SpaceX: 1000 Raketenstarts für den Aufbau einer Marskolonie
Zehntausende kommerzielle und militärische Satelliten sollen in eine Umlaufbahn gebracht, dazu kommen bald Weltraumflüge für Touristen und vielleicht Flüge für Mond- oder Marssiedlungen
Endlich kommt das weltweite schnelle Internet, können Menschen kurz einmal den Weltraum besuchen und die Schwerelosigkeit erfahren und lässt sich wieder vorstellen, dass bemannte Raumfahrten oder gar Kolonien auf dem Mond und Mars möglich werden. Daneben gilt es die militärische Dominanz im Weltraum auszubauen, der schon längst zum ebenso umkämpften Raum wie der Cyberspace wurde. SpaceX von Elon Musk alleine hat bereits die Genehmigung 12.000 Starlink-Minisatelliten mit einem Gewicht von je 225 kg in eine LEO-Position zu bringen und vor kurzem beantragt, 30.000 weitere auf eine Umlaufbahn bringen zu können (Auch Amazon will Tausende von Satelliten in eine Umlaufbahn schicken). Mit einer Falcon-9-Rakete, bei der nur die erste Stufe (meist) wiederverwendbar ist, lassen sich 60 Satelliten Huckepack in den Weltraum befördern (SpaceX will weitere 30.000 Satelliten in Umlaufbahn bringen).
Manche argumentieren ernsthaft, dass die Entwicklung der Raumfahrt auch deswegen notwendig sei, weil die Menschen vermutlich die Erde überausbeuten und als Lebensraum für Menschen durch Klimaerwärmung, Umweltzerstörung, Vergiftung oder einen nuklearen Krieg vernichten werden. Weltraumfahrt und die Kolonisierung von anderen Planeten wird da als Ausstiegsprogramm verkauft, wenn man die Erde hinter sich verbrannt hat.
Schon jetzt kreist um die Erde ein Müllgürtel, den Konzerne und Staaten, die Tausende und Zehntausende von Satelliten in eine Umlaufbahn bringen wollen, noch kräftig vermehren werden. Zumal die bislang großen und teuren Satelliten oft durch billige Minisatelliten mit einer geringeren Lebensdauer und höheren Schadensrisiko erheblich vermehren werden.
Die Frage wird sein, ob dann nicht nur die Astronomen auf der Erde an der freien Sicht in den Weltraum gehindert werden, sondern dass womöglich eine bemannte Weltraumfahrt zu gefährlich werden könnte, wenn dieses "Minenfeld" an Schrott, das auch in kleinen Partikelgrößen hoch gefährlich ist, nur mit hohem Risiko durchquert werden kann. Die ISS ist zwar geschützt vor Einschlägen kleinerer Schrottteile, aber ab einer Größe von einem Zentimeter besteht ein Risiko. Etwa eine halbe Million Schrottpartikel, die größer als 1 cm sind, befinden sich auf der Umlaufbahn nach der Nasa, meist in einer Höhe zwischen 750 und 1000 km. Ein internationales Abkommen über die Verantwortung für Weltraumschrott gibt es nicht.
Nur tausend Raketenstarts für den Aufbau einer Stadt auf dem Mars
Elon Musk hat kürzlich einmal erklärt, bescheiden wie immer, dass er schon in den nächsten Jahren mit seinem Unternehmen auf dem Mars eine Weltraumstadt für eine Million Menschen errichten will. Wie die Auswanderer auf dem wüsten und lebensfeindlichen Planeten leben und warum sie das Leben in den Containern erstrebenswerter finden sollen, als hier auf der Erde zu bleiben. Menschen sollten zu einer interplanetaren Art werden.
Nach Musk wäre zum Aufbau einer Stadt auf dem Mars, die sich selbst versorgen kann, 1000 Flüge von wiederverwendbaren Starship-Raumfähren notwendig, mit denen jeweils 100 Passagiere in einem Raum von 1000 Kubikmeter für 40 Kabinen, Aufenthaltsräume etc. sowie bis zu 150 Tonnen Last befördert werden können. Kosten würde ein Start lediglich 2 Millionen US-Dollar, verkündete er, 900.000 würden davon auf den Treibstoff entfallen. Das ist kaum vorstellbar, nachdem ein Flug einer Falcon-9-Rakete für 62 Millionen US-Dollar angeboten wird. Wiederverwendbar soll auch die erste Raketenstufe mit dem Namen Super Heavy werden, die die Starship-Raumfähre in den Weltraum gebracht wird. Der Start der 1000 Raketen würde sich nach Musk über 20 Jahre hinziehen, da es nur alle 2 Jahre ein Startfenster gebe.
