und CDU/CSU.
Paradoxerweise schneidet die AfD aber gerade dort gut ab, wo die Perspektivlosigkeit groß ist, überdurchschnittlich in Ostdeutschland und in ländlichen, strukturschwachen Regionen, die unter Abwanderung leiden und ökonomisch abgehängt zu werden drohen. Einen Migrationshintergrund haben dort aber deutlich weniger Menschen als in Großstädten, wo die Zustimmungswerte für die AfD geringer sind.