Spannungen nach Präsidentschaftswahl in Sri Lanka

Der amtierende Präsident Rajapakse gewinnt die Präsidentschaftswahlen in Sri Lanka mit großer Mehrheit. Währenddessen umstellten Soldaten die Zentrale des Oppositionskandidaten Fonseka

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In angespannter Atmosphäre verkündete der amtierende Präsident Sri Lankas, Mahinda Rajapakse gestern seinen Sieg bei den Präsidentschaftswahlen. Mit den vorgezogenen Wahlen gelang es Rajapakse offensichtlich, aus seinem Sieg über die tamilischen Rebellen im Mai 2009 Profit zu schlagen. Er setzte sich mit 57,88 Prozent der Stimmen gegen seinen Herausforderer, Ex-General Sarath Fonseka (40,15 Prozent), durch.

Dessen Hauptquartier im Cinnamon Hotel in Colombo wurde gestern von 80 schwerbewaffneten Soldaten und Paramilitärs umstellt. Ein Armeesprecher erklärte die Maßnahme damit, dass sich unter Fonsekas Wachleuten Deserteure befinden würden. Doch dies scheint nur ein Vorwand gewesen zu sein, um die Belagerung zu rechtfertigen. Nachdem die Armee zehn Milizionäre verhaftet hatte, zogen weitere Soldaten auf, bis zu 300 sollen es am Abend geworden sein.

Fonseka beklagte diese "Einschüchterung" der Opposition und appellierte an "ein benachbartes Land" - vermutlich Indien -, für seine Sicherheit zu garantieren. In der Nacht konnte er das Hotel dann unbehelligt verlassen - die Soldaten zogen anschließend sofort ab. Beunruhigend ist dieses Ereignis vor allem deshalb, weil es zeigt, wie stark die Politisierung der Armee in den letzten Monaten fortgeschritten ist und wie unverblümt Politiker sie für ihre Zwecke einsetzen.

Zensur der Wahlberichterstattung in Sri Lanka

Neben der Einschüchterung der Opposition versuchte die Regierung die Berichterstattung über die Wahlen zu zensieren. So besetzte die Armee parallel zur Belagerung des Hotels den Kontrollraum des staatlichen Fernsehens Rupavahini. Die Regierung hatte alle Angestellten am Wahltag beurlaubt, nur ausgewählte Mitarbeiter durften bleiben. Der Sender verkündete dann auch gestern ganz auf Regierungslinie, Fonseka plane eine Verschwörung gegen den Sieg des Präsidenten. Auch rund um die Fernsehsender Swarvahini und Sirasa marschierten Soldaten auf, meldete die Nachrichtenseite Lankaenews.

Radikal betraf die Zensur das Internet: Die staatliche Netzbehörde sperrte die eben genannte Seite Lankaenews und die unabhängigen Nachrichtenseiten Lankanewsweb, Infolanka und Sri Lanka Guardian, die in Sri Lanka nicht mehr aufgerufen werden konnten. Laut der Nichtregierungsorganisation Reporters sans frontières (RSF) kamen die Anweisungen zu den Netzsperren direkt von der Regierung.

Oft bleibt es in Sri Lanka nicht bei Medienzensur: Vor drei Tagen wurde Prageeth Eknaligoda, Redakteur von LankaeNews entführt, nachdem er sich in einem Artikel für die Opposition ausgesprochen hatte. Seitdem fehlt jede Spur von ihm.

Zahlreiche Vorwürfe des Wahlbetrugs

Journalisten sind deshalb gefährlich, weil sie zum Beispiel den zahlreichen Vorwürfen über Wahlbetrug nachgehen könnten. Schon der Wahlkampf lief nicht fair ab. So berichteten die staatseigenen Fernsehanstalten nur über den Präsidenten und ignorierten seinen Opponenten fast völlig. Nachdem Dayananda Dissanayake, der Vorsitzende der Wahlkommission dies wiederholt kritisiert hatte, erhielt er anonyme Morddrohungen.

