Spenden in Deutschland: Arme Menschen geben mehr als Reiche
In den letzten Jahren nahm die Bereitschaft zum Spenden in Deutschland zu. Von ihrem Einkommen geben besonders Arme ab. Für die Ukraine spendeten Deutsche mehr als für das Ahrtal.
Wer hat, sollte geben – aber in Deutschland sind nicht die reichen Haushalte besonders spendabel. Im Verhältnis zum Einkommen sind es die armen Haushalte, wie eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen (DZI) zeigte.
Die Haushalte mit den niedrigsten Einkommen gaben demnach zwei Prozent ihres Geldes, während es bei den einkommensstärksten Haushalten nur etwa ein Prozent war. Zum gesamten Spendenaufkommen in Deutschland trugen die reichsten zehn Prozent der Haushalte dennoch 37 Prozent bei.
Dass gerade die ärmsten Haushalte mehr von ihrem Einkommen abgeben, findet Studienautor Jürgen Schupp bemerkenswert. Vor allem, da beim ärmsten Fünftel der Gesellschaft nur wenig Rücklagen vorhanden seien. Angesichts der hohen Inflation sei jedoch zu befürchten, sagte er gegenüber der Nachrichtenagentur KNA, dass ihre Spenden künftig geringer ausfallen oder ganz ausbleiben könnten.
Insgesamt zeigten sich die Deutschen freigiebiger als in früheren Jahren. Das Spendenvolumen stieg von 9,7 Milliarden Euro im Jahr 2017 auf rund 10,3 Milliarden Euro im Jahr 2019. Das geht aus den Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) hervor.
In den beiden Pandemiejahren 2020 und 2021 legte das Spendenvolumen noch einmal zu. "Wenn wir die Zahlen des SOEP fortschreiben mit unserem Spenden-Index, der das Spendenvolumen der 30 größten Spendenorganisationen mit DZI-Spenden-Siegel umfasst, wird im Jahr 2021 ein Betrag von 12,9 Milliarden Euro erreicht", sagte DZI-Experte Karsten Schulz-Sandhof.
In diesem Jahr öffneten die Deutschen ihre Geldbörsen für die Menschen in der Ukraine. Bis Oktober kamen knapp 862 Millionen Euro für die vom Krieg betroffenen Leute zusammen. Wird die Inflation berücksichtigt, bleibe die Summe etwas hinter der zurück, die für die Tsunamiopfer im Dezember 2004 (670 Millionen Euro) aufgebracht wurde. Die Spenden nach dem Hochwasser im Ahrtal im Sommer 2021 erreichten laut DZI ein Volumen von rund 655 Millionen Euro und blieben hinter den Ukraine-Spenden zurück.
"Die durchschnittliche Höhe der im SOEP ermittelten Spenden des Jahres 2019 lag bei 347 Euro pro Spender", sagte Schupp. Im Vergleich zum Jahr 2017 seien das knapp 50 Euro mehr gewesen. Gespendet hatten etwa 30 Millionen Menschen in Deutschland.
Schupp betonte allerdings, die Zunahme des Spendenvolumens in diesem Zeitraum sei auf eine verbesserte Datengrundlage des SOEP zurückzuführen. Erstmals sei hier auch die Gruppe der Hochvermögenden befragt worden.
Ohne sie hätte die durchschnittliche Spendenhöhe nur bei 316 Euro gelegen, bei 29,6 Millionen Spendern. Die Gesamtsumme läge ohne die Hochvermögenden etwa um eine Milliarde Euro niedriger.
Die Forscher zeigten sich besorgt, dass die Spenden der Haushalte mit mittleren oder geringen Einkommen versiegen könnten. Damit sie weiterhin Bedürftige unterstützen können – sofern steigende Inflation und Energiepreise es überhaupt zulassen – schlagen die Forscher einen steuerlichen Anreiz vor.
Grundsätzlich sollen Spenden im Rahmen des Einkommenssteuergesetzes mit 42 Prozent abzugsfähig werden. Denn:
Die derzeitige Festlegung am Grenzsteuersatz hat ja die Konsequenz, dass ein Spitzenverdiener mit 42 Prozent Grenzsteuersatz bei einer Spende von 100 Euro 42 Euro vom Staat zurückbekommt, während eine geringverdienende Person mit dem Eingangssteuersatz von 15 Prozent lediglich 15 Euro vom Staat erstattet bekommt.
Jürgen Schupp
Diese Ungleichbehandlung widerspreche dem Gerechtigkeitsempfinden der Menschen, vermutet Schupp.
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