Spanien auf Kriegskurs

Die spanische Regierung kritisiert Frankreich und Deutschland, aber steht mit ihrer Position im Widerspruch mit dem Großteil der Bevölkerung

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Spanien will sich möglicherweise direkt an einem US-Krieg gegen den Irak beteiligen, wenn dieser "unvermeidbar" sei. Damit begibt sich die Regierung Aznar in einen harten Gegensatz zur spanischen Bevölkerung. Nur 17 Prozent unterstützen die Position der Regierung, trotzdem erklärt Spaniens Außenministerin die kritische Haltung zum Krieg in Paris und Berlin als "demagogisch" und "inkohärent".

"Spanien glaubt an einen diplomatischen Weg, doch wenn eine militärische Aktion unumgänglich ist, wird Spanien nicht vor seiner Verantwortung zurückschrecken." So fasste die spanische Außenministerin, Ana Palacio, am vergangenen Donnerstag im Parlament die Position der konservativen Regierung zusammen. Wenn eine militärische Aktion "unumgänglich" sei, dann stünde Spanien an der Seite der "Alliierten". Schon jetzt hat die Regierung unter Ministerpräsident José María Aznar den USA die Benutzung der US-Basen in Rota (Cádiz) und Morón de la Frontera (Sevilla) genehmigt.

Eine Beteiligung von spanischen Truppen an einem Waffengang schloss weder Aznar noch seine Außenministerin aus. Gegenüber der Wirtschaftswoche sagte Aznar in einem Interview: "Diese Entscheidung wird zu gegebener Zeit fallen". Dabei sei an Luftunterstützung und die Beteiligung von Spezialkräften am Boden gedacht, die von Spanien schon für den Afghanistan-Krieg bereitgestellt worden waren, aber nie zum Einsatz gekommen sind, berichtet die Tageszeitung El Pais.

Dabei steht Aznars Regierung konträr zur öffentlichen Meinung. Nach einer Umfrage des Zentrums für soziologische Studien (CIS unterstützen nur knapp 17 Prozent der Bevölkerung einen möglichen Waffengang, während sich mehr als 66 Prozent "gegen irgendwelche Aktionen" gegen den Irak aussprechen. Dabei handelt es sich hier um die Umfrage eines Instituts, das der Regierung sehr eng verbunden ist. Andere Umfragen geben die Ablehnung mit 75 Prozent an. In einer Internetumfrage von El Pais sprachen sich 91 Prozent gegen eine Beteiligung Spaniens am Krieg aus.

Verwirrung gibt es in Madrid offenbar darüber, ob der Waffengang eine neue Entscheidung der UNO benötigt. So erklärte Aznar, "der Sicherheitsrat müsse sich noch einmal mit dem Thema befassen und eine Entscheidung fällen".

Zum Entsetzen der Opposition hatte Palacio im Parlament erklärt, die USA hätten einen "überwältigenden juristischen Rückhalt" in der UNO, weshalb ihr Vorgehen ohnehin "multilateral" getragen sei. Eine neue Resolution des Sicherheitsrats sei nicht nötig. Es handele es sich deshalb nicht um einen Alleingang der USA und sei auch kein Präventivkrieg. Mit dieser Argumentation versucht sie rechtliche Probleme bei der Unterstützung eines Kriegs von den US-Basen in Spanien zu umschiffen.

Der Sprecher der sozialistischen Opposition, Manuel Marín, erinnerte daran, das Verteidigungsabkommen mit den USA greife nur bei Operationen mit multilateralem Charakter automatisch. Marín warf der Regierung auch vor, einen möglichen gemeinsamen Standpunkt der EU zu zerstören.

Tatsächlich trägt der Stil von Palacio nicht zu dessen Förderung bei. Die Positionen der Regierungen Frankreichs und Deutschlands qualifizierte sie ganz im Stil des US-Verteidigungsministers ab. Frankreichs Präsident Jacques Chirac warf sie "demagogische Predigten" vor. Gerhard Schröder dagegen sei "inkohärent", man könne den Krieg nicht ablehnen, aber die Nutzung der US-Basen im Land erlauben, meinte Palacio.

Den Vorwürfen der Opposition, man habe längst mit Washington die Marschroute festgelegt, trat Palacio entgegen. Man sei sich nur darin einig, dass es nur "einen Verantwortlichen" gäbe: Saddam Hussein. Der Irak habe sich in die "größte Bedrohung" für den Frieden verwandelt, weshalb man ihm eine "deutliche Botschaft" zukommen lassen müsste. Einer Verlängerung der Waffeninspektionen erteilte Palacio eine Absage, denn "der Irak führt die internationale Gemeinschaft seit 1991 an der Nase herum."

Den Bericht der Waffeninspekteure wollte Palacio nicht "vorverurteilen". Doch warnte sie davor, die Massenvernichtungswaffen des Irak könnten in die Hände von Terroristen gelangen. Sie vergaß, dass bisher keine Beweise dafür gefunden worden.