Solana-Beschluss bekommt Gegenwind im Europäischen Parlament
EU-Parlamentarier bereiten Klage gegen Rat vor dem Europäischen Gerichtshof vor
Gegen den sogenannten Solana-Beschluss zum Informationsrecht formiert sich jetzt Widerstand im Europäischen Parlament. Wie Telepolis berichtete, soll das Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Papieren im Bereich der "Sicherheit und Verteidigung der Union oder einer ihrer Mitgliedstaaten oder zum militärischen und nicht-militärischen Krisenmanagement" beschnitten werden. Der Beschluss war in einem schriftlichen Verfahren am 14. August verabschiedet worden und mit seiner Veröffentlichung im Europäischen Amtsblatt am 23. August in Kraft getreten.
Aus der Sommerpause zurückkehrende Parlamentarier zeigten sich schockiert. Das britische Oberhaus hat bereits massive Änderungen am neuen EU-Informationszugangsrecht verlangt. Die finnische Abgeordnete des Europäischen Parlaments Heidi Hautala (Grüne/EFA) geht nach Informationen von Statewatch noch weiter. Bereits am 31. August hat sie zu rechtlichen Schritten aufgefordert und auf ihre Initiative hin wird sich auch der Ausschuss für Recht und Binnenmarkt unter der Leitung von Ana Palacio mit der Sache befassen. Hautala selbst verfasste bereits selbst einen Entwurf für den Ausschuss, der nach Auffassung von Statewatch die Zugangsrechte im EU-Gemeinschaftsrecht absichern würde.
Auf dem Weg zum Europäischen Gerichtshof
Ana Palacio teilte in einem Schreiben an die Parlamentspräsidentin Nicole Fontaine mit, dass der Ausschuss auf einem Sondertreffen am 4. September in Strassburg den Rechtsdienst des Parlaments zur Frage anhören werde, ob durch den Vorgang die Rechte des Parlaments beschnitten wurden. Nach der Anhörung am 12. September könnte der Ausschuss den Beschluss fassen, das Parlament zur Vorbereitung rechtlicher Schritte gegen den Rat vor dem Europäischen Gerichtshof aufzufordern. Hautala schreibt in ihrem Bericht:
"Daher müssen alle Politikbereiche der Europäischen Union - wie dies durch die Entscheidungen des Europäischen Bürgerbeauftragten und die Rechtsprechung des Gerichts erster Instanz und des Europäischen Gerichtshofs bekräftigt wurde - den Grundprinzipien der Offenheit und der Kontrolle durch die Öffentlichkeit entsprechen. Dies gilt auch für die sich rasch entwickelnde Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik. In diesem Politikbereich wäre die Möglichkeit einer dispositiven Ausnahme aus Gründen des Schutzes der öffentlichen Sicherheit sicherlich ausreichend, um die legitimen Sicherheitsinteressen der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten, einschließlich etwaiger operationeller Militärgeheimnisse zu schützen."
Auch der "Ausschuss für Freiheiten und Rechte der Bürger, Justiz und innere Angelegenheiten" befasste sich auf seiner ersten Sitzung nach der Sommerpause mit dem Solana-Beschluss. Berichterstatter Michael Cashman (PSE) fand mit seiner Vorlage vom 3. August wenig Gegenliebe, da er den Solana-Vorschlag ungefragt eingearbeitet hatte. Er und seine Kollegin Hanja Maij-Weggen (PPE/Konservative), die für den Ausschuss für Konstitutionelle Fragen eine ähnlich gestimmte Vorlage erarbeitet hatten, versprachen ihre Berichte zu überarbeiten. Ein Arbeitsseminar des Parlaments wird sich dann am 18. September mit dem Informationszugangsrecht befassen.
Da sich die Arbeitsbereiche bei Sicherheitsfragen immer häufiger überschneiden, so zum Beispiel bei der Außen- und Sicherheitspolitik und Immigrationsfragen, könnten auch Papiere zur polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit betroffen sein. Unbekannt ist, wer überhaupt die Dokumente nach welchen Kriterien klassifiziert. Unbekannt ist auch, ob ein Verfallsdatum existiert, nach dem die Dokumente freigegeben werden können. Hinzu kommt: Sind Dritte wie internationale Organisationen, zum Beispiel die Nato, oder Staaten, zum Beispiel die USA, an der Erstellung des jeweiligen Papiers beteiligt, muss vor der Freigabe erst ihre Zustimmung eingeholt werden.
Der Ausschuss der Ständigen Vertreter in Brüssel hat diesen Vorschlag bereits Ende Juli verabschiedet - mit nur drei Gegenstimmen aus den Niederlanden, Finnland und Schweden und einer Enthaltung aus Frankreich. In einem "schriftlichen Verfahren" wurde der Solana-Vorschlag am 14. August beschlossen, am 23. August trat er in Kraft. Gegen des Solana-Beschluss stimmten allein Schweden, Finnland und die Niederlande.
Links:
Bericht von Michael Cashman (PSE)
Europäisches Informationszugangrecht
Bericht des britischen Oberhauses