Solarenergie trifft Landwirtschaft: Wenn Bauern nebenbei Strom produzieren

Bauern, die ihr Agrarland und zur Stromproduktion nutzen wollen, mussten bisher große Hürden überwinden. Das könnte sich nun ändern. Die Zahl der Pilotanlagen nimmt zu.

Rund 140 Aberdeen-Angus-Rinder grasen auf den Weiden des insgesamt 140 Hektar großen Pfaffenthaler Hofes im saarländischen Ottweiler. Auf zwölf Hektar eigenem Grund will Bauer Jörg Hussong im Sommer eine Agri-Photovoltaikanlage (Agri-PV) installieren. Dafür verpachtet er die Flächen an einen Betreiber, der rund um den Hof die Anlagen auf mehreren Feldern plant.

Nach Osten und Westen ausgerichtet, fangen sie die Sonnenstrahlen je nach Stand der Sonne jeweils vor- und nachmittags auf der Vorder- bzw. Rückseite ein. Während die Flächen Strom erzeugen, können sie gleichzeitig landwirtschaftlich genutzt werden. Damit seine Rinder zwischen den Paneelen weiden können, werden die Module senkrecht aufgestellt. Die Abstände zwischen den Reihen sind dann groß genug, dass der Landwirt mit seinem Traktor hindurchfahren kann.

Ziel ist eine Doppelnutzung: Während die Flächen Strom erzeugen, werden sie zu 90 Prozent landwirtschaftlich bewirtschaftet. Die Flächenkonkurrenz zwischen Stromerzeugung und landwirtschaftlicher Nutzung, die oft als Argument gegen die Anlagen auf dem Acker aufgeführt wird, entfiele somit.

Bereits 2018 wollte Hussong auf seinem Hof im saarländischen Steinbach eine Agri-Photovoltaikanlage installieren. Wegen schwankender landwirtschaftlicher Erträge suchte er ein zweites Standbein, das ihm Mehreinnahmen brachte.

Doch jahrelang wurde ihm die Erlaubnis für die Anlage verweigert. Grund ist eine Regelung, die der Landwirtschaft den Vorrang einräumt: Vor zehn Jahren hatten der Bauernverband und die saarländische Landwirtschaftskammer beschlossen, dass PV-Anlagen nicht auf so genannten landwirtschaftlichen Vorrangflächen gebaut werden dürften. Dass trotz einer PV-Anlage 90 Prozent der Fläche für die Landwirtschaft genutzt werden können, war damals noch nicht bekannt.

Inzwischen wurde in einem so genannten Zielabweichungsverfahren die Landwirtschaftskammer vom Innen- und Bauministerium im Saarland überstimmt. Die Technologie spiele eine große Rolle in Sachen Klimaneutralität und Versorgungssicherheit, erklärte das Ministerium.

Keine Konkurrenz

Einige Wissenschaftler versprechen sich sogar Vorteile für die Bienendiversität, wegen der Verschattung auch eine höhere Bodenfeuchtigkeit. Vor Kurzem erhielt Hussong eine Ausnahmegenehmigung: Im August darf er seine Photovoltaikanlage bauen. Seine Anlage soll den Nachweis erbringen, dass landwirtschaftliche Nutzung und Erzeugung nachhaltiger Sonnenenergie auf derselben Fläche keine Konkurrenz darstellen.

Die Anlage müsse so gebaut werden, dass sie zum Fuhrpark und Mechanisierung des Betriebes passt, erklärt Joachim Pertagnol vom Institut für Zukunftsenergie und Stromstoffsysteme im Interview mit dem SR.

Auch wenn sich die saarländische Landwirtschaftskammer mit dem Bau der Anlage auf dem Betrieb von Jörg Hussong inzwischen abgefunden hat, gibt es nach wie vor Widerstand. So befürchtet Präsident Franz-Josef Eberl vor allem den Verlust von Pachtflächen. Dächer, Parkflächen, Industriebrachen oder alte Halden bieten ausreichend Fläche für Photovoltaik, argumentiert er. Bestenfalls ertragarmes, extensives Grünland hält er noch für geeignet.

Auch Peter Hoffmann, Präsident des saarländischen Bauernverbandes, lehnt Agri-PV ab – weil die Anlagen Mehrarbeit und größeren Zeitaufwand bedeuten – vor allem für Landwirte, die gepachtete Flächen bewirtschaften. Sicher ist es nachteilig, dass der Bauer, der mit Maschinen zwischen den Paneelen hindurchfährt, den ganzen Tag hoch konzentriert arbeiten muss, um nicht dagen zu stoßen.

Zuerst müssten alle anderen vorhandenen Flächen bevorzugt werden, erklärt auch Udo Hemmerling, stellvertretender Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes. Er sieht weniger auf Äckern, dafür mehr im Obstbau Chancen für Agri-PV.

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