Was man braucht, um eine Stadtkolonie auf dem Mars so zu betreiben, dass sich ihre Bewohner selbst versorgen können, erörtert Musk nicht. Ihm geht es vermutlich auch nicht wesentlich um eine Marsbesiedlung, sondern eher darum, billiger auch große Satelliten in eine Umlaufbahn zu bringen, als Transportmittel zur Weltraumstation zu dienen und Fahrten zum Mond oder zu Asteroiden zu bewerkstelligen. Vielleicht sollen die Mars-Besiedlungspläne auch nur dazu dienen, mit Starships schnelle Langstreckenflüge auf der Erde anzubieten, Musk sprach schon mal von Flüchen mit Mach 20.
Was macht die Raumfahrt mit der Erde?
Das bringt uns auf ein anderes Thema, das auch schon bei den geplanten Flügen für die Zehntausenden von Satelliten interessant wird, nämlich wie sehr der Ausbau der Kommunikationsinfrastruktur und der militärischen Infrastruktur im Weltraum die Erde belasten wird, wenn man nur die Flüge in Betracht zieht. Schon die kleineren Falcon-9-Raketen schlagen zu Buche, die einen flüssigen Treibstoff mit Sauerstoff (LOX) und Kerosin RP-1 verwenden. Beim Verbrennen werden für den Start einer Rakete nach Berechnungen etwa 540 Tonnen CO2-Äquivalent erzeugt. Das kommen die Emissionen, die bei der Herstellung von Flüssigsauerstoff entstehen, was pro Start 640 Tonnen ergeben würde.
Champion Traveler kommt allerdings zu einem anderen Ergebnis. Nach den benutzten Quellen werden bei einem Start 112.184 kg hochverarbeitetes Kerosin verbrannt. Ein Kilogramm erzeugt 3,0 kg CO2-Äquivalente, was dann eine CO2-Belastung der Atmosphäre von 336 Tonnen ausmachen würde. Das würde den durchschnittlichen Emissionen von 395 transatlantischen Flügen mit 850 kg pro Flug oder 73 Fahrzeugen entsprechen, die 4,6 Tonnen jährlich ausstoßen. Nicht berücksichtigt wurde hier Herstellung und Verbrennung des LOX.
Wenn man von 640 Tonnen pro Falcon-9-Start ausgeht, würden 1000 Starts im Jahr 640.000 Tonnen im Jahr an CO2-Emissionen erzeugen. Allein in Deutschland hat der Verkehrssektor 2017 168 Millionen Tonnen an CO2-Emissionen erzeugt, das waren 18,5 Prozent der Gesamtemissionen. Die Raketenstarts wären also nicht so ein großes Problem, allerdings kommen auch diejenigen anderer Staaten und Konzerne hinzu. Und eine Frage wäre auch, ob das Verglühen der Satelliten in der Erdatmosphäre auch klimarelevante CO2-Emissionen und Rußpartikel entstehen lässt.
Der Start von Super Heavy-Raketen mit Starship-Fähren würde die Atmosphäre natürlich noch stärker belasten, sollten keine alternativen Treibstoffe entwickelt werden. Auch die Falcon-Heavy-Rakete erzeugt mehr Emissionen als die kleinere Falcon 9. Musk ließ sie letztes Jahr testen und brachte einen Tesla-Wagen als Andenken oder neuen Schrott (erfolgreich?) in die Umlaufbahn, allerdings um die Sonne. Als Treibstoff wird ebenfalls flüssiger Sauerstoff (LOX) und Kerosin RP-1 verwendet.
Die Nasa erklärt, dass der Flüssigtreibstoff LOX/RP-1 zwar negative Auswirkungen auf die Ozonschicht in der Stratosphäre haben könne, aber dass es nicht genügend Daten gebe um die Folgen wirklich abschätzen zu können. Vor allem die Rußpartikel, die von Falcon-Raketen direkt in die Stratosphäre abgegeben werden, hätten einen größeren Einfluss auf das Klima als CO2-Emissionen. So könnten Rußpartikel laut Nasa in 40 km Höhe dünne Wolken bilden, die die Temperaturen in der Atmosphäre oder auf der Erdoberfläche beeinflussen könnten.
Auch der Start einer Falcon Heavy würde in der Ozonschicht nicht "substantiell" zu den Treibhausgasen oder ozonzerstörenden Chemikalien beitragen. Pro Start würde eine Falcon Heavy 976 Tonnen an CO2-Äquivalenz-Emissionen produzieren, also ein Drittel mehr als die Falcon 9. Das sei aber vernachlässigenswert angesichts aller Treibhausgas-Emissionen der USA, womit allerdings immer alles kleinreden kann, zumal die Nasa war allerdings nur Auswirkung des Mars-Programms auf die Umwelt untersuchte, also nur einzelne Raketenstarts, aber nicht hunderte und tausende. Mit vielen Starts würde sich aber auch das Unfallrisiko erhöhen. Vorgesehen bei der Marsmission ist zur Stromversorgung eine Radionuklidbatterie (Multi-Mission Radioisotope Thermoelectric Generator - MMRTG), die Plutonium enthält, was bei einem Unfall freigesetzt werden könnte. Vermutlich würden SpaceX-Flüge zum Mars auch solche Batterien mit sich führen.