Spaniens Geheimdienste erneut im Fadenkreuz
Der Wirbel um das Gespräch eines katalanischen Parteichefs mit der ETA entwickelt sich zum Geheimdienstskandal für die spanische Regierung
In Spanien gibt es nur noch ein Thema, nachdem die rechte Zeitung ABC über ein Gespräch mit der ETA berichtet hat. Sie behauptete, der Chef der Republikanischen Linken Kataloniens (ERC) habe versucht, die baskische Untergrundorganisation zu einer Waffenruhe in Katalonien zu bewegen. Josep Lluís Carod-Rovira bestätigte das Treffen, dementierte aber die Vorwürfe. Der Versuch, die Linksregierung in Katalonien zu zerschlagen, ist gescheitert, nun entwickelt sich ein Geheimdienstskandal für die Regierung.
Es ist klar, dass ABC vom Nationalen Geheimdienst (CNI) über das Treffen im südfranzösischen Perpignan informiert wurde. Das sagen diverse Quellen, die gute Kontakte im Geheimdienst haben. Die Regierung dementiert das nicht. Die regierungsnahe Zeitung El Mundo berichtete in ihrer Druckausgabe, der CNI habe das Treffen gefilmt, die Information dazu stamme von einem "Spion" in der Partei.
Die Zeitung El País, meist besser vom CNI informiert, schreibt heute, die Agenten hätten erst kurz nach dem Gespräch am 4. Januar aus dem Umfeld der baskischen Partei Batasuna von dem Treffen erfahren und die Regierung sofort informiert. Vermutlich also ließ man diese Informationen vor den Parlamentswahlen durchsickern, um der sozialistischen Opposition (PSOE) zu schaden, die in Katalonien mit der ERC regiert ("Alle ins Gefängnis?).
Die Regierung dementierte, von dem Treffen im Vorfeld gewusst zu haben. Regierungschef José María Aznar hat gar behauptet, Carod habe der ETA gesagt, "wo sie angreifen soll und wo nicht". Er forderte von der PSOE, die Koalition mit der ERC zu brechen.
Das Ende der Linkskoalition hat Aznar damit nicht erreicht, Carod bleibt zunächst sogar in der Regierung. Er hatte in den 80er Jahren als Vermittler zur Auflösung der bewaffneten Organisation Terra Lliure beigetragen und erklärte, er habe auf Initiative der ETA versucht, die "Möglichkeiten für ein Ende von deren bewaffneten Aktivitäten auszuleuchten". Die ETA hat mehrfach eine Waffenruhe in Aussicht gestellt.
Die Vermutung liegt nahe, dass Aznar Parteien ausspionieren lässt, die, wie die ERC, seit Dezember sogar in der Regionalregierung sind, um dies für sich zu nutzen. Die Aktionen des CNI-Vorgängers gehen also weiter. Erst letztes Jahr wurden zwei Direktoren des Cesid für Abhöraktionen gegen den Batasuna-Vorgänger zu dreijährigen Haftstrafen verurteilt. Dies hatte die Zeitung Egin aufgedeckt, die Aznar 1998 unrechtmäßig schließen ließ (Baskische Zeitung und Website geschlossen).
Die ERC leitet strafrechtliche Schritte gegen Aznar ein und die ganze Opposition fordert sein Erscheinen im Parlament. Da seine Volkspartei noch über die absolute Mehrheit verfügt, wird es dazu ebenso wenig kommen, wie im Fall seiner Irak-Lügen. Nur die Wähler können die PP am 14. März zur Verantwortung ziehen, Aznar tritt nicht wieder an. Die ERC könnte sogar verboten werden, wie es der Batasuna geschehen ist (Unser Protest wird nicht müde). Das Ministerium für Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen eingeleitet.