Skripal: Nach dem britischen Sicherheitsberater gibt es noch keine Hinweise auf die Täter
Es zeichnet sich, letzter Fall Netanjahus "Beweise", die Strategie ab, vor jeder Bestätigung oder Widerlegung durch Behörden oder internationaler Organisationen wie der OPCW oder IAEA durch "alternativlose Fakten" politische Interessen durchzusetzen
Telepolis hatte Verwunderung geäußert, warum der Skripal-Fall weitgehend aus den Medien verschwunden ist, obgleich er noch keineswegs aufgeklärt ist. Bislang liegen nur Schuldzuweisungen der britischen Regierung vor, der sich die USA und andere Nato-Staaten wie Deutschland ohne nähere Beweise als vermeintliche Plausibilität angeschlossen haben.
Betrachtet man nach dem angeblichen Giftgas-Angriff im syrischen Douma, der ebenso unbewiesen dazu diente, einen völkerrechtswidrigen "Vergeltungsangriff" auf syrische Ziele seitens des Trios USA, Frankreich und Großbritannien auszuführen, dann reiht sich Auftritt des israelischen Ministerpräsenten Netanjahu in die Reihe ein (Netanjahu setzt zur Eskalation auf Bilder: "Iran lügt"). Regierungen haben den Vorwurf des angeblichen russischen Informationskriegs aufgenommen und führen ihn nun selbst weiter. Auffällig dabei ist, dass internationale Organisationen wie die OPCW und jetzt die IAEA außer Kraft gesetzt werden - und damit eben unabhängige Expertenuntersuchungen, die nicht erwünscht zu sein scheinen.
Das Rezept hatten die USA zusammen mit Großbritannien bereits bei den Vorbereitungen zum Irak-Krieg aufbereitet. Es wurden die Berichte der UN-Inspektoren ebenso umgangen wie die Vereinten Nationen. Eine "Koalition der Willigen" ersetzte die "internationale Gemeinschaft", fabrizierte Beweise gaben den Kriegsgrund. Folgen hatte dies für die Verantwortlichen nicht. Ähnlich war dies beim Skripal-Fall, der dazu diente, die Eskalation mit Russland durch Ausweisung von Diplomaten vor dem OPCW-Bericht zu verschärfen und nach dem vermeintlichen Giftgas-Angriff syrische Ziele zu bombardieren, obgleich die OPCW-Inspektoren erst die Arbeit aufgenommen hatten.
Im Fall von Israel setzt sich die Regierung über die IAEA-Berichte hinweg und suggeriert ein angeblich weiter laufendes Atomwaffenprogramm Irans, ohne dafür Belege zu liefern. Die IAEA reagierte und erklärte, es würden seit 2009 - also lange vor dem Atom-Abkommen - keine Belege vorliegen, dass der Iran ein Atomwaffenprogramm betreibt.
Das Schema ist klar, man hat gelernt im Hinblick auf Psychologischen Operationen oder strategischer Information. Wichtig ist, zuerst und mit voller Inbrunst Behauptungen, am besten mit Bildern, vorzutragen, um einen Gegner zu diffamieren. Auch wenn sich die Behauptungen später als nicht haltbar oder als falsch erweisen, werden dadurch irreversible Folgen in Gang gesetzt, nach deren Eintritt eine Aufklärung keine Rolle mehr spielt. Hängen bleibt auch von Falschmeldungen oder "alternativen Fakten" immer etwas. So wird heute Politik betrieben, oft genug unter Mitwirkung vieler Medien.
Im Skripal-Fall, bei dem die britische Regierung die Opfer, die sich erholt haben oder sich erholen, weiterhin wegsperrt, ist nun klar geworden, dass die Polizei - im Gegensatz zur Politik - noch keine Hinweise auf die Täter hat. Die britische Regierung ist schnell vorgeprescht mit der Behauptung, dass es angeblich keine Alternative zur russischen Täterschaft gibt. Jetzt musste der britische Sicherheitsberater Mark Sedwill im Parlament einräumen, dass weder die Polizei noch die Geheimdienste wissen, wer für den Anschlag mit dem Nervengift verantwortlich ist. Die OPCW spricht nur von einer "toxischen Chemikalie" und einem "vermuteten Nervengift".
Gefragt von einem Abgeordneten, sagte Sedwill im Verteidigungsausschuss des Unterhauses, ob er die Verantwortlichen für den Anschlag kenne: "Noch nicht." Sedwill, der die Arbeit der britischen Geheimdienste koordiniert, erklärte die für die britische Regierung hochpeinliche Wissenslücke nicht weiter. Klar ist damit nur, dass die britische Regierung mit ihren Schuldzuweisungen weit vorgeprescht ist - und dass etwa Deutschland und Frankreich, gierig nach neuer europäischer und transatlantischer Einheit gegenüber dem Feind Russland, aus politischen Interessen heraus zugestimmt haben. Dass Sedwill nicht einmal sagte, welchen Spuren die Polizei und die Geheimdienste folgen, dürfte belegen, dass es um die Position der Regierung nicht gut steht.
Zuvor hatte Sedwill zur Unterstützung der Behauptungen der britischen Regierung erklärt, es gebe Geheimdienstinformationen, nach denen in Russland die Anwendung von Nowitschok an Türgriffen getestet und die Email-Accounts der Skripals seit 2013 überwacht habe (Britische Regierung ist nervös und veröffentlicht weitere "Beweise").