Sondierungen II: Die SPD für mehr direkte Demokratie?
Das Bündnis "Jetzt ist Zeit: Volksentscheid" präsentiert der Partei 250.000 Unterschriften, die dafür sind. Ähnliches hat die Organisation schon mit der CSU versucht, vergeblich
Schon bei den ersten Sondierungsgesprächen zur Bildung einer Regierung zwischen CDU, CSU, FDP und Grünen machte das Bündnis "Jetzt ist Zeit: Volksentscheid" auf ihr politisches Anliegen aufmerksam, das in Volksabstimmungen ein wichtiges Element sieht, um die Demokratie weiterzuentwickeln. Die laut ihrer Selbstbeschreibung "größte Nichtregierungsorganisation für direkte Demokratie weltweit" erinnerte die bayerischen Christsozialen Anfang Oktober an deren Wahlprogramm.
Aus dem Bayernplan zitierte sie den Satz: "Wir wollen in wichtigen politischen Fragen bundesweite Volksentscheide einführen". 200. 000 Unterschriften für bundesweite Abstimmungen habe das Bündnis gesammelt, hieß es zur Aktion am 8.Oktober.
Geltend gemacht wurde, dass sich 69 Prozent der CSU-Wähler Ende 2016 für die Einführung deutschlandweiter Volksabstimmungen ausgesprochen hätten. Darüber hinaus verwies man auf eine Umfrage vom April 2017, wonach sich 72 Prozent aller Bundesbürger einen Ausbau der direkten Demokratie wünschen.
Bei den Sondierungsgesprächen der Jamaika-Koalition spielte das Thema keine Rolle, wie Peter Mühlbauer berichtete. Die CDU unter Merkel ist bekanntlich gegen Volksabstimmung, die Grünen hatten die Forderung "ad acta gelegt" und FDP-Chef Lindner hatte sich "klar als Volksabstimmungsgegner positioniert".
"Die Chance für die SPD"
In der kommenden Woche beginnen die nächsten Sondierungsgespräche, dieses Mal zwischen den Unionsparteien und der SPD. Und wieder hatte das Bündnis für den Volksentscheid" Unterschriften gesammelt, mehr als eine Viertelmillion, wie es berichtet. Die Adressaten der "Übergabe-Aktion" war diesmal die SPD. Auf deren Parteitag wurden die Unterschriften an die Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles und Generalsekretär Lars Klingbeil übergeben.
Die Partei habe "jetzt die Chance, ihr traditionelles Bekenntnis zur Weiterentwicklung der Bürgerrechte zu erneuern und die Forderung nach bundesweiten Volksentscheiden zu bekräftigten", appellierte Ralf-Uwe Beck, Vorstandssprecher des Vereins Mehr Demokratie. Im März dieses Jahres schrieb Beck im SPD-Parteiorgan Vorwärts:
"Fatal jedenfalls wäre, wenn die SPD die Forderung nach dem bundesweiten Volksentscheid, die laut Umfragen von rund 70 Prozent der deutschen Bevölkerung unterstützt wird, der AfD überlassen würde. Die SPD sollte an 2013 anknüpfen und die Meinungsführerschaft auch im Wahlkampf 2017 behaupten. Wer starke Parlamente will, getragen vom Vertrauen der Wählerinnen und Wähler, sollte sich auch für den Ausbau der direkten Demokratie stark machen."
Der Verein erinnerte auch die SPD an eine Forderung, die sich in einem offiziellen Papier der Partei findet, nämlich im Regierungsprogramm 2017. Dort haben die Sozialdemokraten notiert, dass man "zur Unterstützung der parlamentarischen Demokratie die direkte Demokratiebeteiligung auf Bundesebene stärken" wolle.
"Politik keine reine Selbstbeschäftigung von Parteien"
In der SPD setzte sich Manuela Schwesig nach der Wahlniederlage deutlich für mehr Volksbefragungen ein: "Wir brauchen auch auf Bundesebene die Möglichkeit zu Volksentscheiden. Die Bürgerinnen und Bürger sollten nicht nur zu Wahlen, sondern auch dazwischen befragt werden". Auch der noch geschäftsführende Justizminister Heiko Maas sprach sich Ende November 2016 deutlich für Volksentscheide bei bundespolitischen Fragen aus: "Politik darf nicht als reine Selbstbeschäftigung von Parteien wahrgenommen werden."
Ob seine Pro-Volksentscheid-Aussage nach wie vor so gilt, ist nicht bekannt. Vom SPD-Vorsitzenden Schulz ist bekannt, dass er beinahe jeden Schritt, den die SPD bei den Gesprächen mit der Union macht, durch Abstimmungen innerhalb der Partei absichern lässt, ob er allerdings auch mehr Volksbefragungen will, ist vage. Es ist allerdings abzusehen, dass das Thema "Mehr Volksabstimmungen" auch bei diesen Sondierungsgesprächen keine wichtige Rolle spielen wird, auch wenn es aus zwei Parteien Zustimmung dafür gäbe. Alles andere wäre eine Überraschung.