So wurde die Impfkampagne für Kinder abgesagt
Nach Bund-Länder-Gipfel: Politische Forderungen nach breitflächiger Immunisierung treffen auf Ablehnung. Vor allem zwei Bundespolitiker sind brüskiert
Nach dem Impfgipfel von Bund und Ländern ist klar, dass es keine rasche und flächendeckende Corona-Impfkampagne für Kinder ab zwölf Jahren geben wird. Damit traten die Teilnehmer mehrheitlich entsprechenden Forderungen von Bundes- und Landespolitikern entgegen, die von Impfungen der Kinder dieser Altersgruppe mitunter sogar den Präsenzunterricht in Schulen nach den Sommerferien abhängig gemacht haben.
Dieser Position sowie einer Impfkampagne für Minderjährige war Mitte der Woche die Ständige Impfkommission (Stiko) entgegengetreten. Das Redaktionsnetzwerk Deutschland will aus "informierten Kreisen" erfahren haben, dass das Gremium von einer generellen Impfempfehlung für Kinder zwischen zwölf und 15 Jahren abraten wird. Eine solche Empfehlung solle nur für Minderjährige mit bestimmten Vorerkrankungen gegeben werden, heißt es in dem Bericht.
Die Kommission begründet ihre Position dieser Quelle zufolge mit der unzureichenden Datenlage. Dadurch lasse sich nicht abschätzen, in welchem Verhältnis die Risiken einer Impfung gegen Sars-CoV-2 zu den Folgen einer möglichen Covid-19-Erkrankung stehen.
Spahn und Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) hatten zuvor eine flächendeckende und dauerhafte Öffnung der Schulen indirekt von Impfungen abhängig gemacht. Zu einer Rückkehr zum Präsenzunterricht gehöre auch, "dass intensiv eine Impfkampagne für die Kinder und Jugendlichen vorbereitet wird, sobald der Impfstoff für die Kinder ab zwölf Jahren zugelassen ist", so Karliczek vor wenigen Tagen - dies werde nach den Sommerferien den Präsenzunterricht absichern. Spahn sekundierte in der Bild: "Ein Weg zu regulärem Unterricht nach den Sommerferien ist das Impfen der Jugendlichen."
Der Impfgipfel von Bund und Ländern machte Spahn, Karliczek und weiteren Gleichgesinnten nun einen Strich durch die Rechnung. Eine rasche und flächendeckende Impfkampagne wird es schon nicht geben, weil nicht genügend Vakzine zur Verfügung stehen. Zugleich wurden deutliche Vorbehalte gegen eine Impfkampagne für Kinder ab zwölf Jahren laut.
Breite Ablehnung aus der Ärzteschaft
Nach den Beratungen am gestrigen Donnerstag in Berlin trat Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) Forderungen einer breitflächigen Impfkampagne für Kinder entgegen Zwar würde dieser Altersgruppe im Sommer ein Angebot gemacht, mehr aber nicht, so Braun, der den Ländern jedoch einen Ermessensspielraum zugestand.
Explizit trat der Mediziner der Forderung entgegen, den Schulbesuch von einer Impfung abhängig zu machen. "Ich würde aber nicht sagen, für einen sicheren Schulbetrieb musst du dich unbedingt impfen lassen", so Braun im ARD-Morgenmagazin.
In der deutschen Ärzteschaft hatte es zuvor erhebliche Unruhe über Forderungen nach einer Impfkampagne für Kinder gegeben. So stärkte der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, der Stiko den Rücken. "Die Datenlage zu Risiken und Nutzen einer möglichen Corona-Impfung bei Kindern und Jugendlichen ist derzeit noch so unzureichend, dass man leider keine Empfehlung abgeben kann", sagte Reinhardt der Rheinischen Post. Es sei daher richtig, dass die Stiko "mit Bedacht analysiert, wie groß die Gefährdung der Kinder durch Sars-CoV-2 tatsächlich ist."
Diese und weitere entsprechende Positionierungen sind eine deutliche Zurechtweisung von fachfremden Politikern, die vorgeprescht waren. So hatte der niedersächsische Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) zum Generalangriff auf die Stiko ausgeholt. Tonne bezeichnete ihr Urteil als "Beitrag zur Verunsicherung" und "das Gegenteil dessen, was Wissenschaft leisten sollte".
Neben Reinhardt trat auch der Deutsche Hausärzteverband, Kindern und Jugendlichen eine Rückkehr zum gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen, ohne dies von etwaigen Impfungen abhängig zu machen. Verbandspräsident Ulrich Weigeldt verwies ebenfalls in der Rheinischen Post auf Alternativen zu Impfungen, deren Sinn und Risiko unzureichend erfasst ist. In der aktuellen Lage gebe es "durchaus mehr Möglichkeiten als nur die sofortige Impfung - die derzeitigen Einschränkungen, die die Kinder und Jugendlichen erfahren, basieren schließlich auf politischen Entscheidungen."
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