Solartechnik: Auf dem Weg zum Balkonkraftwerk 2.0

Voll solar: Rathaus in Freiburg im Breisgau. Bild: Joergens.mi, CC BY-SA 3.0

Stecker-Solargeräte werden oft nachträglich an Balkone montiert. Bei Neubau oder Sanierung können Solaranlagen schon in die Gestaltung einbezogen werden. Hier einige Beispiele.

Balkonkraftwerke erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Sie ermöglichen es jedem Haushalt mit Balkon, selbst Solarstrom für den eigenen Bedarf zu produzieren, die Stromrechnung zu begrenzen und einen persönlichen Beitrag zur Energiewende zu leisten. Die Stecker-Solargeräte werden üblicherweise von den Wohnungsmietern oder -eigentümern nachträglich an die bestehenden Balkonbrüstungen montiert.

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Wenn Mehrfamilienhäuser neu gebaut oder saniert werden, ergeben sich noch ganz andere Möglichkeiten: Dann können die Solarmodule gleich von Anfang an in die Balkonkonstruktion einbezogen werden. Gewissermaßen als "Balkonkraftwerke 2.0".

Wie das geht, hat der schwedisch-deutsche Balkonhersteller Balco schon vor einigen Jahren in Bern in der Schweiz gezeigt. Dort wurde ein Wohnungsbau aus dem Jahr 1963 im Passivhaus-Standard saniert. Dafür entwickelte der Balkonhersteller gemeinsam mit einer Solar-Spezialfirma einen geeigneten Balkontyp, bei dem Fotovoltaik-Module in die Brüstung der Balkone integriert sind.

Diese Module haben eine spezielle Struktur und Gestaltung, die ihnen eine leichte Transparenz und eine goldene Farbgebung verleihen. Damit lassen sie etwas Tageslicht nach innen durch und sind von außen nicht direkt als Solarmodule erkennbar.

Dieser Balkontyp wurde dann 96 Mal bei der Sanierung in Bern verbaut. Die 240 Module erreichen eine Spitzenleistung von 46 Kilowatt peak und können bis zu 30.000 Kilowattstunden Strom in einem Jahr erzeugen. In Bern dient dieser Strom dazu, Wärmepumpen zu betreiben.

Ein ähnliches Projekt hatte der Balkonhersteller schon zuvor an einem Wohngebäude mit 66 Balkonen im deutschen Schweinfurt umgesetzt. Der erzeugte Solarstrom wird hier in einem Mieterstrom-Projekt an die Hausbewohner verkauft.

Sonnenstrom und Verschattung

Wenn sich Balkone dazu eignen, Sonnenstrom zu erzeugen, dann gilt das auch für die Fassaden von Gebäuden. Wie das geht, hat die Stadt Freiburg im Breisgau mit ihrem neuen Rathaus demonstriert. Dort wurde ein anspruchsvolles Energiekonzept umgesetzt.

Ein wichtiger Teil dieses Energiekonzepts ist die Fotovoltaik-Anlage, die überwiegend Strom für den eigenen Bedarf des Rathauses erzeugt. Diese Solaranlage wurde zum größten Teil auf dem Dach errichtet.

Ein kleinerer Teil der Anlage besteht aus vertikalen Fotovoltaik-Modulen, die als Verschattungselemente in die Fassaden eingebaut wurden. Sie fügen sich optisch ansprechend in die Fassaden in Süd-, West- und Ostausrichtung ein. Mit dem selbst erzeugten Solarstrom von Dach und Fassaden deckt das Rathaus reichlich ein Viertel seines jährlichen Stromverbrauchs.

Die Solarbalkone in Bern und Schweinfurt sowie die Solarfassaden am Freiburger Rathaus sind praktische Anwendungsbeispiele dafür, wie die Solarstrom-Funktion auf klassische Dach- und Fassadenelemente übertragen werden kann.

Neben den bisher üblichen Funktionen wie Wärmedämmung, Wind- und Wetterschutz oder architektonische Gestaltung können sie nun auch Strom aus Sonnenlicht erzeugen. In zunehmend heißen Sommern ist es besonders günstig, dass teiltransparente Solar-Glaselemente nicht nur Schatten spenden, sondern auch umweltfreundlichen Strom für Kühl- und Klimatechnik produzieren.

Große Flächen für einen noch sehr kleinen Markt

Bundesweit gibt es große Möglichkeiten, Flächen für die BIPV Bauwerkintegrierte Photovoltaik zu erschließen. Nach Berechnungen des ISE Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (Vortrag von Dr. Tilmann Kuhn am 28.04.2021; Berliner Energietage) könnten an den Fassaden und auf den Dächern deutscher Gebäude noch Flächen für Solarstrom-Bauelemente erschlossen werden, die eine Spitzenleistung von insgesamt 1.020 Gigawatt peak und einen möglichen Jahresertrag von 671 Terawattstunden ermöglichen würden.

Zum Vergleich: Nach eigenen Berechnungen des Autors dieser Zeilen wäre das 14 Mal so viel Photovoltaikleistung, wie derzeit überhaupt in Deutschland installiert ist, und der zwölffache Jahresertrag dieser derzeit installierten Anlagen.

Demgegenüber ist der tatsächlich vorhandene BIPV-Markt allerdings noch sehr klein: Vor zwei Jahren bezifferte ISE ihn mit jährlich 13 Megawatt peak neu installierter Spitzenleistung. Das ist nur ein winziger Bruchteil des oben genannten Potenzials.

Eine Ursache dafür könnte sein, dass die Möglichkeiten der im Bauwerk integrierten Photovoltaik bisher noch wenig bekannt sind. Auch sind ihre Stromerzeugungskosten bisher noch deutlich höher als bei einfachen Solarstrom-Anlagen, die auf ein schon vorhandenes Dach gebaut werden.

Das könnte sich ändern, wenn die Technik eine breitere Anwendung finden würde. Dann sollte es möglich werden, die stromerzeugenden Bauelemente zunehmend zu standardisieren, so dass sie sich kostengünstiger in größeren Serien produzieren und montieren lassen.

Auf jeden Fall erlaubt sie es, an Fassade und Balkon zusätzliche Flächen auf architektonisch anspruchsvolle Weise für die Solarstrom-Produktion zu erschließen. Das macht es wiederum möglich, einen größeren Anteil des Stromverbrauchs in einem Gebäude durch eigene Fotovoltaik zu decken.

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