Spanien demonstriert in Katalonien gegen Unabhängigkeit
- Spanien demonstriert in Katalonien gegen Unabhängigkeit
- Die beschworene "stille Mehrheit" in Katalonien gegen die Unabhängigkeit zeigte sich nicht
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Aus dem ganzen Staat wurden Menschen umsonst nach Barcelona gefahren, um eine Masse gegen die Unabhängigkeit zu zeigen
Zehntausende Menschen haben an diesem warmen Herbstsonntag in der katalanischen Metropole, bewaffnet mit spanischen Fahnen, gegen eine Unabhängigkeit Kataloniens demonstriert. "Es reicht, die Vernunft zurückgewinnen", war das Motto der Demonstration in Barcelona. Aufgerufen hatten die spanischen Rechtsparteien und die "Katalanische Zivilgesellschaft" (SCC). Hinter der stehen vor allem die rechtsliberalen Ciudadanos (Bürger) und die rechtskonservative Volkspartei (PP), die die Beteiligung auf übertriebene 950.000 schätzt.
Spanische Medien wie Publico sprechen von "zehntausenden" und Eldiario untertrieben von "tausenden" Menschen. Die Lokalpolizei Barcelonas, die sich mit riesigen Demos auskennt, beziffert die Teilnehmerzahl auf 350.000.
"Ich bin Spanier, Spanier, Spanier" oder "Es lebe Spanien" wurde vor allem skandiert. Mit Bezug auf den katalanischen Regierungschef Carles Puigdemont wurde gerufen: "Puigdemont in den Knast", der auch vom Chef der rechtsliberalen Ciudadanos (Bürger) Albert Rivera auf dem Marsch als "Putschist" bezeichnet wurde. "Lassen wir uns nicht veräppeln, Katalonien ist Spanien", war auch einer der Slogans. Mit großer Sorgfalt wurde darauf geachtet, dass nicht wieder Fahnen aus der Diktatur gezeigt wurden, auf denen, wie bei der Verabschiedung der Truppen vor dem Referendum nach Katalonien, sogar Hakenkreuze zu sehen waren.
Obwohl auch die katalanische Sektion (PSC) der spanischen Sozialdemokraten (PSOE) gegen die Unabhängigkeit nach dem Referendum am 1. Oktober sind, rief sie nicht auf. So blieben die "Unionisten" gespalten. Die spanische Linkspartei Podemos (Wir können es) verteidigt ohnehin das Selbstbestimmungsrecht, auch wenn sie dafür wirbt, in Spanien zu bleiben. So standen hinter dem Protest zwei spanische Parteien, deren Führungsriegen anwesend waren, die bei den Wahlen 2015 nur rund ein Viertel der Stimmen erhielten.
Es kommt Bewegung in die internationale Vermittlung
PSC-Chef Miquel Iceta war lieber auf einer Versammlung am Vortag. Wie in Barcelona zogen in vielen Städten Spaniens Tausende ganz in weiß gekleidet auf die Plätze, um vom spanischen Ministerpräsident Mariano Rajoy einen Dialog mit Puigdemont zu fordern. Dass Puigdemont die Parlamentssitzung von Montag auf Dienstag verschoben hat, ist für Iceta ein gutes Zeichen und ein "Zeitgewinn".
Denn ganz offensichtlich kommt nun Bewegung in eine internationale Vermittlung, auch wenn Rajoy dies offiziell ablehnt. Bestätigt sind schon Kontakte zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker, die sich zunehmend Sorgen darüber machen, in welches Desaster Rajoy die EU führen will. Die Schweiz steht als Vermittler bereit und hat schon mit beiden Seiten gesprochen, auch wenn Spanien das dementiert.
Gibt es bis Dienstag aber keine Bewegung, die Katalonien einen Weg aufzeigt, in naher Zukunft wie Schottland und Quebec, mit dem Zentralstaat vereinbart, über die Unabhängigkeit abzustimmen, wird Puigdemont sie vermutlich erklären. Das Referendumsgesetz sieht das innerhalb von 48 Stunden nach Veröffentlichung der offiziellen Referendumsergebnisse am Freitag vor.
90,2% hatten für die Unabhängigkeit gestimmt, knapp 2,3 Millionen Stimmen konnten ausgezählt werden (43%), obwohl Spanien mit massiver Gewalt die Abstimmung verhindern wollte und in knapp 100 Wahllokalen die Urnen beschlagnahmen konnte. In Regionen, in denen es keine Angriffe gab, lag die Beteiligung deutlich über 50%, in Zentralkatalonien bei fast 60%. Viele Stimmen in geraubten Urnen konnten nicht gezählt werden, viele Wähler nicht wählen, weil die Abstimmung von anrückenden Zivilgarden abgebrochen und die Urnen in Sicherheit gebracht wurden. Eine internationale Delegation von Wahlrechtsexperten hat erklärt, dass die Ergebnisse "anerkannt werden müssten". Sie zeigten sich aber schockiert, dass mit einer "gut geplanten militärähnlichen Operation" und viel Gewalt versucht worden war, die Abstimmung zu verhindern.