So rücken Russland und Nordkorea zusammen

Kim und Putin, hier 2019. Bild: kremlin.ru, CC BY 4.0

Moskau war für Pjöngjang lange kein verlässlicher Partner. Nun kann sich das ändern. Was das Treffen zwischen Putin und Kim verrät.

Reisen von Staatsoberhäuptern sind so geheimnisumwittert wie die von Wladimir Putin aus Russland und Kim Jong-un aus Nordkorea. Während Kim für seine Auslandsreisen aus Sicherheitsgründen stets die Bahn dem Flugzeug vorzog, ist nun auch Putin mit seinem Privatzug komplett auf die Schiene umgestiegen. Reisedaten und Reiserouten sind oft geheim, um Anschläge auf die Staatsoberhäupter zu verhindern.

Erstaunlich offen gingen Nordkorea und Russland angesichts dieser Tatsache mit dem bevorstehenden Besuch Kim Jong-uns. uns im russischen Wladiwostok um, der bereits bei der offiziellen Abfahrt von Kims Zug bestätigt wurde.

Ein demonstrativer Schulterschluss beider Staaten gegen den gemeinsamen Gegner im Westen will nach außen dargestellt werden, und da ist allzu viel Geheimniskrämerei nicht opportun.

Russland unterstützte Nordkorea bisher nur China zuliebe

Die Allianz zwischen dem postsowjetischen Russland und Nordkorea ist nicht so alt, wie viele glauben. Russlands Hilfe für Nordkorea bestand bisher nur darin, dass Moskau Pjöngjang im Rahmen seiner Partnerschaft mit Peking unterstützte, stellt der russische Ostasienexperte Fjodor Tertizki in einer Analyse für die Carnegie Stiftung für Internationalen Frieden mit Sitz in Washington fest.

Russland habe "für die mit China abgestimmten UN-Sanktionen ebenso gestimmt wie es gegen solche, die China nicht gefielen, sein Veto eingelegt", beschreibt der Experte das bisherige Verhalten des Kremls.

Kein Wunder, denn Nordkorea war für Russland trotz einer gemeinsamen Grenze nicht wirklich wichtig. Nur magere 48 Millionen US-Dollar betrug das Handelsvolumen zwischen beiden Staaten im Jahr 2019.

So verpuffte auch ein 2014 im Zuge der Krim-Krise spürbarer Impuls zur Intensivierung der Zusammenarbeit in den Folgejahren weitgehend ohne konkrete Folgen.

Das Problem in Friedenszeiten war, dass Nordkorea den Russen wenig Interessantes für eine Intensivierung der Zusammenarbeit zu bieten hatte: Billige Arbeitskräfte für den russischen Fernen Osten und eine Zusammenarbeit bei der Eisenbahn und dem russischen Energieexport.

Bei den beiden letztgenannten Projekten bestand für die Russen lukrative Ziel darin, die Partnerschaft mit dem prowestlichen, aber wirtschaftlich wesentlich stärkeren Südkorea zu vertiefen. Dabei wurde Nordkorea vor allem als Transitland für Eisenbahnen und Pipelines gebraucht.

So war Moskau, während es in Europa harte Auseinandersetzungen mit dem Westen führte, auf der koreanischen Halbinsel lange an einer friedlichen Stabilisierung der Situation zwischen den beiden verfeindeten Koreas interessiert. Im innerkoreanischen Konflikt verhielt es sich weitestgehend neutral.

Ukraine-Krieg brachte keine plötzliche Wende

In der Wahrnehmung des Westens änderte sich die Situation schlagartig mit dem russischen Einmarsch in die Ukraine Anfang 2022. Nordkorea war einer der wenigen Staaten, die Moskaus Feldzug auf der internationalen Bühne unterstützten und ihre Hilfe zusicherten.

Tiefergehend fand jedoch zunächst kein so umfassender Wandel in den russisch-nordkoreanischen Beziehungen statt, wie er von außen wahrgenommen wurde. Tertizki weist in seiner Analyse darauf hin, dass alle Unterstützungsbotschaften nur auf den für das ausländische Publikum bestimmten Kanälen lanciert wurden, für das innerkoreanische Publikum fand der Ukraine-Krieg gar nicht statt.

Auch erhielt Pjöngjang für seine Unterstützungsrhetorik zunächst keine Gegenleistung aus Moskau. Selbst für die oft behauptete Lieferung nordkoreanischer Munition an Russland gebe es bislang "keine stichhaltigen Beweise", heißt es in einem Expertenbericht.

CNN berichtete Ende August, dass Verhandlungen über Waffenlieferungen von Nordkorea an Russland "aktiv voranschreiten" – Realität waren sie zu diesem Zeitpunkt also bisher nicht, im Gegensatz zum Iran.

Bringt der Krieg nun mehr Kooperation?

Nun soll im Zuge des Gipfels in Wladiwostok die Zusammenarbeit zwischen den beiden Staaten intensiviert und wohl auch beschleunigt werden. Das Treffen findet im Rahmen des Östlichen Wirtschaftsforums statt, einer ansonsten weitgehend innerrussischen Veranstaltung, die den richtigen Rahmen für vertrauliche Verhandlungen über heikle Themen bietet. Die einzigen anderen hochrangigen ausländischen Gäste kommen aus Laos.

Warum Russland trotz der geringen Attraktivität des nordkoreanischen Partners nun tatsächlich enger mit Pjöngjang kooperieren will, ist in Moskau kein Geheimnis. "Jeder echte Partner ist besser als kein Partner", spricht der Kolumnist der Moskauer Zeitung Kommersant, Dmitrij Drize, den Hintergrund offen aus.

Man könne sich Nordkorea oder Laos nur schwer als Investoren in die russische Wirtschaft vorstellen, dennoch liege auch dies im Bereich des Möglichen.

Beide Länder hätten nichts zu verlieren. Die verbliebenen Partner werden nicht abspringen, nur weil Moskau jetzt mit Pjöngjang kooperiert und das gemeinsame Feindbild im Westen klar ist. Russland braucht angesichts seiner demographischen Krise nordkoreanische Arbeitskräfte dringender denn je, und auch der Bedarf an Munition und Waffen ist hoch – die Alternative zu Nordkorea ist hier dauerhafter Mangel. Nordkoreas Munitionsfabriken seien hoch entwickelt, meint Fjodor Tertizki, es gebe eine funktionierende Eisenbahnverbindung für Großlieferungen.

Ob sich die nordkoreanisch-russische Kooperation dauerhaft zu einem wichtigen Element entwickeln werde, sei jedoch bisher nicht ausgemacht. Die Abschottung Nordkoreas, der Einfluss Chinas und die Stabilität der beiden Staaten seien Faktoren, die derzeit nicht langfristig prognostiziert werden könnten. So sei der Wille zu einer substanziellen Zusammenarbeit auf beiden Seiten aus der Not geboren, die Umsetzung aber ungewiss.

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