Insgesamt wurden während des Wahlkampfes über 950 Gewalttaten registriert, für die meisten sollen Anhänger der Regierung verantwortlich sein. Vier der fünf im Wahlkampf getöteten Personen waren Unterstützer Fonsekas.

Und auch der Wahltag selbst war von Gewalt geprägt: Das Centre for Monitoring Election Violence (CMEV) berichtete, in Anuradhapura, Polonnaruwa, Kurunegala und Matale seien Wahlhelfer körperlich angegriffen worden, als sie die Stimmen auszählten. In einigen Wahllokalen wurde Wahlbeobachtern der Zutritt verwehrt, an anderen wurden Wähler bedroht oder wieder nach Hause geschickt.

Verspätete und gespickte Wahlkarten

Viele Indizien weisen darauf hin, dass der Ablauf der Wahlen vor allem im Nordosten der Insel behindert wurde, da die dortige tamilische und muslimische Wählerschaft vermutlich mehrheitlich für Fonseka gestimmt hätte.

Laut der Wahlkommission waren eine Million Wahlkarten bis vor wenigen Tagen überhaupt nicht ausgeliefert worden. Allein in den nördlichen Distrikten von Vavuniya, Mullaithivu, Kilinochchi, Mannar und Jaffna wurden 300.000 Wahlkarten nicht verteilt. Rund um Kilinochchi - die frühere politische Hauptstadt der tamilischen Rebellen - seien von 90.000 Wahlkarten nur knapp 10.000 an die Wähler verteilt worden, gab die Campaign for Free and Fair Elections (CaFFE) bekannt. Dies mag einer der Gründe sein, weshalb die die Wahlbeteiligung in Jaffna - der kulturellen Hauptstadt der Tamilen - auf 31 Prozent, in Kilinochchi sogar auf 9 Prozent sank.

In den Flüchtlingslagern in Vavuniya konnten 40.000 Personen nicht wählen gehen, da die versprochenen Busse nicht eintrafen, die sie zu den Wahllokalen bringen sollten, berichtet Kerrthi Tennekoon, Mediensprecher der CaFFE. Insgesamt gingen im Norden Sri Lankas nur 15 bis 20 Prozent der Wahlberechtigten an die Urne, gab die Wahlbeobachtungskommission PAFFREL bekannt. Diese zwangsweise schwache Wahlbeteiligung der tamilischen Bevölkerung hat sicherlich zum Sieg von Rajapakse beitragen.

Im Süden der Insel erhielten die meisten Wähler ihre Wahlkarten, einigen fiel aber auf, dass ihre Karte mit einem Aufkleber versehen war, der darauf hinwies, die unter dem Symbol des Betelblatts firmierende Koalition von Rajapakse anzukreuzen, berichtet France24. Außerdem tauchten wenige Tage vor der Wahl gefälschte Wahlkarten auf, bei denen der amtierende Präsident Rajapakse bereits angekreuzt war.

Der Machtkampf beginnt erst - diesmal ohne die Tamilen?

Die Opposition will gegen das Wahlergebnis juristisch vorgehen und beschuldigte die Regierung, die Stimmauszählung massiv manipuliert zu haben. In jedem Fall war die Präsidentschaftswahl nur der Auftakt für einen erbitterten Machtkampf innerhalb des singhalesischen Lagers, das nun nicht mehr durch den gemeinsamen Feind geeint ist.

Es bleibt zu hoffen, dass nicht eine neue "Periode des Terrors" beginnt, wie sie das Land 1988-1989 erleben musste. Damals schlug die Regierung einen Aufstand der marxistisch-nationalistischen JVP im Süden der Insel blutig nieder. Zehntausende Zivilisten verloren bei dieser innersinghalesischen Auseinandersetzung ihr Leben. Mahinda Rajapakse war damals ein mutiger Menschenrechtsanwalt, der gegen die Tausenden von Entführungen und das Verschwindenlassen missliebiger Personen ankämpfte. Heute hat er als Präsident Sri Lankas in China, Iran, Libyen und Burma neue Vorbilder für den Umgang mit kritischen Medien und Oppositionellen gefunden.