Smart-Home-Forensik: Haushaltsgeräte als Helfer der Staatsgewalt?
Smarte Haushaltsgeräte könnten der Polizei bei Ermittlungen helfen. Wie könnten sie in die Verbrechensaufklärung eingebunden werden, und was ist rechtlich erlaubt?
Der Wunsch vieler Energieversorger, zahlreicher Gerätehersteller und den Teilen der Politik, die nicht dem überkommenen fossilen Brennstoffverbrauch anhängen, ist schon seit Jahren, elektrische Geräte, ja sogar die gesamte Haustechnik smarter zu machen, um den Komfort zu steigern, ohne den Brennstoffverbrauch zu erhöhen.
Man ging vor Jahren davon aus, dass die Kunden in erster Linie den Nutzen der Energie, als Wärme, Kraft und Licht nutzen wollten, also Nutzenergie wünschten.
Inzwischen muss man jedoch zumindest für Deutschland feststellen, dass dies für eine bedeutende Zahl der Bevölkerung nicht die erwartete Relevanz hat. Sie wird offensichtlich vom Wunsch getragen, dass alles so bleibt wie gewohnt, aber nicht teurer wird.
Das Internet als Schlüssel zu nachhaltigerer Energienutzung
Zu den Schlüsselelementen für eine nachhaltigere Entwicklung des Energieverbrauchs zählt das Internet, genauer das Internet of Things (IoT). Dies wird jedoch in Deutschland nur akzeptiert, wenn die Preissteigerungen der neuen Services nicht direkt sichtbar werden, jedoch der Komfortgewinn schnell genossen werden kann.
Bewegungsmelder, mit denen sich das Licht von selbst einschaltet und man den Lichtschalter nicht mehr suchen muss, Jalousien, die automatisch dafür sorgen, dass die Sonne den Raum nicht zu sehr aufheizt und die Kaffeemaschine, die den Kaffee just in time frisch zubereitet, sind Errungenschaften, die das Leben einfacher zu gestalten scheinen und daher schnell akzeptiert wurden.
Das Internet als Hilfsmittel zur Kundenbeobachtung
Zu den gefühlten Vorteilen, welche das Internet vielen Nutzern zu bieten scheint, zählen die zahlreichen Kundenbindungsprogramme, die in der Praxis dazu führen, dass für einen Rabatt von einem Prozent die Kunden dazu verführt werden, 50 Prozent mehr einzukaufen als ohne diese Versprechungen.
Für den jeweiligen Händler bieten die Daten aus den Rabattprogrammen den Vorteil, dass sie ihr Sortiment entsprechend so anpassen können, dass es den Kundenwünschen am jeweiligen Standort bestens entspricht.
Mit Hilfe des Internets geht diese Datenermittlung heute deutlich schneller als früher. Durch entsprechende Preisgestaltung war es jedoch schon vor der Digitalisierung möglich, zu ermitteln, wer welche Produkte zu welcher Zeit erworben hatte.
Man musste nur die Kontrollstreifen der Kassen auswerten und konnte anhand der Preise das Kundenverhalten ermitteln, da keine zwei Produkte mit dem gleichen Preis ausgezeichnet waren.
Dank Internet kann nicht nur das Kundenverhalten verfolgt werden
Längst sind viele Geräte wie LED-Leuchten oder Staubsauger in Privathaushalten intelligent und mit Chips und Sensoren ausgestattet, oft untereinander und auch mit dem Internet vernetzt. Alexa und Co. können ganze Etagen abhören. Und sie sammeln dabei eine Flut von Daten.
Damit die Nutzer erfahren können, welche Daten von ihnen abgegriffen werden, hatte der Rat der Europäischen Union am 27. November 2023 die "Verordnung über harmonisierte Vorschriften für einen fairen Datenzugang und eine faire Datennutzung" (Data Act) verabschiedet, der auch die Bereitstellung von Daten für öffentliche Stellen wegen außergewöhnlicher Notwendigkeit regelt.
Während die meisten Internetnutzer das Erfassen und Auswerten ihrer Daten durch Dienstleister auch dann akzeptieren, wenn diese nicht deutscher Rechtsprechung unterliegen, werden sie oft hellhörig, wenn staatliche Stellen hierzulande über die gleichen Rechte verfügen.
Wenn sich jetzt im Zusammenhang mit den smarten Produkten, welche das Leben erleichtern sollen, die Frage stellt, ob diese Geräte anhand der von ihnen erstellten Protokolle auch zur Verbrechensaufklärung beitragen können, sehen viele ihre Freiheit gefährdet.
Forschungsprojekt Smart-Home-Forensik
Noch ist die Smart-Home-Forensik bei vielen Ermittlungsbehörden mangels entsprechender IT-Ausstattung noch nicht gebräuchlich. Wenn sich jedoch Einbruchsermittlungen erfolgreicher gestalten, weil sich der ungebetene Gast durch Berührung des smarten Fenstergriffs mittels unfreiwilligem Selfie selbst überführt hat, dürfte der Wunsch nach entsprechender technischer Unterstützung auch in der Öffentlichkeit zunehmen.
Wie man all das, was in WLANs, Bewegungsmeldern oder smarten Stromzählern an Daten anfällt, für die Aufklärung von Verbrechen nutzbar machen könnte, soll in den kommenden Jahren das SmartHome-Forensics-Projekt des Innovation Hubs der niedersächsischen Polizei und der Ostfalia- Hochschule für angewandte Wissenschaften im östlichen Niedersachsen herausfinden.
Das Land Niedersachsen beteiligt sich gemeinsam mit der EU mit knapp 400.000 Euro an dem Projekt, das die Möglichkeiten aufzeigen soll, wie digitale Zeugen befragt werden können und die Ergebnisse dieser Befragung für die polizeilichen Ermittlung genutzt werden können.
So können die Daten eines WLAN-Routers zeigen, wer zum Zeitpunkt einer Straftat wo eingeloggt und somit also am Tatort war.
Bewegungsmelder können zudem Aufschluss darüber geben, wie viele Personen vor Ort waren. Und wenn dann zum Beispiel noch der Stromverbrauch nachts plötzlich ansteigt, könnte das zumindest ein Hinweis auf eine Aktivität zum betreffenden Zeitraum an diesem Ort sein.
Das Auslösen von Bewegungssensoren und die entsprechenden Protokolle könnten dabei helfen, einen Tathergang in einem Haus zeitlich perfekt zu rekonstruieren.
Gesetzlicher Spielraum
Man muss für die Nutzung der smarten Daten keine optischen oder akustischen Wanzen installieren, sondern kann auf die vorhandenen Installationen zurückgreifen. Nach aktueller Gesetzeslage müsste eine polizeiliche Auswertung der vorhandenen Daten richterlich angeordnet werden.
Wenn sie im Internet vorliegen, muss das Haus nicht betreten werden. Die Dokumentation im Internet hatte der Nutzer ja aus Gründen des Komforts schon erlaubt, als er die Technik in Betrieb nahm.